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56/01 VerstaatlichungNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags des Inhabers eines Privatpilotenscheins auf Aufhebung eines Teils der Austro Control-Gebührenverordnung betreffend die Pflicht zur Entrichtung einer Gebühr zuzüglich der Umsatzsteuer in Folge Zumutbarkeit der Erwirkung eines BescheidesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Der Einschreiter stellte nach Ablegung einer Prüfung für die Erweiterung seines Privatpilotenscheines bei der Austro Control GmbH den Antrag, diese Erweiterung in seinen Privatpilotenschein einzutragen. Die Eintragung wurde seitens der Austro Control GmbH durchgeführt und dem Antragsteller gemäß
II. Abschnitt TP3 a der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über die Gebühren der Austro Control GmbH (Austro Control-Gebührenverordnung - ACGV), BGBl. 2/1994, mittels Kosten-Ermittlungs-Formular Gebühren iHv € 36,34 zuzüglich Umsatzsteuer iHv € 7,27 vorgeschrieben.
2. Mit dem auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller die Aufhebung der Worte "zuzüglich Umsatzsteuer" in §1 ACGV, BGBl. 2/1994 idF BGBl. 453/1995, wegen Gesetzwidrigkeit.
3. Zur Rechtslage:
Mit 1. Jänner 1994 trat §5 Abs1 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr geändert werden, BGBl. 898/1993, - gleichzeitig mit der Übertragung von Aufgaben des früheren Bundesamtes für Zivilluftfahrt auf die Austro Control GmbH (§2 iVm §17 leg.cit.) - mit folgendem Wortlaut in Kraft:
"§5. (1) Die Austro Control GmbH ist von der Umsatzsteuer befreit.
(2) ..."
§1 ACGV, BGBl. 2/1994 idF BGBl. 453/1995, trat am 1. August 1995 in Kraft und lautet wie folgt (die angefochtenen Worte sind hervorgehoben):
"§1. Die Parteien haben für jede in ihrem Interesse liegende Amtshandlung der Austro Control GmbH die gemäß Abschnitt II festgesetzten Gebühren zuzüglich Umsatzsteuer zu entrichten."
Die Pflicht zur Entrichtung der Gebühr tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem die Amtshandlung vorgenommen wird (§2 ACGV). Ergeht im Zusammenhang mit der Amtshandlung ein Bescheid, so sind die Gebühren gemäß §3 ACGV in dessen Spruch festzusetzen; andernfalls ist die Gebühr, wenn sie nicht ohne weiteres entrichtet wird, in einem abgesonderten Bescheid gemäß §57 AVG vorzuschreiben (§3 Abs1 und 2 ACGV).
4. Zur Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, dass er durch die angefochtene Verordnungsbestimmung unmittelbar in seinen Rechten betroffen sei, weil ihm durch die Entrichtung der Umsatzsteuer für die Erlangung bzw. jede Erweiterung seiner Fluglizenz ein wirtschaftlicher Nachteil erwachsen sei bzw. werde. Nach Ansicht des Antragstellers bestünde keine andere Möglichkeit, die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Norm zu bekämpfen, zumal die Nichtbezahlung der Umsatzsteuer die Verweigerung der Ausstellung bzw. Verlängerung des Pilotenscheines zur Folge gehabt hätte und ein Rückforderungsbegehren an die Austro Control GmbH unter Hinweis auf die ACGV abgelehnt werden würde; die Führung eines Zivilprozesses sei dem Antragsteller nicht zumutbar.
5. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie erstattete eine Stellungnahme, in der er vorbrachte, dass mit der Erlassung des UStG 1994, BGBl. 663/1994, das am 1. Jänner 1995 in Kraft getreten sei, die umsatzsteuerliche Rechtslage aufgrund des EU - Beitritts Österreichs an die einschlägigen EU - Richtlinien angepasst worden sei, und führt dazu wörtlich aus:
"Seit diesem Zeitpunkt sind nach §28 Abs3 UStG 1994 - abgesehen von den in Z1 ff leg cit aufgezählten Sonderregelungen, zu denen §5 Abs1 ACG-G nicht gehört - alle vom UStG 1994 abweichenden Regelungen nicht mehr anzuwenden.
Seit 1. Jänner 1995 ist daher dem §5 Abs1 ACG-G durch das UStG 1994 derogiert.
Um der geänderten umsatzsteuerlichen Rechtslage auf Verordnungsebene Rechnung zu tragen, wurde §1 der Austro Control-Gebührenverordnung, BGBl Nr 2/1994, durch BGBl Nr 435/1994 dahingehend geändert, dass nach dem Wort 'Gebühren' die Worte 'zuzüglich Umsatzsteuer' angefügt wurden. ..."
II. Der Individualantrag, der in der Sache anscheinend die Vorschrift des §28 Abs3, 2. Satz UStG 1994, übersieht, erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 (letzter Satz) B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen, und dass der durch Art139 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (z.B. VfSlg. 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).
2. Im gegebenen Zusammenhang steht dem Antragsteller ein ihm zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit der oben näher bezeichneten Verordnungsbestimmung offen: §3 Abs1 ACGV ordnet an, dass die Gebühren, sofern im Zusammenhang mit der gebührenpflichtigen Amtshandlung ein Bescheid ergeht, in dessen Spruch festzusetzen sind. In einem solchen Fall kann die Höhe der Gebühr und somit auch die hier strittige USt-Belastung durch das Rechtsmittel gegen diesen Bescheid angefochten werden. Ist ein solcher Bescheid nicht ergangen (oder ist in dem Bescheid die Gebührenvorschreibung nicht erfolgt), hat der Antragsteller - wie sich aus §3 Abs2 leg.cit. ergibt - die Möglichkeit, die Entrichtung der Gebühr vorderhand zu verweigern und damit die Vorschreibung in einem gesonderten (rechtsmittelfähigen) Bescheid zu erreichen. Anders als der Antragsteller vermeint, hat die GmbH nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften in einem solchen Fall auch nicht die Möglichkeit, die Ausfolgung des Pilotenscheines zu verweigern.
Gegen einen - letztinstanzlichen - Bescheid könnte der Antragsteller Beschwerde gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erheben und darin seine Bedenken gegen §1 ACGV vortragen. In der Erwirkung eines solchen Bescheides liegt daher ein zumutbarer Umweg, wobei noch anzumerken ist, dass es bei Beurteilung dieser Frage nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auf die Erfolgsausichten der Partei in der Sache nicht ankommt (vgl. z.B. VfSlg. 16.722/2002).
III. Der Antrag war daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
Derogation, Luftfahrt, Gebühr (Austro Control), Austro Control, VfGH / Individualantrag, Umsatzsteuer, SteuerbefreiungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:V5.2005Dokumentnummer
JFT_09949074_05V00005_00