RS Vfgh 2002/6/18 V122/01 - V10/03

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Veröffentlicht am 18.06.2002
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Index

L3 Finanzrecht
L3715 Anliegerbeitrag, Kanalabgabe

Norm

B-VG Art18 Abs2
FAG 1997 §14 Abs1 Z15, Z16
FAG 1997 §15 Abs3 Z5
KanalgebührenO der Gemeinde Prägraten am Großvenediger vom 20.03.97
KanalgebührenO der Gemeinde Tulfes vom 16.06.93 idF vom 13.11.96
Tir GemeindeO 1966 §53
Tir KanalisationsG §9

Leitsatz

Aufhebung einer Kanalgebührenordnung zur Gänze mangels ausreichenderKundmachung; inhaltliche Gesetzwidrigkeit von Wortfolgen betreffenddie Entstehung der Gebührenpflicht infolge Festlegung einer imWiderspruch zum Finanzausgleichsgesetz als Benützungsgebühr und nichtals Interessentenbeitrag gewerteten Kanalanschlußgebühr wegenfehlender landesgesetzlicher Ermächtigung

Rechtssatz

Aufhebung der KanalgebührenO der Gemeinde Prägraten am Großvenediger vom 20.03.97 zur Gänze.

Durch den öffentlichen Anschlag einer Kundmachung, die den Text der kundzumachenden Verordnung nicht enthält, wird dem Erfordernis des §53 Abs1 Tir GemeindeO nicht entsprochen. Die bloße Auflage des kundzumachenden Textes zur Einsichtnahme in einem Raum des Gemeindeamtes genügt dieser Vorschrift gleichfalls nicht, weil dabei von einem "öffentlichen Anschlag" - nach dem Wortsinn dieser Bestimmung - nicht mehr gesprochen werden kann (vgl VfSlg 14689/1996, VfGH 30.11.01, V66/01).

Keine Sanierung des Kundmachungsmangels durch ordnungsgemäße Kundmachung einer Novelle.

Gesetzwidrigkeit der Wortfolgen "Verpflichtung bzw." und "3 und" im ersten Satz des §2 Abs1 der KanalgebührenO.

Gemäß §2 Abs1 erster Satz erste Alternative KanalgebührenO entsteht der Gebührenanspruch mit der bescheidmäßigen Verpflichtung zum Anschluß an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage (§9 Abs3 Tir. KanalisationsG). Der Gebührenanspruch entsteht daher unter Umständen bereits, bevor der Anschluß möglich ist und benützt werden kann, sohin unabhängig davon, ob das anschlußpflichtige Objekt an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen ist oder nicht.

Bei der Anschlußgebühr nach §2 Abs1 erster Satz erste Alternative KanalgebührenO handelt es sich daher nicht um eine Benützungsgebühr iSd §14 Abs1 Z16, §15 Abs3 Z5 FAG 1997, sondern um einen Interessentenbeitrag iSd §14 Abs1 Z15 FAG 1997. Solche Interessentenbeiträge sind ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben, die, sollen sie aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung erhoben werden, gemäß §8 Abs5 F-VG eines Landesgesetzes bedürfen, das die Gemeinden zur Erhebung solcher Abgaben ermächtigt (vgl VfSlg 10947/1986; VfGH 07.03.01, V5/01; 30.11.01, V66/01). Ein derartiges Gesetz besteht jedoch nicht.

(Anlaßfall B806/99, E v 28.06.02, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

(Siehe ebenso V10/03, E v 10.06.03: Aufhebung von Teilen der KanalgebührenO der Gemeinde Tulfes unter Hinweis auf V122/01 - vom Kundmachungsmangel abgesehen; Anlaßfall B1665/00, E v 10.06.03).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Abgabenbegriff, Gebühr, Interessentenbeiträge, Finanzverfassung,Finanzausgleich, Kanalisation Abgaben, Verordnung Kundmachung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:V122.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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