RS Vfgh 2002/2/25 B357/00

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 25.02.2002
beobachten
merken

Index

97 Vergabewesen
97/01 Vergabewesen

Norm

B-VG Art83 Abs2
BundesvergabeG §115
BundesvergabeG §41, §42
EG Art234
Richtlinie des Rates vom 21.12.89. 89/665/EWG, zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentl Liefer- und Bauaufträge Art1, Art2

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Zurückweisung von Anträgen betreffend die Nachprüfung eines Vergabeverfahrens hinsichtlich Bauaufträgen beim Lainzer Tunnel; vertretbare Annahme der mangelnden Antragslegitimation der beschwerdeführenden Gesellschaft; vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren kein Instrument zur Berichtigung eines selbst gelegten Angebots; keine Vorlagepflicht

Rechtssatz

Das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ist kein Instrument, ein selbst gelegtes - und gemäß §41 Abs2 BundesvergabeG ab Anbotsöffnung verbindliches - Angebot berichtigen zu lassen.

Es steht einem Bieter zwar frei, während der Angebotsfrist ein gelegtes Anbot durch zusätzliche, rechtsgültig unterfertigte Erklärung zu ändern, zu ergänzen oder von demselben zurückzutreten (§42 Abs6 BundesvergabeG); daß die beschwerdeführende Gesellschaft von der Möglichkeit der Änderung des Anbots bis zu diesem Zeitpunkt Gebrauch gemacht hätte, wurde aber in keiner Weise dargetan. Ab Anbotseröffnung ist der Bieter hingegen an sein zu diesem Zeitpunkt vorliegendes Anbot gebunden (§41 Abs2 BundesvergabeG). Nach Anbotsöffnung erfolgte Preisanpassungen sind aber nicht nur unzulässig, sie würden auch in Widerspruch zu den dem Vergaberecht immanenten Grundsätzen (insb der Gleichbehandlung von Bietern) stehen. Zuschlagsrelevant kann also schon aus diesen Gründen nur das von der beschwerdeführenden Gesellschaft gelegte - nicht aber ein ihrem "hypothetischen Parteiwillen" "angepaßtes" - Anbot sein. Irrtümer bei der Legung eines Anbots können nach Abschluß des Leistungsvertrags nur mehr vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden. Wenn das Bundesvergabeamt angesichts dieser gesetzlichen Ausgangslage den Schluß zieht, daß die beschwerdeführende Gesellschaft am Zustandekommen des Vertrages unter den durch ihr Anbot festgelegten Konditionen kein rechtliches Interesse haben kann und es ihr insofern an der gemäß §115 Abs1 BundesvergabeG erforderlichen Antragslegitimation mangelt, kann ihm jedenfalls aus Sicht der geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte nicht entgegengetreten werden.

Den von der beschwerdeführenden Gesellschaft angezogenen Bestimmungen der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG läßt sich kein Hinweis darauf entnehmen, daß Bietern Rechtsschutz gegen ein selbst gelegtes Anbot gewährt oder diesen gar die Möglichkeit eingeräumt werden muß, sich vor dem Zuschlag - und damit vor dem Vertragsabschluß - schützen zu lassen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

EU-Recht, Vergabewesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B357.2000

Dokumentnummer

JFR_09979775_00B00357_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten