RS Vfgh 2002/3/8 G308/01 ua

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Veröffentlicht am 08.03.2002
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67 Versorgungsrecht
67/01 Versorgungsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
KriegsgefangenenentschädigungsG (Art70 BudgetbegleitG 2001) §1

Leitsatz

Keine Gleichheitsverletzung durch die Regelung des Anspruchs auf Kriegsgefangenenentschädigung zugunsten Kriegsgefangener der mittelost- und osteuropäischen Staaten; keine grobe Verkennung der historischen Gegebenheiten durch die Annahme besonders menschenunwürdiger Umstände für diese Personengruppe; keine Überschreitung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums, keine unsachliche Differenzierung aufgrund des Kriteriums der Gefangennahme durch bestimmte kriegsführende Mächte

Rechtssatz

Abweisung der Gerichtsanträge auf Aufhebung der Wortfolge "Mittelost- oder osteuropäischer Staaten (wie Albaniens, Bulgariens, Polens, der ehemaligen Sowjetunion, Rumäniens, der ehemaligen Tschechoslowakei, des ehemaligen Jugoslawiens)" in §1 Z1 KriegsgefangenenentschädigungsG (Art70 BudgetbegleitG 2001).

Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, daß insbesondere für die durch die ehemalige UdSSR Inhaftierten auch über die unmittelbar der Kapitulation und dem Beginn der Internierung nachfolgende Zeit hinaus wegen der kriegsbedingt auf längere Zeit hindurch extrem schlechten Versorgungslage in den mittelost- und osteuropäischen Staaten besonders ungünstige Anhaltebedingungen für die Kriegsgefangenen bestanden haben, unter denen jene, die sich in der Gewahrsame der Westalliierten befunden hatten, (im allgemeinen und Ausnahmen auf Grund besonderer Verhältnisse außer Betracht lassend) nicht zu leiden hatten.

Es kann dem Gesetzgeber daher aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn er vorweg - mit Blick auf die Entschädigung für die Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (vgl hiezu AB 255 BlgNR XXI. GP, Allgemeiner Teil, zum Versöhnungsfonds-Gesetz) - nur jenen Kriegsgefangenen eine Entschädigung zukommen lassen wollte, die typischerweise unter vergleichbaren menschenunwürdigen Bedingungen angehalten wurden. Es läßt sich auch nicht sagen, daß der Gesetzgeber die historischen Gegebenheiten grob verkannt hätte, wenn er davon ausgegangen ist, daß eine derartige Vergleichbarkeit in erster Linie bei den ehemaligen Kriegsgefangenen der ost- und mittelosteuropäischen Staaten besteht.

Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber eine Regelung getroffen hat, die - ohne Bedachtnahme auf die besonderen Bedingungen der Anhaltung in jedem Einzelfall - nur daran anknüpft, von welchem Staat der Betroffene als Kriegsgefangener angehalten wurde.

Keine Überschreitung des Beurteilungsspielraums, zulässige Durchschnittsbetrachtung, auch iSd Verwaltungsökonomie.

Entscheidungstexte

  • G 308/01 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 08.03.2002 G 308/01 ua

Schlagworte

Kriegsopferversorgung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:G308.2001

Dokumentnummer

JFR_09979692_01G00308_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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