RS Vfgh 2001/12/11 B1510/00

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Veröffentlicht am 11.12.2001
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Index

10 Verfassungsrecht
10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

StGG Art15
EMRK Art11 Abs2
AVG §10
VereinsG 1951 §6
ZustellG §9 Abs3
ZustellG §8a

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Untersagung der Gründung eines die Verbreitung der Katholischen Glaubenslehre und die Veranstaltung von religiösen Feiern bezweckenden Vereins infolge Eingriffs in die inneren Angelegenheiten der Katholischen Kirche angesichts des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften auf selbständige Besorgung ihrer inneren Angelegenheiten; ordnungsgemäße Zustellung des erstinstanzlichen, die Untersagung der Vereinsbildung bewirkenden Bescheides an die in der Bildungsanzeige erstgenannte Proponentin als gemeinsame Zustellbevollmächtigte

Rechtssatz

Es kann der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, daß der unter "c/o" unterhalb des Vereinstitels und den in Klammer gesetzten Worten "in Gründung" angeführte Name des nunmehrigen Beschwerdeführers mit seiner Adresse bloß die Anschrift des "Vorvereins" bildet und für sich keine Zustellbevollmächtigung des nunmehrigen Beschwerdeführers bewirkt; eine ausdrückliche Bevollmächtigung fand aber nicht statt.

Die Behörde ist in unbedenklicher Weise davon ausgegangen, daß die sowohl im Text der Vereinsbildungsanzeige als erste aufscheinende als auch diese als erste unterzeichnende Proponentin Zustellbevollmächtigte im Sinne des §9 Abs3 ZustellG ist, zumal jene Proponentin auch schon im Verfahren im Zusammenhang mit der Zustellung einer Ladung als Zustellbevollmächtigte aufgetreten ist und aus einem Aktenvermerk hervorgeht, daß sie sich mit der Zustellung der Ladung für alle Proponenten per Fax an sie ausdrücklich einverstanden erklärte.

Rechtmäßige Untersagung der Gründung des Vereins "Initiativkreis Katholischer Laien und Priester in der Erzdiözese Wien".

Vor dem Hintergrund des in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Begriffsverständnisses kann es keinem Zweifel unterliegen, daß mit dem von den Proponenten angestrebten Verein (auch) Zwecke verfolgt werden sollen, die - objektiv gesehen - zu den inneren Angelegenheiten der Römisch-Katholischen Kirche zählen: Die als Vereinszweck genannte "Verbreitung und Verteidigung der katholischen Glaubenslehre" und einzelne der zur Verwirklichung des Vereinszwecks vorgesehenen Tätigkeiten, wie etwa die Veranstaltung von Gebetskreisen, Exerzitien, Wallfahrten und die Feier der Hl. Messe unter Einhaltung eines bestimmten Ritus betreffen in ihrer Gesamtheit innere Angelegenheiten der Römisch-Katholischen Kirche. Angesichts dessen und weil die Römisch-Katholische Kirche für die Schaffung derartiger Vereinigungen innerkirchliche Normen aufstellt (can 215 und 298 ff Codex Iuris Canonici) und sie damit auch als ihre innere Angelegenheit in Anspruch nimmt, betrifft die Bildung eines (auch) diese Zwecke verfolgenden Vereins die inneren Angelegenheiten einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft; seine Nichtuntersagung wäre daher rechtswidrig.

Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt auch nicht, daß die Sicherung des den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf selbständige Besorgung ihrer inneren Angelegenheiten (vgl Art15 StGG) einen im Sinn des Gesetzesvorbehalts des Art11 Abs2 EMRK legitimen Zweck ("Schutz der Rechte und Freiheiten anderer") verfolgt und keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechtssphäre der Proponenten bewirkt, zumal aufgrund der ArtII und ArtXV §2 des Konkordats zwischen dem Hl. Stuhl und der Republik Österreich, BGBl II 2/1934, innerkirchliche Vereinigungen auch staatliche Rechtspersönlichkeit erlangen können.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Konkordat, Kultusrecht, Religionsgesellschaften, Vereinsrecht, Verein Proponenten, Verein Untersagung, Verwaltungsverfahren, Zustellung, Zustellbevollmächtigter (sa Zustellungsbevollmächtigter)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B1510.2000

Dokumentnummer

JFR_09988789_00B01510_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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