RS Vfgh 2001/11/27 V71/01

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Veröffentlicht am 27.11.2001
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art18 Abs2
GeschwindigkeitsbeschränkungsV des Bundesministers für Verkehr vom 22.08.79 für die A 12 Inntalautobahn
StVO 1960 §43 Abs1
StVO 1960 §96 Abs2

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Inntalautobahn im Bereich des Grenzübergangs Kufstein-Kiefersfelden wegen Wegfalls der tatsächlichen Grundlagen für die Verordnungserlassung; keine Überprüfung seit 1979; Änderung der tatsächlichen Verhältnisse durch den Abbau der Grenzabfertigung und der dazu dienenden Einrichtungen in Folge des Beitritts Österreichs zum Abkommen von Schengen

Rechtssatz

Die Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 22.08.79 idF vom 28.11.79 war, soweit darin für die Richtungsfahrbahn Innsbruck-Kufstein der Inntalautobahn A 12 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von km 4,2 bis km 1,6 auf 100 km/h und von km 1,6 bis zur Staatsgrenze auf 80 km/h beschränkt wurde, gesetzwidrig.

Gemäß §96 Abs2 StVO hat eine Überprüfung alle zwei Jahre von Amts wegen stattzufinden; eine Verordnung kann während dieser Zweijahresfrist regelmäßig nicht "invalidieren", das heißt, sie ist während dieser Zeit auch dann gesetzlich gedeckt, wenn die Voraussetzungen für ihre Erlassung in der Folge wegfallen (vgl VfSlg 9588/1982).

Dies gilt dann nicht, wenn der Behörde solche Umstände vorzeitig angezeigt wurden oder für sie bereits vorher erkennbar waren bzw sie davon Kenntnis haben mußte (vgl VfSlg 9588/1982, 12290/1990).

Die vorliegende Geschwindigkeitsbeschränkung wurde ausschließlich aus dem Grund erlassen, um Gefahren vorzubeugen, die sich aus dem Rückstau aufgrund der Grenzabfertigung am Grenzübergang Kufstein-Kiefersfelden ergeben.

Die Verordnung wurde seit ihrer letzten Novellierung im Jahre 1979 bis zum Jahr 2001 keiner Überprüfung gemäß §96 Abs2 StVO 1960 unterzogen.

Die Grenzabfertigung und die dazu dienenden Einrichtungen wurden in Folge des Beitritts Österreichs zum Abkommen von Schengen abgebaut. Diese Änderung der maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse ist für die verordnungserlassende Behörde auch im voraus (seit dem Beitritt Österreichs zum Abkommen von Schengen) erkennbar gewesen.

Aufgrund des Wegfalls der tatsächlichen Grundlagen für ihre Erlassung - sie war nicht mehr "erforderlich" im Sinne des §43 StVO 1960 - ist die Verordnung gesetzwidrig geworden.

Diesem Ergebnis steht auch der Umstand nicht entgegen, daß allenfalls andere Gründe vorliegen könnten, die eine Verkehrsbeschränkung im Bereich Kufstein-Kiefersfelden notwendig erscheinen lassen. Der Umstand, daß die Bundesministerin nunmehr auf Anregung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein für die A 12 im Bereich Kufstein eine neue Geschwindigkeitsbeschränkung erlassen hat, kann die Gesetzwidrigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung nicht im Nachhinein sanieren.

(Anlaßfall: E v 29.11.01, B1431/00 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Anpassungspflicht (des Normgebers), Invalidation, Sanierung, Straßenpolizei, Geschwindigkeitsbeschränkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:V71.2001

Dokumentnummer

JFR_09988873_01V00071_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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