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L7 WirtschaftsrechtNorm
EMRK Art6 Abs1 / VerfahrensgarantienLeitsatz
Verletzung im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal bei Ausscheidung eines Angebots in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags für den Neubau einer Volksschule und eines KindertagesheimesSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal (Art6 Abs1 EMRK) verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Wien ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.534,40 bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die Beschwerdeführer beteiligten sich als Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft an dem von der Gemeinde Wien im Wege eines offenen Verfahrens durchgeführten Vergabeverfahren für den Neubau einer Volksschule und eines Kindertagesheimes in 1100 Wien hinsichtlich des Loses "Maler- und Anstreicherarbeiten".
Das von den Beschwerdeführern gelegte und im Zuge der Angebotsöffnung als preislich günstigstes ermittelte Angebot wurde von der ausschreibenden Stelle mit der Begründung ausgeschieden, dass bei einem Mitglied der Arbeitsgemeinschaft, der P Bau und Portalverglasung (P KG), eine rechtsgültige Unterschrift nicht vorliege, da die bei der Firmenstampiglie befindliche Unterschrift nicht von der persönlich haftenden Gesellschafterin dieses Unternehmens stamme und damit ein unbehebbarer Mangel vorliege. Die Beschwerdeführer teilten mit, dass es sich bei dieser Unterschrift um jene des bei diesem Unternehmen angestellten Glasermeisters, A B, handle, der über eine von der Geschäftsführerin firmenmäßig gefertigte Handlungsvollmacht über den betreffenden Zeitraum verfüge.
2. Den auf die Nichtigerklärung der Angebotsausscheidung sowie der Zuschlagsentscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag begründeten die Beschwerdeführer ua. wie folgt:
"Die vier Mitglieder der antragstellenden Arbeitsgemeinschaft unterfertigten, wie in den Ausschreibungsunterlagen gefordert, das Angebot rechtsgültig, wobei das Mitglied Firma P KG (P Bau- und Portalverglasungen) durch seine[n] Mitarbeiter Herrn A B vertreten wurde.
Nachdem die ausschreibende Stelle die Antragstellerin bereits um Aufklärungsgespräche über technische Fragen zu ihrem Angebot gebeten hatte, teilte sie der Antragstellerin beim hiezu vereinbarten Termin am 12.3.2003 plötzlich mit, dass eine derartige Aufklärung nicht weiter notwendig sei.
So teilte der Rechtsvertreter der ausschreibenden Stelle mit Schreiben vom 19.3.2003 darauf hin, dass die Firma P KG von der persönlich haftenden Gesellschafterin dieses Unternehmens, Frau H W, selbständig und allein vertreten werde, so dass nur sie eine rechtsgültige Unterschrift abgeben könne. Die bei dem Firmenstempel befindliche Unterschrift stamme nicht von Frau H W, sodass in rechtlicher Hinsicht somit ein unbehebbarer Mangel vorliege, der zwingend das Ausscheiden des Angebotes zur Folge habe. Aus diesem Grunde erklärte der Rechtsvertreter namens der Arbeitsgemeinschaft das Ausscheiden des Angebotes gemäß §47 Z8 WLVergG.
Mit Schreiben vom 27.3.2003 teilte der Rechtsvertreter der Antragstellerin mit, dass es sich bei der Unterschrift auf der Firmenstampiglie des genannten Unternehmens um jene des bei diesem Unternehmen angestellten Glasermeisters, Herrn B A, handelt und der Unterfertigte über eine von der handelsrechtlichen Geschäftsführerin, Frau H W, firmenmäßig gefertigte Handlungsvollmacht für den betreffenden Zeitraum verfügt. Mit diesem Schreiben wurde das Vorverfahren gemäß §96 WLVergG eingeleitet und die Auftraggeberin aufgefordert, die Entscheidung, die Antragstellerin vom weiteren Vergabeverfahren auszuscheiden, zu widerrufen. Unter einem wurde die im Schreiben genannte Vollmacht vom 16.12.2002 vorgelegt.
Ungeachtet dessen teilte der Rechtsvertreter am 10.4.2003 mit, dass für seine Mandantschaft bzw. den Bauherrn nicht erkennbar gewesen sei, dass Herr B bevollmächtigt ist.
[...]
Die Auftraggeberin wurde mit Übermittlung der Vollmacht darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich auch das Mitglied P KG der Arbeitsgemeinschaft rechtsverbindlich, nämlich durch die Unterschrift des A B, binden wollte. Nach herrschender Lehre (Platzer/Öhlinger, EU-konforme Ausschreibungen, S. 78 f; Kropik, aaO, 194f) ist ein Angebot dann ordnungsgemäß gefertigt, wenn der Bieter durch sein Angebot zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung zivilrechtlich gebunden ist. Ist ein Angebot nicht firmenmäßig gezeichnet, ist der Bieter durch sein Angebot zivilrechtlich gebunden, wenn der Unterzeichnende zur Fertigung entweder generell oder auch nur für diese Ausschreibung bevollmächtigt ist. So hat der Verwaltungsgerichtshof mit Berufung auf Platzer/Öhlinger erst vor kurzem (VwGH 9.10.2002, 2002/04/0058) die Auffassung vertreten, dass es zur rechtsgültigen Unterfertigung des Angebotes einer firmenmäßige Zeichnung nicht bedarf. Prüfungsmaßstab, so folgert der Verwaltungsgerichtshof weiter, ist somit (lediglich) - unter Heranziehung der gesetzlichen Regeln über die Vertretung - das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Vertretung.
Von einer solchen ordnungsgemäßen Vertretung ist im gegenständlichen Fall offensichtlich auszugehen, ergibt sich doch aus der Vollmacht, dass zum Zeitpunkt der Überreichung des Angebotes und der Angebotsöffnung (9.1.2003/10.1.2003) die Bevollmächtigung vorgelegen ist.
Daraus ist zu folgern, dass überhaupt kein Mangel vorliegt, so dass sich die Frage nach der Behebbarkeit desselben erübrigt. War die Auftraggeberin bei der Prüfung der Angebote vorerst nicht in der Lage, die Rechtsverbindlichkeit des Angebotes nicht abschließend beurteilen zu können; hätte sie die Pflicht gehabt, gemäß §44 Abs6 WLVergG beim Vorliegen einer Unklarheit über das Angebot schriftlich vom Bieter verbindlich Aufklärung zu verlangen. Diese Bestimmung, wie nochmals zu betonen ist, regelt nicht nur das Vorgehen bei Mängeln, sondern auch bei sonstigen Unklarheiten.
Selbst wenn man vom Vorliegen eines Mangels ausgehen würde, läge lediglich ein behebbarer Mangel im Sinne des §47 Z8 WLVergG iVm §44 Abs6 WLVergG vor, der ohne Aufforderung an den Bieter zur Verbesserung seines Angebotes nicht zum sofortigen Ausscheiden führen darf.
Es kommt nämlich bei der Beurteilung, ob ein behebbarer oder unbehebbarer Mangel vorliegt, nicht - wie die Auftraggeberin in ihrem Fax vom 10.4.2003 vermeint - darauf an, ob der betreffende Bieter es in der Hand gehabt hätte, durch die Nichtvorlage der Vollmacht (allgemein: das ungenutzte Verstreichenlassen der Verbesserungsfrist) nach seinem Gutdünken die rechtliche Bindung des Angebotes dauerhaft zu verhindern, sondern lediglich darauf, ob die nachträgliche Mängelbehebung den Wert der angebotenen Leistung beeinflussen würde. Diesfalls könnte nämlich der Bieter durch eine nachträgliche Ergänzung seines Angebotes seine eigene Position in Kenntnis der Angebotspreise seinen Mitwerbern in unzulässiger Weise nachträglich verbessern (BVA 18.6.1998, F-3/98-12 u.v.a.).
Folgte man nämlich der Auffassung der Auftraggeberin, würde die Bestimmung des §44 Abs6 WLVergG jeglicher Bedeutung entkleidet, da in diesem Fall jeder Mangel_als unbehebbar einzustufen wäre und zwingend zum sofortigen Ausscheiden des Angebotes gemäß §47 Z. 8 WLVergG führen müsste, was aber dem Wortlaut dieser Bestimmung diametral entgegensteht. Vielmehr sieht der Gesetzgeber vor, dass Bietern bei behebbaren Mängeln die Möglichkeit zur Verbesserung seines Angebotes eingeräumt werden muss, was zwingend zur Folge hat, dass der betreffende Bieter die weitere Bindung an sein Angebot durch das ungenützte Verstreichenlassen dieser Frist verhindern kann. Zur Hintanhaltung solcher Praktiken hätte die Auftraggeberin - neben sonstigen schadenersatzrechtlichen Haftungsfolgen - die Möglichkeit gehabt, die Stellung eines Vadiums gemäß §24 Abs2 Z1 WLVergG zu verlangen.
[...]
Zusammengefasst hat daher die Auftraggeberin durch das sofortige Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin und die Zuschlagsentscheidung an die mitbeteiligte Partei eine rechtswidrige Entscheidung getroffen, welche der Antragstellerin das Recht auf Zuschlagserteilung nimmt.
Die Antragstellerin kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Vorgangsweise der Auftraggeberin nur dazu gedient hat, sie auf welche Art immer auszuscheiden. So hätte insbesondere im Zuge des bereits terminlich fixierten Aufklärungsgespräches am 12.3.2003 die Frage der Zeichnungsberechtigung auf kurzem Wege geklärt werden können."
Ihr Vorbringen untermauerten die Beschwerdeführer mit teilweise beigelegten, teilweise beantragten Beweismitteln, wie insbesondere die Parteienvernehmung; ferner wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zur Beweisaufnahme beantragt.
3. Der Vergabekontrollsenat des Landes Wien (VKS) wies den Antrag ab. Davon ausgehend, dass nach den Ausschreibungsbedingungen das Angebot von allen Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft an der dafür vorgesehenen Stelle rechtsgültig zu fertigen war, führte der VKS - nach wörtlicher Wiedergabe der von den Beschwerdeführern nachträglich vorgelegten Vollmacht - Folgendes aus:
"Eine Fertigung des Angebots durch das Mitglied der Arbeitsgemeinschaft P KG durch die alleinvertretungsbefugte Gesellschafterin H W ist nicht erfolgt. Ein Hinweis auf ein Vertretungsverhältnis fehlt, eine Vollmacht für den Unterzeichner des Angebotes liegt dem Angebot nicht bei, sondern wurde erst mit Schriftsatz vom 27.3.2003, eingelangt bei der Antragsgegnerin am 2.4.2003, nachgereicht.
[...]
Die Fertigung des Angebotes, wie sie sich im Zeitpunkt der Angebotseröffnung dargestellt hat, war bezüglich des Mitgliedes der Arbeitsgemeinschaft P KG nicht als rechtsgültig zu werten, da die Unterschrift von einem nach dem Firmenbuch offenbar nicht Vertretungsbefugten stammte. Es hätte in jener Form, wie es im Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorgelegen ist, von der Antragsgegnerin nicht angenommen werden können, da es der Arbeitsgemeinschaft unter Berufung auf die mangelhafte Fertigung durchaus möglich gewesen wäre ein sie allenfalls reuendes Angebot ungeschehen zu machen und zu erklären, sich daran nicht gebunden zu fühlen. Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen, wenn die ARGE mit ihrem Angebot die später nachgereichte Vollmacht vorgelegt hätte bzw. hätte es bereits genügt, einen Hinweis auf ein bestehendes Vertretungsverhältnis zu machen. Dies hätte allenfalls die Grundlage für ein Verbesserungsverfahren abgeben können."
Die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung erachtete der VKS als nicht erforderlich, "weil die gegenständlich zu lösende Frage eine Rechtsfrage darstellt, die eines weiteren Ermittlungsverfahrens nicht bedarf".
II. 1. In der gegen diesen Bescheid erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal iSd Art6 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Bescheidaufhebung begehrt. Zur Entscheidungsrelevanz der Unterlassung einer mündlichen Verhandlung bringen die Beschwerdeführer ua. vor, dass die unmittelbare Beweisaufnahme den VKS zum Schluss hätte kommen lassen, dass die Behauptung der Auftraggeberin, es sei die Bevollmächtigung des Unterfertigenden Angestellten nicht erkennbar gewesen, nicht glaubwürdig sei.
Der VKS legte als belangte Behörde die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher der Beschwerde entgegengetreten und darauf verwiesen wird, dass das Vorliegen einer Handlungsvollmacht der Geschäftsführerin für den unterfertigenden Angestellten des Unternehmens gar nicht strittig gewesen sei. Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern in Zweifel gezogenen Glaubwürdigkeit der Angaben der Auftraggeberin, was die Erkennbarkeit der Handlungsvollmacht im Zeitpunkt der Angebotslegung anbelangt, hätten die Beschwerdeführer es unterlassen darzustellen, wie der Beweis für den von ihnen vertretenen Standpunkt erbracht hätte werden können. Da weder im Vergabeverfahren noch im Zuge des Nachprüfungsverfahrens von den Beschwerdeführern ein diesbezügliches Vorbringen erstattet worden sei, habe sich die Parteienvernehmung auch in diesem Zusammenhang erübrigt.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der angefochtene Bescheid erging noch vor Inkrafttreten des Wiener Vergaberechtsschutzgesetzes, sodass im vorliegenden Fall das Wiener Landesvergabegesetz, LGBl. Nr. 36/1995 idF LGBl. Nr. 34/2002, zur Anwendung kommt; dessen §94 Abs3 verweist für die hier maßgebliche Frage auf das AVG. Gemäß §39 Abs2 AVG kann von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, wobei nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes das AVG die Durchführung (volks-)öffentlicher mündlicher Verhandlungen - mit Ausnahme der §§44e und 67d - nicht vorsieht, aber auch nicht ausschließt (vgl. dazu VfSlg. 16.704/2002).
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes betreffen Entscheidungen in Vergabeverfahren und dementsprechend auch Entscheidungen der Vergabekontrollinstanzen idR "civil rights" iSd Art6 EMRK (vgl. VfSlg. 15.507/1999, 15.790/2000 jeweils mwN). Dies gilt auch für den mit vorliegender Beschwerde bekämpften Bescheid, der von einer nach Art133 Z4 B-VG eingerichteten Kollegialbehörde und damit von einem Tribunal iSd Art6 EMRK erlassen wurde (vgl. hierzu VfSlg. 15.995/2000).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seiner Judikatur wiederholt ausgesprochen, dass in einem den Anforderungen des Art6 EMRK unterliegenden Verfahren vor einem in erster und letzter Instanz entscheidenden Gericht das Recht auf eine "öffentliche Anhörung" ein Recht auf eine mündliche Verhandlung zur Folge hat, es sei denn, dass besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen (vgl. EGMR 19.2.1998, ÖJZ 1998, 935 - Allan Jacobsson gegen Schweden; 22.1.2004, ÖJZ 2004, 477 - Alge gegen Österreich mwH).
Solche besonderen Umstände können unter anderem darin bestehen, dass der Sachverhalt unbestritten ist und ein Tribunal nur aufgerufen ist, über Rechtsfragen von nicht besonderer Komplexität zu entscheiden (EGMR 5.9.2002, ÖJZ 2003, 117 - Speil gegen Österreich; weiters EGMR 20.11.2003, ÖJZ 2004, 437 - Faugel gegen Österreich, sowie zuletzt EGMR 24.3.2005, 54645/00 - Osinger gegen Österreich, mwN).
Weiters kann von einer Verhandlung abgesehen werden, wenn eine Partei unmissverständlich darauf verzichtet und wenn keine Fragen von öffentlichem Interesse eine Verhandlung notwendig machen (EGMR 20.11.2003, ÖJZ 2004, 437 - Faugel gegen Österreich; 6.12.2001, ÖJZ 2003, 114 - Petersen gegen Deutschland).
3. Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Die belangte Behörde hat auch keine Gründe angeführt, die als besondere Umstände iSd Judikatur des EGMR den Entfall einer mündlichen Verhandlung gerechtfertigt hätten. Sie meint, dass lediglich eine Rechtsfrage, die keines weiteren Ermittlungsverfahrens bedurft hätte, zu beurteilen gewesen sei.
Die belangte Behörde nahm als unstrittig an, dass für die ausschreibende Stelle im Zeitpunkt der Angebotsöffnung, am 10. Jänner 2003, nicht erkennbar gewesen sei, dass A B, Angestellter des Mitbieters P KG, für die genannte Gesellschaft vertretungsbefugt war. Dass die Unterschrift für die P KG nicht von der Geschäftsführerin stamme, sei ein unbehebbarer Mangel.
Wie die mit Schreiben vom 27. März 2003 nachgereichte Vollmacht zeigt, war AB für die P KG zeichnungsberechtigt. Es wurde bloß die Vollmacht erst nach Angebotseröffnung nachgereicht. Das Angebot der Beschwerdeführer wurde gemäß §47 Z8 des Wiener Landesvergabegesetzes ausgeschieden. §47 Z8 Wiener Landesvergabegesetz, LGBl. Nr. 36/1995 idF LGBl. Nr. 34/2002, lautet:
"§47. Auszuscheiden sind:
1. ...
8. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, fehler- oder mangelhafte Angebote oder unvollständige Angebote, wenn die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder Teilangebote, wenn diese nicht zugelassen waren;
9. ..."
Die Beschwerdeführer haben im Nachprüfungsantrag ausgeführt, dass sie einen allfälligen Mangel behoben hätten und weitere Aufklärungen zur Vertretungsbefugnis beabsichtigten, aber die Auftraggeberin kein Interesse an solchen Aufklärungen gezeigt habe und dass im Falle des Vorliegens eines Mangels dieser auch behebbar sei.
Die Verbesserungsfähigkeit eines mangelhaften Angebotes hängt davon ab, ob die Behebung des Angebotsmangels eine Veränderung der Wettbewerbsstellung des Bieters bewirken würde (vgl. hiezu auch VwGH 26.2.2003, 2001/04/0037, ZVB 2003/69). Die Lösung dieser Frage bedarf sowohl rechtlicher Erörterungen als auch der Klärung von Sachverhaltselementen.
Die belangte Behörde konnte daher nicht von einem ohnehin unstrittigen und nicht weiter erörterungsbedürftigen Sachverhalt ausgehen, der nur die Beantwortung einer einfachen Rechtsfrage offen ließ. Sie konnte sich sohin auf keine Besonderheiten berufen, auf Grund derer trotz entsprechender Antragstellung ausnahmsweise keine mündliche Verhandlung stattfinden musste.
Dabei fällt auch ins Gewicht, dass die belangte Behörde nicht nur in erster und einziger Instanz als Tribunal zu entscheiden hatte, sondern sich auch nicht auf ein in unterer Instanz durchgeführtes umfangreiches Ermittlungsverfahren einer Behörde stützen konnte, das den Beschwerdeführern die Möglichkeit geboten hätte, dort festgestellte Tatsachen im Rahmen ihres Rechtsmittels zu bekämpfen.
Die Beschwerdeführer wurden somit durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal nach Art6 Abs1 EMRK verletzt.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
IV. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Im zugesprochenen Betrag sind die Gebühr nach §17a VfGG in Höhe von € 180,--, Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 327,-- sowie USt in Höhe von € 392,40 enthalten.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Vergabewesen, Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren, Verhandlung mündliche, Öffentlichkeitsprinzip, MängelbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B840.2003Dokumentnummer
JFT_09949377_03B00840_00