Index
90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Zurückweisung der Beschwerde gegen eine als Aufhebung deserstinstanzlichen Straferkenntnisses und Einstellung desVerwaltungsstrafverfahrens zu wertende Stattgabe der Berufung mitAbsehen von der Strafe ohne Ermahnung mangels Beschwer; Verpflichtungzur Löschung einer bereits erfolgten Vormerkung imFührerscheinregisterSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühelrömisch eins. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel
vom 21. März 2006 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von € 60,- verhängt, weil er am 14. September 2005 in St. Johann in Tirol gegen die Vorschrift des §106
Abs1b Kraftfahrgesetz 1967 (im Folgenden: KFG 1967) verstoßen habe. Er habe auf einem Sitz, der mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet gewesen sei, ein Kind befördert, das unter 12 Jahre alt und kleiner als 150 cm gewesen sei, und nicht dafür gesorgt, dass das Kind mit einer geeigneten Rückhalteeinrichtung gesichert gewesen sei.
2. Der dagegen erhobenen Berufung wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (im Folgenden: UVS) vom 27. Juli 2006 insofern Folge gegeben, als gemäß §21 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG) von der Verhängung einer Strafe abgesehen wurde.
3. In der Beschwerde wird eine Verletzung der Art7 und 83 Abs2 B-VG sowie des Art6 EMRK behauptet. Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel habe dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sie mit Rechtskraft des Straferkenntnisses eine Vormerkung im Führerscheinregister durchzuführen habe, weil nach §30a Führerscheingesetz (im Folgenden: FSG) die Verhängung einer Strafe nicht gefordert und eine Einstellung des Verfahrens durch den UVS nicht erfolgt sei.
Der Beschwerdeführer behauptet, die Eintragung einer Vormerkung im Führerscheinregister könne nur über das Straferkenntnis bekämpft werden und entfalle nur, wenn das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde. Da bei Anwendung des §21 VStG kein Rechtsanspruch auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bestehe, habe die belangte Behörde in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit zu einer Sachentscheidung abgelehnt. Der Beschwerdeführer regt die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich des §30a FSG an. Begründend führt er aus, dass diese Bestimmung die Eintragung einer Vormerkung ins Führerscheinregister "automatisch" mit Rechtskraft des Straferkenntnisses vorsehe. Darüber hinaus schaffe der Ausnahmetatbestand des §106 Abs1c KFG 1967 eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.
4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.
5. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat auf Einladung des Verfassungsgerichtshofes eine Stellungnahme abgegeben, in der es den Ausführungen in der Beschwerde entgegentritt.
II. Zur Rechtslage:römisch II. Zur Rechtslage:
§21 VStG, BGBl. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I 65/2002, lautet: §21 VStG, Bundesgesetzblatt 52 aus 1991,, zuletzt geändert durch Bundesgesetzblatt Teil eins, 65 aus 2002,, lautet:
"Absehen von der Strafe
§21. (1) Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
§§30a und 30b FSG, BGBl. 120/1997, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I 15/2005, lauteten auszugsweise: §§30a und 30b FSG, Bundesgesetzblatt 120 aus 1997,, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 15 aus 2005,, lauteten auszugsweise:
"Vormerksystem - Maßnahmen gegen Risikolenker
Vormerksystem
§30a. (1) Hat ein Kraftfahrzeuglenker eines der in Abs2 angeführten Delikte begangen, so ist unabhängig von einer verhängten Verwaltungsstrafe, einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung oder sonstiger angeordneter Maßnahmen eine Vormerkung im Örtlichen Führerscheinregister einzutragen. Die Vormerkung ist auch dann einzutragen, wenn das in Abs2 genannte Delikt den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Für die Vornahme der Eintragung ist die Rechtskraft des gerichtlichen oder des Verwaltungsstrafverfahrens abzuwarten. Die Eintragung der Vormerkung ist von der das Verwaltungsstrafverfahren führenden Behörde, im Fall einer gerichtlichen Verurteilung von der Behörde des Hauptwohnsitzes vorzunehmen und gilt ab dem Zeitpunkt der Deliktsetzung. Der Lenker ist über die Eintragung und den sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen durch einen Hinweis im erstinstanzlichen Strafbescheid zu informieren.
1. Übertretungen des §14 Abs8;
2. Übertretungen des §20 Abs5;
3. Übertretungen des §21 Abs3;
Besondere Maßnahmen
§30b. (1) Unbeschadet einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung ist eine besondere Maßnahme gemäß Abs3 anzuordnen:
III. Die Beschwerde ist unzulässig:römisch III. Die Beschwerde ist unzulässig:
1. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B-VG nur dann gegeben ist, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden sein kann, das heißt, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt (vgl. zB VfSlg. 17.840/2006). 1. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B-VG nur dann gegeben ist, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden sein kann, das heißt, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt vergleiche zB VfSlg. 17.840/2006).
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wird der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben und gemäß §21 Abs1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen. Der Verfassungsgerichtshof deutet diesen Spruch dahingehend, dass das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 21. März 2006 aufgehoben und das Verfahren eingestellt wurde:
Nach dem Konzept des §21 Abs1 VStG ist ein "Absehen von der Strafe", sofern dabei nicht eine Ermahnung verhängt wird, ein formloser Akt, der ohne weiteres Verfahren und ohne Erlassung eines Bescheides zu setzen ist. Ein solcher Akt darf keinen Schuldspruch enthalten.
Wird - wie im vorliegenden Fall - einer Berufung gegen ein Straferkenntnis, in der die Einstellung des Verfahrens beantragt wurde, ausdrücklich "Folge gegeben" und ohne Ermahnung von der Verhängung einer Strafe abgesehen, so muss dies daher als Aufhebung nicht nur der Strafe, sondern auch des Schuldspruchs gedeutet werden. Eine solche Entscheidung ist daher als Aufhebung des gesamten erstinstanzlichen Straferkenntnisses und im Ergebnis als Einstellung des Strafverfahrens zu werten.
Eine Einstellung des Strafverfahrens schließt eine Vormerkung im Führerscheinregister gemäß §30a Abs1 FSG aus. Eine bereits erfolgte Eintragung im Führerscheinregister ist daher gemäß §30a Abs5 FSG zu löschen.
3. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, weshalb seine Beschwerde mangels Legitimation zurückzuweisen war.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Beschwer, Kraftfahrrecht, Lenkerberechtigung,Lenkberechtigung, Führerschein, Vormerksystem, Verwaltungsstrafrecht,StrafbemessungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B1744.2006Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010