RS Vfgh 2002/3/2 B691/01 ua

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Veröffentlicht am 02.03.2002
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Index

97 Vergabewesen
97/01 Vergabewesen

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
BundesvergabeG 1997 §113 Abs2
BundesvergabeG 1997 §115
BundesvergabeG 1997 §117
BundesvergabeG 1997 §122

Leitsatz

Verletzung des beschwerdeführenden Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Stattgabe des Antrags von beteiligten Bietergemeinschaften auf Nichtigerklärung des Unterlassens des Widerrufs der Ausschreibung im Vergabeverfahren betreffend Konzeption, Planung und Aufbau eines chipkartenbasierten EDV-Systems infolge Unzulässigkeit dieses Antrags; Unterlassungen des Auftraggebers nur bei selbständigen, nach außen in Erscheinung tretenden Teilakten des Vergabeverfahrens anfechtbar; Zurückweisung der Beschwerde des Bestbieters mangels Legitimation; fehlende Beschwer angesichts erfolgter Zuschlagserteilung vor Einbringung der Beschwerde

Rechtssatz

Zurückweisung der Beschwerde des Bestbieters mangels Legitimation.

Das Angebot der zu B856/01 beschwerdeführenden Unternehmen wurde vom Auftraggeber bereits am 23.04.01, also noch vor Einbringung ihrer Beschwerde, welche am 05.06.01 erfolgte, angenommen; der Vertrag ist sohin zustandegekommen. Nach Zuschlagserteilung ist aber eine Änderung ihrer damit erworbenen Rechtsposition durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) möglich, sodaß es den beschwerdeführenden Unternehmen an der materiellen Beschwer mangelt.

Zulässigkeit der Beschwerde des auftraggebenden Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger.

Die Entscheidung des Bundesvergabeamtes hat zwar keine Auswirkungen auf die Gültigkeit des danach abgeschlossenen Vertrages, entfaltet aber Bindungswirkungen in einem allfälligen Schadenersatzprozeß wegen Ansprüchen gemäß §122 BundesvergabeG 1997.

Vom Standpunkt der Rechtmittelrichtlinien (89/665/EWG und 92/13/EWG) im Verein mit dem diese in innerstaatliches Recht umsetzenden 2. Hauptstück des 4. Teiles des BundesvergabeG 1997 kommen Unterlassungen des Auftraggebers als anfechtbare "Entscheidungen" nur insofern in Betracht, als jene Unterlassungen einen solchen Erklärungswert besitzen, daß sie als selbständige Teilakte des Vergabeverfahrens nach außen in Erscheinung treten und ein dementsprechendes Rechtsschutzbedürfnis auslösen.

Eine nach außen hin kundgetane und damit gemäß §113 Abs2 Z2 iVm §115 BundesvergabeG 1997 anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers liegt im vorliegenden Fall erst in der den anderen Bietern gegenüber erfolgten Bekanntgabe vom 18.12.00, der EDS/ORGA als Bestbieter den Zuschlag erteilen zu wollen. Erst daraus "ergibt sich eindeutig" (- wie das BVA selbst formuliert -), daß der Auftraggeber nicht die Absicht hatte, die Ausschreibung zu widerrufen. Nicht das Unterlassen des Widerrufs der Ausschreibung bildet sohin im vorliegenden Fall die gemäß §115 Abs1 BundesvergabeG 1997 anfechtbare "Entscheidung" des Auftraggebers, sondern im Sinne des Erkenntnisses VfSlg 15578/1999 lag erst in der Mitteilung der beabsichtigten Zuschlagserteilung jener "Teilakt im Vergabeverfahren", in dem die dann anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers nach außen zum Ausdruck gelangte.

Der von den mitbeteiligten Parteien gestellte Antrag auf Nichtigerklärung des Unterlassens des Widerrufs der Ausschreibung erweist sich sohin als von vornherein unzulässig und nicht geeignet, eine Entscheidungskompetenz des Bundesvergabeamtes gemäß §113 Abs2 Z2 BundesvergabeG 1997 zu begründen.

Da sohin das Bundesvergabeamt aufgrund eines unzulässigen Antrages in der Sache selbst entschieden hat, hat es eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihm nicht zustand.

Entscheidungstexte

  • B 691/01 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 02.03.2002 B 691/01 ua

Schlagworte

Vergabewesen, VfGH / Legitimation, Behördenzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B691.2001

Dokumentnummer

JFR_09979698_01B00691_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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