TE Vfgh Erkenntnis 2005/9/26 B437/04 ua

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Veröffentlicht am 26.09.2005
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7200 Beschaffung, Vergabe

Norm

B-VG Art83 Abs2
Oö VergabeG §61 Abs4
Oö VergabenachprüfungsG §14, §20

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch neuerliche Zurückweisung eines Nachprüfungsantrags in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags eines Landes betreffend Software für den elektronischen Akt mangels Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (UVS); Anwendbarkeit des Oö Vergabenachprüfungsgesetzes bei Erlassung des Ersatzbescheides nach aufhebendem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes für die Beurteilung der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Nachprüfungsantrag; Zuständigkeit des UVS daher gegeben

Spruch

I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid vom 13. Februar 2004, Zl. VwSen-550072/23/Kl/Pe, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Oberösterreich ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Beschwerdevertreters die mit € 2.152,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

II. Hingegen ist die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid vom 26. März 2004, Zl. VwSen-550134/9/Gf/Da, weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Das Land Oberösterreich hat als öffentlicher Auftraggeber ein Vergabeverfahren betreffend die Lieferung der "Software für Dokumentenmanagement, Workflow und Archivierung und die erforderlichen Leistungen für die Implementierung" als Dienstleistungsauftrag im Verhandlungsverfahren gemäß dem oö. Landesgesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge, LGBl. Nr. 59/1994 (Oö. Vergabegesetz; im Folgenden: oöVergG), zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 79/2000, eingeleitet. Die Anbotsabgabe sollte bis 15. Februar 2002 erfolgen.

Nach Abschluss des Verhandlungsverfahrens teilte der Auftraggeber den Bietern, unter anderem auch der beschwerdeführenden Gesellschaft, mit Schreiben vom 5. Dezember 2002 die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Fabasoft AT Software GmbH & Co KG, Puchenau (im Folgenden: Fabasoft), mit. Die beschwerdeführende Gesellschaft bekämpfte diese Zuschlagsentscheidung mit Nachprüfungsantrag vom 16. Dezember 2002 bei der oö. Landesregierung als Nachprüfungsbehörde erster Instanz. Mit Bescheid vom 13. Jänner 2003 wies die oö. Landesregierung den Nachprüfungsantrag teilweise zurück und teilweise ab.

2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (im Folgenden: UVS) wies die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung mit Erkenntnis vom 5. März 2003 zurück. Am 11. März 2003 erteilte der Auftraggeber den Zuschlag an Fabasoft. Die beschwerdeführende Gesellschaft erhob dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der den Bescheid vom 5. März 2003 mit Erk. vom 27. November 2003, Zl. 2003/04/0069-8, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufhob. Der Verwaltungsgerichtshof verwarf die Ansicht der belangten Behörde über eine Begrenzung der Kognitionsbefugnis der Nachprüfungsbehörde auf die im Nachprüfungsantrag geltend gemachten Gründe.

3. Mit Bescheid vom 13. Februar 2004, Zl. VwSen-550072/23/Gl/Pe, gab der UVS der Berufung neuerlich keine Folge und wies den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zurück. Er begründete dies wie folgt:

"Gemäß §20 Abs1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002, tritt dieses Landesgesetz mit 1.1.2003 in Kraft und gleichzeitig das Oö. Vergabegesetz, LGBl. Nr. 59/1994, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 79/2000, außer Kraft.

Aufgrund der Übergangsregelung nach §20 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz ist auf ein vor Inkrafttreten des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes durch einen nach außen in Erscheinung tretenden Akt des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin eingeleitetes Vergabeverfahren hinsichtlich der Nachprüfung weiterhin der vierte Teil des Oö. Vergabegesetzes anzuwenden, also §§58ff Oö. Vergabegesetz.

§20 Abs2 Satz 2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz trifft eine Übergangsregelung für den Fall der Aussetzung oder Vorabentscheidung dahingehend, dass nach Einlangen der Entscheidung nach den Bestimmungen 'dieses Landesgesetzes' das Verfahren fortzuführen ist.

§20 Abs2 Satz 3 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz bestimmt, dass nach einer Aufhebung eines Bescheides des unabhängigen Verwaltungssenates durch den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof, die nach dem In-Kraft-Treten dieses Landesgesetzes erfolgt, das Verfahren jedoch nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes fortzuführen ist.

Im gegenständlichen Fall wurde gemäß §20 Abs2 Satz 1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz zunächst ein Nachprüfungsverfahren nach den Bestimmungen des Oö. Vergabegesetzes durchgeführt, der darin ergangene Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates aber mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.11.2003, also nach dem Inkrafttreten des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes, aufgehoben, sodass das Verfahren nach der Bestimmung des §20 Abs2 Satz 3 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz nach diesem Landesgesetz fortzuführen ist.

Eine gleichlautende Regelung enthält §188 Abs3 Satz 3 Bundesvergabegesetz 2002, welches ebenfalls anordnet, dass das Verfahren nach den Bestimmungen 'dieses Bundesgesetzes' fortzuführen ist, was Kommentatoren dahingehend interpretieren, dass damit das Bundesvergabegesetz 2002 gemeint ist. Es führen daher Gerhard Prünster und Michael Sacht in ZVB 2003/102 ('Zwischen Systembruch und Interpretation') zu Recht aus: 'Dies würde aber konsequenterweise bedeuten, dass Bestimmungen des BVergG 2002 anzuwenden wären, die zum Zeitpunkt des Beginns des Vergabeverfahrens noch nicht absehbar waren. Besondere Problematik erlangt diese Bestimmung beim 'Systembruch', der durch die gesondert anfechtbaren Entscheidungen des §20 Z13 lita BVergG 2002 und der Einführung von Präklusionsfristen indiziert wurde.' Es wurde daher folgender Ansatz zur Interpretation gefunden: 'Genauso, wie sich in §188 Abs1 BVergG 2002 die Worte 'dieses Bundesgesetz' auf das in Abs1 ausschließlich genannte BVergG 2002 beziehen, könnte man (bei europarechtlich konformer Interpretation und unter Beachtung aller Rechtsschutzüberlegungen sowie unter Nachsicht aller anderen Aspekte) diesen Ansatz auch hinsichtlich des §188 Abs3 leg.cit anwenden und die Worte 'dieses Bundesgesetz' auf das in Abs3 ausschließlich genannte BVergG 1997 rückbeziehen. Damit würden alle Verfahren, die ursprünglich dem BVergG 1997 unterlagen, auch nach Vorabentscheidungen durch den EuGH bzw. nach Bescheidbehebung durch den VfGH oder VwGH wieder nach den (materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen) Normen des BVergG 1997 beurteilt werden können.'

Eine solche dem Effektivitätsgebot im Rechtsschutz entsprechende Interpretation ist aufgrund des klaren Gesetzeswortlautes im Oö. Vergabenachprüfungsgesetz nicht möglich, zumal der Oö. Landesgesetzgeber im 3. Satz des §20 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes von 'dem In-Kraft-Treten dieses Landesgesetzes' spricht und im weiteren Halbsatz dann die Fortführung des Verfahrens 'nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes' anordnet. Damit kommt klar zum Ausdruck, dass der Landesgesetzgeber nach Aufhebung durch den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof die Anwendung des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes - freilich nur für das Nachprüfungsverfahren - gemeint hat.

Neben dem bereits im obzit. Aufsatz dargelegten Systembruch hat der Oö. Landesgesetzgeber aber auch dahingehend einen Systembruch geschaffen, dass nach dem Oö. Vergabenachprüfungsgesetz ein zweigliedriger Instanzenzug nicht mehr vorgesehen ist, also der unabhängige Verwaltungssenat in erster und letzter Instanz als Nachprüfungsbehörde eingerichtet ist. So gesehen kann der 3. Satz des §20 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes nur dahin verstanden werden, dass die bereits vor Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof begründete Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates - als Berufungsinstanz - nach Bescheidaufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof bestehen bleibt, also organisationsrechtlich keine Änderung eintritt, im Übrigen aber für das Nachprüfungsverfahren (verfahrensrechtliche Regelungen) das Oö. Vergabenachprüfungsgesetz anzuwenden ist.

7.2. Aus dem erstbehördlichen Akt ist ersichtlich, dass die Antragstellerin mit Eingabe vom 16.4.2003 einen Feststellungsantrag gemäß §61 Abs4 Oö. Vergabegesetz eingebracht hat, in welchem sie auf Seite 9 bekannt gab, dass der Auftraggeber am 11.3.2003 den Zuschlag an Fabasoft erteilte. Die EU-weite Bekanntmachung über diesen vergebenen Auftrag wurde am 25.3.2003 im Supplement zum ABL veröffentlicht. Diese Bekanntmachung wurde von den Rechtsvertretern am 26.3.2003 im Supplement abgerufen und der Antragstellerin bekanntgegeben.

Gemäß §2 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zuständig zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Nach Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen das BVergG oder die dazu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde (§2 Abs3 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz).

Im Grunde dieser Gesetzesbestimmung war daher wegen der bereits am 11.3.2003 erfolgten Zuschlagserteilung eine Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates und daher auch der vorgelagerten ersten Instanz zur Nichtigerklärung einer Entscheidung nicht mehr gegeben. Eine Nichtigerklärung nach dem Zuschlag ist nicht zulässig. Es war daher spruchgemäß der angefochtene Bescheid der Oö. Landesregierung dahingehend abzuändern, dass der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zurückgewiesen wird.

7.3. Gemäß §14 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz wird angeordnet, dass, wenn ein Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates vom Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wird und vor der Entscheidung des Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen wurde, der unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts vertretenen Rechtsanschauung lediglich festzustellen hat, ob die angefochtene Entscheidung des Auftragebers rechtswidrig war. Diese Bestimmung sieht für den Fall, dass zunächst ein Antrag auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eingebracht und dann im Zuge des Beschwerdeverfahrens vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts ein Zuschlag erteilt oder ein Vergabeverfahren widerrufen wurde, vor, dass das Nichtigerklärungsverfahren im Anschluss an die Entscheidung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts als Feststellungsverfahren (Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung und ohne weitere Antragstellung) fortzusetzen ist.

Von dieser Bestimmung war im gegenständlichen Fall durch den Oö. Verwaltungssenat nicht Gebrauch zu machen, würde dies doch zur Folge haben, dass für das nach dem Zuschlag vorgesehene Feststellungsverfahren nunmehr zwei verschiedene Behörden zuständig wären, nämlich einerseits der unabhängige Verwaltungssenat in erster Instanz aufgrund der Bestimmung des §14 Abs2

Oö. Vergabenachprüfungsgesetz und die Oö. Landesregierung als erste Instanz für den bereits eingebrachten Feststellungsantrag vom 16.4.2003 im Grunde der Übergangsbestimmung des §20 Abs2 Satz 1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz. Diese scheinbar sich ergebende Doppelzuständigkeit, die eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts des gesetzlichen Richters bedeuten würde, kann durch verfassungskonforme Interpretation gelöst werden. Während nämlich §14 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz als Regelung des Rechtsschutzes (Vergabenachprüfungsverfahrens) seit Inkrafttreten des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes am 1.1.2003 mit dem Hintergrund zu sehen ist, dass ein Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates (als erste und einzige Instanz) nach dem Oö. Vergabenachprüfungsgesetz durch den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wird und aber in diesem Zuge der Zuschlag erteilt wurde, stellt der §20 Abs2 Satz 3 des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes einen Sonderfall dar, nämlich dass ein Bescheid des Oö. Verwaltungssenates, der nach dem Oö. Vergabegesetz und vor Inkrafttreten des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes erlassen wurde, vom Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof nach dem Inkrafttreten des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes aufgehoben wird. Es ist daher §20 Abs2 dritter Satz Oö. Vergabenachprüfungsgesetz als speziellere Norm zu sehen und geht diese Norm vor. Dies bedeutet, dass im fortgesetzten Berufungsverfahren des unabhängigen Verwaltungssenates zwar nach der eindeutigen Regelung des §20 Abs2 dritter Satz Oö. Vergabenachprüfungsgesetz dieses Gesetz für das fortgesetzte Rechtsschutzverfahren anzuwenden ist, §14 Abs2

Oö. Vergabenachprüfungsgesetz aber mangels eines durch den unabhängigen Verwaltungssenat in erster Instanz erlassenen Bescheides nicht anzuwenden ist.

Es muss nämlich die Wortfolge 'ein Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates' in §14 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz unter Bedachtnahme auf die Übergangsbestimmungen in §20 Abs1 und 2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz in verfassungskonformer - das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des gesetzlichen Richters achtender - Interpretation so gelesen werden, dass darunter 'ein erstinstanzlicher Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates nach dem Oö. Vergabenachprüfungsgesetz' zu verstehen ist."

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B437/04 protokollierte Beschwerde nach Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, mit welcher die Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie Art1 des BVG zur Durchführung des internationalen Abkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung geltend gemacht wird.

In ihrer Beschwerde zu B437/04 führt die beschwerdeführende Gesellschaft aus, dass der UVS im Bescheid vom 26. März 2004 selbst bestätigt habe, dass er mit dem angefochtenen Zurückweisungsbescheid vom 13. Februar 2004 seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint hat. Damit allein sei das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Im angefochtenen Bescheid sei dargelegt worden, dass die Behörde auf Grund der Aufhebung des früheren Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nunmehr das (neue)

Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002 (im Folgenden: oöVergNPG), anzuwenden habe. Daher hätte die belangte Behörde auch §14 Abs2 oöVergNPG anwenden müssen, wonach der UVS nach Zuschlagserteilung auf Antrag lediglich festzustellen gehabt hätte, ob der behauptete Rechtsverstoß vorliegt. Das beim UVS anhängige Nachprüfungsverfahren wäre als Feststellungsverfahren fortzusetzen gewesen. Der UVS verwende in seiner Argumentation eine Interpretation, um den für die beschwerdeführende Gesellschaft günstigen §14 Abs2 oöVergNPG nicht anwenden zu müssen. Eine solche Interpretation verletze die Rechtsmittel-RL und sei verfassungswidrig, weil kein effektiver Rechtsschutz mehr bestehe.

Die Begründung des UVS widerspreche dem Wortlaut des §14 oöVergNPG. Der UVS gehe nämlich davon aus, dass diese Bestimmung nur dann anzuwenden wäre, wenn ein Bescheid, den der UVS in erster Instanz und damit im Geltungsbereich des oöVergNPG erlassen hat, vom Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof aufgehoben wird. Die Begründung des UVS würde dazu führen, dass es für den Übergangszeitraum keinen Rechtsschutz gäbe.

Die Begründung des angefochten Bescheid verkenne auch gravierend die Rechtslage. Der Bescheid sei willkürlich erlassen worden und verletze daher auch den Gleichheitssatz, auf den sich auch die deutsche beschwerdeführende Gesellschaft berufen könne. Es sei kein Grund erkennbar, im vorliegenden Fall Ausländer anders als Inländer zu behandeln.

5. Zusätzlich zur Einbringung der erwähnten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stellte die beschwerdeführende Gesellschaft bei der oö. Landesregierung einen mit 16. März 2003 datierten Feststellungsantrag, mit dem sie gemäß §61 Abs4 oöVergG begehrte festzustellen, dass

"der Antragsgegner wegen seiner Entscheidung, Fabasoft bzw. das Angebot von Fabasoft nicht auszuscheiden, das oö.VergG verletzt und deshalb im vorliegenden Vergabeverfahren nicht dem Bestbieter den Zuschlag erteilt hat;

in eventu

der Antragsgegner im vorliegenden Vergabeverfahren nicht dem Bestbieter den Zuschlag erteilt hat."

Die oö. Landesregierung wies diesen Antrag mit Bescheid vom 5. Februar 2004 ab. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft am 21. Februar 2004 Berufung an den UVS. Am 5. Februar 2004 (gemeint wohl: 5. März 2004) beschloss der UVS:

"Der Rechtsbehelf wird an den Verfassungsgerichtshof weitergeleitet".

Als "Rechtsbehelf" war "die als Berufung bezeichnete Eingabe" gemeint. Der UVS berief sich bei dieser "Weiterleitung" auf §6 Abs1

AVG.

Die beschwerdeführende Gesellschaft brachte daraufhin beim UVS eine als "Beharrungsantrag" bezeichnete Eingabe ein, in der sie auf der Erledigung ihrer Berufung "beharrte".

Nachdem der Verfassungsgerichtshof die Eingabe an den UVS rückgeleitet hatte, wies dieser den ursprünglichen Antrag mit Beschluss vom 26. März 2004, Zl. VwSen-550134/9/Gf/Da, wegen sachlicher Unzuständigkeit des UVS zurück. Er begründete diese Zurückweisung wie folgt:

"2.1. Nach §20 Abs2 erster Satz OöVergNPG unterliegen Vergabeverfahren, die vor dem Inkrafttreten des OöVergNPG durch einen nach außen in Erscheinung tretenden Akt des Auftraggebers eingeleitet wurden, hinsichtlich der Nachprüfung weiterhin den Bestimmungen des vierten Teiles des OöVergG.

2.2. Dem wurde im gegenständlichen Fall insofern Rechnung getragen, als der Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin vom 17. Dezember 2002 - wie bereits zuvor dargetan - zunächst mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 13. Jänner 2003 und sodann mit den Bescheiden des Oö. Verwaltungssenates vom 5. März 2003 sowie vom 13. Februar 2004 - im Ergebnis durch Zurückweisung, die wiederum bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts hätte bekämpft werden können - erledigt wurde.

2.3. Demgegenüber wäre der von der Rechtsmittelwerberin am 16. April 2003 gestellte, explizit auf §61 OöVergG gestützte Antrag, mit dem offensichtlich 'vorsichtshalber' der in der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 5. März 2003 geäußerten Rechtsansicht Rechnung getragen werden sollte, von der Oö. Landesregierung entweder - im Hinblick auf die noch offene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde - an den Oö. Verwaltungssenat weiterzuleiten und von diesem im Zuge seiner Entscheidung (Ersatzbescheid) vom 13. Februar 2004 mit zu erledigen oder von der Oö. Landesregierung wegen Unzuständigkeit bzw. entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.

Indem die Oö. Landesregierung mit ihrem Bescheid vom 5. Februar 2004 jedoch tatsächlich eine eigenständige Sachentscheidung getroffen hat, hat sie eine Zuständigkeit angenommen, die ihr von Gesetzes wegen keinesfalls zukam und dadurch die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) verletzt.

2.4. Die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung in diesem Bescheid wirkt nicht zuständigkeitsbegründend (vgl. die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Wien 2004, 765).

Da der Oö. Verwaltungssenat auch sonst weder auf Grund genereller Rechtsvorschriften noch speziell auf Grund des OöVergNPG Oberbehörde der Oö. Landesregierung ist (und die Nichtberücksichtigung ihres auf §61 Abs4 OöVergG gestützten Antrages vom 16. April 2003 von der Beschwerdeführerin vielmehr mittels einer Beschwerde gegen den h. Ersatzbescheid vom 13. Februar 2004 oder mittels - im Hinblick auf die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung - eines Wiedereinsetzungsantrages zur Beschwerdeführung gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 5. Februar 2004 an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geltend zu machen gewesen wäre), war er daher zur Erledigung der gegenständlichen Berufung nicht zuständig.

Deshalb wurde das als 'Berufung' bezeichnete Rechtsmittel bereits mit h. Beschluss vom 5. März 2004, Zl. VwSen-550134/2/Gf/Jo, an den Verfassungsgerichtshof weitergeleitet. Der vorliegende 'Beharrungsantrag' war wegen sachlicher Unzuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates zurückzuweisen (vgl. die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Wien 2004, 122)."

6. Gegen diesen Bescheid vom 26. März 2004 richtet sich die zu B650/04 protokollierte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der ebenfalls die Verletzung von Art7 und 83 Abs2 B-VG, sowie Art1 des BVG zur Durchführung des internationalen Abkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung geltend gemacht wird.

In ihrer Beschwerde zu B650/04 legt die beschwerdeführende Gesellschaft zunächst dar, dass hinsichtlich ihres Feststellungsantrages der vierte Teil des oöVergG und nicht das oöVergNPG anzuwenden sei. Die Sätze 2 bis 4 des §20 Abs4 oöVergNPG seien auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe nämlich den auf §61 Abs4 gestützten Feststellungsantrag bei der erstinstanzlichen Behörde eingebracht, die diesen mit Bescheid vom 5. Februar 2004 abwies. Der Zurückweisungsbescheid verweigere eine Sachentscheidung über die Berufung.

Das oöVergG habe im Gegensatz zu §14 Abs2 oöVergNPG keine Bestimmung enthalten, wonach ein anhängiges Nachprüfungsverfahren nach Zuschlagserteilung eo ipso in ein Feststellungsverfahren übergeht. Daher habe die beschwerdeführende Gesellschaft einen gesonderten Feststellungsantrag eingebracht.

Sollte der Verfassungsgerichtshof aber der Ansicht sein, dass dieser Feststellungsantrag unzulässig war, so wäre der Bescheidbeschwerde zu B437/04 zwingend Folge zu geben. In diesem Fall habe nämlich der UVS das bei ihm anhängige Nachprüfungsverfahren in ein Feststellungsverfahren wandeln und feststellen müssen, dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. Andernfalls würde der vergabespezifische Rechtsschutz verwehrt.

Ferner führt die beschwerdeführende Gesellschaft aus, dass die Erledigung durch die belangte Behörde willkürlich gewesen sei.

7. Die belangte Behörde erstattete zu beiden Beschwerden eine Gegenschrift, in der sie zunächst zur angewendeten Rechtsgrundlage Stellung nimmt und ausführt, dass sie im ersten Rechtsgang gemäß §20 Abs2 Satz 1 oöVergNPG für die materiellrechtliche Beurteilung des Vergabeverfahrens das oöVergG anzuwenden gehabt habe, wogegen nach Bescheidaufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof der Ersatzbescheid auf Grundlage des oöVergNPG zu erlassen gewesen sei. Danach sei aber der Antrag nach Zuschlagserteilung zurückzuweisen gewesen.

Zum Feststellungsantrag vom 16. März 2003, der Gegenstand des zu B650/05 angefochtenen Bescheides ist, führte die belangte Behörde aus:

"Wie bereits oben dargelegt wurde, enthält das Oö. Vergabenachprüfungsgesetz auch insofern einen Systembruch, als - entgegen der alten Rechtslage nach Oö. Vergabegesetz, wonach ein zweigliedriger Instanzenzug, nämlich Oö. Landesregierung als erste Instanz und Oö. Verwaltungssenat als zweite Instanz vorgesehen ist - nunmehr der Oö. Verwaltungssenat in erster und letzter Instanz (kein Instanzenzug; vgl. §2 Abs1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz) zu entscheiden hat. Aus der Systematik und dem Gesamtkonzept des (neuen) Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes geht daher der §14 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz von einem Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates nach dem Oö. Vergabenachprüfungsgesetz aus, also von einem Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates, den er in erster Instanz erlassen hat. Unter diesem Gesamtverständnis ergibt die genannte Bestimmung auch den der Effektivität des Rechtsschutzes Rechnung tragenden Sinn, dass ein Rechtsschutzsuchender in Folge einer aufhebenden Entscheidung durch den Gerichtshof des öffentlichen Rechtes und zwischenzeitig eingetretenen Zuschlagserteilung seinen Rechtsschutz nicht verliert, indem einerseits eine Nichtigerklärung nicht mehr in Betracht kommt und andererseits mit großer Wahrscheinlichkeit die Antragsfrist für die Einbringung eines Feststellungsantrages nach Zuschlagserteilung bereits abgelaufen ist. Durch die vom Oö. Vergabenachprüfungsgesetz vorgenommene Umwandlung des Antrages auf Nichtigerklärung in einen Feststellungsantrag, aber nur für den Fall einer aufhebenden Entscheidung der Höchstgerichte und der bereits erfolgten Zuschlagserteilung, gewährt bestmöglichen Rechtsschutz.

Das Argument der Effektivität des Rechtsschutzes und der Notwendigkeit der gesetzlichen Anordnung der Umwandlung eines Nichtigerklärungsverfahrens in ein Feststellungsverfahren ist aber im Beschwerdefall nicht zutreffend. Da der Oö. Verwaltungssenat nach der Bescheidaufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof in die Lage vor seiner Bescheiderlassung versetzt wird, also wieder über eine Berufung über einen Bescheid der Oö. Landesregierung abzusprechen hat, kann Gegenstand der Berufungsentscheidung nur 'die Sache' der Entscheidung erster Instanz sein (§66 Abs4 AVG). Weiters würde der Oö. Verwaltungssenat bei einer Verfahrensumwandlung unter Ausschaltung der ersten Instanz entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nur mehr die Rechtswidrigkeit der Vergabe feststellen und sohin jene Entscheidung erlassen, zu welcher gleichzeitig auch die Oö. Landesregierung in erster Instanz durch den bereits erwähnten Feststellungsantrag vom 16.4.2003 nach dem Oö. Vergabegesetz (alte Rechtslage) zuständig ist. Es würde daher eine solche Gesetzesanwendung des §14 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz zu einer verfassungswidrigen Doppelzuständigkeit und daher zu einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf den gesetzlichen Richter führen.

Weil aber nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes einer gesetzlichen Bestimmung nicht von vornherein ein verfassungswidriger Inhalt unterstellt werden darf, hat der Oö. Verwaltungssenat jene Möglichkeit einer gesetzlichen Auslegung gewählt, die eine verfassungskonforme Gesetzesanwendung unter Beachtung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter zulässt. Unter Zugrundelegung des dem Oö. Vergabenachprüfungsgesetz innewohnenden Verständnisses der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates in erster und letzter Instanz - es ist somit ein Instanzenzug nicht mehr vorgesehen - ist daher der §14 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz dahingehend zu lesen, dass dann, wenn der unabhängige Verwaltungssenat in erster Instanz zunächst über einen Antrag auf Nichtigerklärung entschieden hat, diese Entscheidung von den Höchstgerichten aufgehoben wird und der Zuschlag vor der Entscheidung eines Höchstgerichtes erteilt wurde, der unabhängige Verwaltungssenat wieder in erster Instanz unter Zugrundelegung der von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts vertretenen Rechtsanschauung lediglich eine Feststellung der Rechtswidrigkeit zu treffen hat (vgl. Punkt 7.3. des angefochtenen Bescheides). Es war daher im gegenständlichen Beschwerdefall, in welchem der Oö. Verwaltungssenat keinen Bescheid in erster Instanz erlassen hat, auch die gesetzlich angeordnete Umwandlung eines Verfahrens auf Nichtigerklärung in ein Feststellungsverfahren nach §14 Abs2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz mangels der Voraussetzung der Bescheiderlassung durch den unabhängigen Verwaltungssenat in erster Instanz nicht anzuwenden. Mit dieser Auslegung wird auch dem bereits angeführten Rechtsschutzinteresse dahingehend entsprochen, dass der bei der Oö. Landesregierung eingebrachte Feststellungsantrag vom 16.4.2003 nach dem Oö. Vergabegesetz entsprechend der Bestimmung des §20 Abs2 Satz 1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz aufrecht bleibt und zu entscheiden ist. Es ist daher die Beschwerdeführerin keineswegs des Rechtsschutzes beraubt. Es hat daher die Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 5.2.2004, Fin-090975/20/2004-Schö/Bla, über diesen Feststellungsantrag abgesprochen und hat der Oö. Verwaltungssenat in Anwendung des §20 Abs2 Satz 1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz über die anhängige Berufung zu entscheiden.

5) Der Oö. Verwaltungssenat ist daher der Auffassung, dass dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit und keine Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten anhaftet. Diese Rechtsanschauung ist im Übrigen auch der gegenständlich vorliegenden Beschwerdeschrift zu entnehmen, in der sich die Beschwerdeführerin selbst auf den nach Oö. Vergabegesetz eingebrachten Feststellungsantrag vom 16.4.2003 beruft (vgl. Punkt 2.4.1. der Beschwerde) und nur 'aus Gründen der Vorsicht' durch den gegenläufigen Bescheid vom 26.3.2004, VwSen-550134/9/Gf/Da, genötigt war, Bescheidbeschwerde zu erheben (vgl. Punkt 4.1. der Beschwerdeschrift).

Es vertritt daher der Oö. Verwaltungssenat auch weiterhin die Auffassung, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist, und es wird daher beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge die Beschwerde gemäß §87 Abs1 VfGG als unbegründet abweisen."

In ihrer zu B650/05 eingereichten Gegenschrift beschränkt sich die belangte Behörde auf einen Verweis auf diese Ausführungen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

1. Das Vergabeverfahren des öffentlichen Auftraggebers wurde im Jahr 2002 geführt. Die Zuschlagsentscheidung stammt vom 5. Dezember 2002. Der Nachprüfungsantrag langte am 19. Dezember 2002 bei der oö. Landesregierung ein. Der Berufungsbescheid des UVS stammt vom 5. März 2003. Am 11. März 2003 erteilte das Land Oberösterreich den Zuschlag an Fabasoft. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde am 13. Februar 2004 der zu B437/04 angefochtene Ersatzbescheid erlassen.

§20 des Landesgesetzes über die Nachprüfung von Entscheidungen im Rahmen der Vergabe von öffentlichen Aufträgen (Oö. Vergabenachprüfungsgesetz), LGBl. Nr. 153/2002, lautet:

"§20. (1) Dieses Landesgesetz tritt mit 1. Jänner 2003 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Oö. Vergabegesetz, LGBl. Nr. 59/1994, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 79/2000, außer Kraft.

(2) Vergabeverfahren, die vor In-Kraft-Treten dieses Landesgesetzes durch einen nach außen in Erscheinung tretenden Akt des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin eingeleitet wurden, unterliegen hinsichtlich der Nachprüfung weiterhin den Bestimmungen des vierten Teiles des Oö. Vergabegesetzes, LGBl. Nr. 59/1994, i.d.F. LGBl. Nr. 79/2000. Wird ein solches Verfahren ausgesetzt oder wird gemäß §38a AVG der Antrag auf Fällung einer Vorabentscheidung gestellt, ist das Verfahren nach Entscheidung der Vorfrage bzw. nach Einlangen der Vorabentscheidung nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes fortzuführen. Nach einer Aufhebung eines Bescheides des unabhängigen Verwaltungssenates durch den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof, die nach dem In-Kraft-Treten dieses Landesgesetzes erfolgt, ist das Verfahren jedoch nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes fortzuführen. Bei In-Kraft-Treten dieses Landesgesetzes bei der Landesregierung oder beim unabhängigen Verwaltungssenat anhängige, jedoch ausgesetzte Verfahren und Verfahren, in denen gemäß §38a AVG ein Antrag auf Fällung einer Vorabentscheidung gestellt wurde, die bis zum In-Kraft-Treten dieses Landesgesetzes noch nicht eingelangt ist, sind nach Entscheidung der Vorfrage bzw. nach Einlangen der Vorabentscheidung nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes fortzuführen."

2. Die belangte Behörde hatte daher bei Erlassung des Ersatzbescheides vom 13. Februar 2004 das oöVergNPG anzuwenden. Dies wird auch von den Parteien eingeräumt. Im Zeitpunkt der Aufhebung des Bescheides vom 5. März 2003 durch den Verwaltungsgerichtshof am 27. November 2003 war der Zuschlag bereits erteilt. Es war daher §14 oöVergNPG anzuwenden, welcher lautet:

"§14. (1) Nach erfolgtem Zuschlag oder nach erfolgtem Widerruf einer Ausschreibung hat der unabhängige Verwaltungssenat unter den Voraussetzungen des §13 Abs1 auf Antrag lediglich festzustellen, ob der behauptete Rechtsverstoß vorliegt oder nicht.

(2) Wird ein Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates vom Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof aufgehoben und wurde vor der Entscheidung des Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen, hat der unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes vertretenen Rechtsanschauung lediglich festzustellen, ob die angefochtene Entscheidung des Auftraggebers rechtswidrig war."

Nach Erteilung des Zuschlags verliert die belangte Behörde ihre Zuständigkeit zur Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers. §14 Abs2 oöVergNPG geht ebenfalls davon aus, verfügt jedoch, dass bei Erlassung des Ersatzbescheides die nach dem oöVergNPG zuständige Behörde das ursprüngliche Nichtigkeitsverfahren als bloßes Feststellungsverfahren fortzusetzen und hiebei der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofs bzw. Verwaltungsgerichtshofs zu folgen hat. Ein weiterer Antrag ist - anders als nach §14 Abs1 - hiezu nicht mehr erforderlich. Eine Auslegung der Übergangsbestimmung im Zusammenhang mit §14 Abs2 oöVergNPG, nach welcher der Antrag auf Nichtigerklärung zurückzuweisen ist, würde zu einem verfassungswidrigen Ergebnis führen, da dann tatsächlich kein effektiver Rechtsschutz bestünde.

Der Verfassungsgerichtshof kann sich nicht der Ansicht des UVS anschließen, die Anwendung des §14 Abs2 oöVergNPG habe zur Folge, dass für das nach dem Zuschlag vorgesehene Feststellungsverfahren zwei verschiedene Behörden zuständig wären, nämlich einerseits der UVS in erster Instanz nach §14 Abs2 oöVergNPG und andererseits die oö. Landesregierung als erste Instanz für den bereits eingebrachten Feststellungsantrag vom 16. März 2003. Die zusätzliche Einbringung eines Feststellungsantrages gemäß §61 Abs4, wonach nach Zuschlagserteilung nur mehr ein Feststellungsantrag zulässig ist, erfolgte im Übrigen - wie sich aus der Beschwerde zu B650/04 ergibt - bloß vorsichtshalber. Dies kann aber nichts an der Zuständigkeit zur Entscheidung über den ursprünglich gestellten Nachprüfungsantrag ändern. Der zusätzliche Antrag kann nicht dazu führen, dass der beschwerdeführenden Gesellschaft nunmehr überhaupt kein Rechtsschutz mehr zukommt.

3. Für die Beschwerde zu B437/05 bedeutet dies, dass der UVS zu Unrecht seine Zuständigkeit verneint hat. Der Beschwerdeführer ist daher in seinem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Der Bescheid war aufzuheben.

Der Feststellungsantrag vom 16. März 2003 ist hingegen - allerdings aus anderen als den im angefochtenen Bescheid genannten Gründen - zu Recht zurückgewiesen worden: Da der UVS bereits über den ursprünglich gestellten Antrag nach Aufhebung des Bescheides vom 5. März 2003 einen Ersatzbescheid zu erlassen hatte, der sich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeiten zu beschränken hatte, kommt eine neuerliche Feststellung nicht mehr in Betracht.

III. 1. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. Im antragsgemäß zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in Höhe von € 329,-- sowie die Gebühr nach §17a VfGG in Höhe von € 180,-- enthalten.

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), Übergangsbestimmung, Vergabewesen, Ersatzbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B437.2004

Dokumentnummer

JFT_09949074_04B00437_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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