RS Vfgh 2002/10/1 G143/02 ua

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Veröffentlicht am 01.10.2002
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Index

50 Gewerberecht
50/03 Personen- und Güterbeförderung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
GelVerkG 1996 §15 Abs2 idF vor Euro-UmstellungsG BGBl I 32/2002
Verordnung Nr 684/92 des Rates vom 16.03.92 zur Einführung gemeinsamer Regeln für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen idF der Verordnung Nr 11/98 vom 17.12.97 Art3a

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit der Festlegung einer Mindeststrafe für bestimmte Verwaltungsübertretungen im Gelegenheitsverkehrsgesetz; überschießende und unsachliche Regelung infolge Anwendbarkeit der Mindeststrafe aufgrund einer pauschalen Verweisung in der Blankettstrafnorm dieses Gesetzes auf europarechtliche Vorschriften auch beim Delikt des Nichtmitführens und Vorzeigens einer Gemeinschaftslizenz beim grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Busverkehr

Rechtssatz

§15 Abs2 letzter Satz GelVerkG 1996 idF BGBl I 135/1999 war verfassungswidrig.

Zur Zulässigkeit der Anträge auf Aufhebung der angefochtenen Bestimmung idF vor dem Euro-UmstellungsG BGBl I 32/2002 wie E v 27.09.02, G45/02 ua.

Die Blankettstrafnorm des §15 Abs1 Z4 GelVerkG 1996 (auf die in der geprüften Bestimmung verwiesen wird) führt im Ergebnis zu einem Delikt, mit dem gerade jene Personen mit einer Mindeststrafe von S 20.000,- bedroht werden, die zum einen aus der inkriminierten Tätigkeit in aller Regel keinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil haben dürften, zum anderen die für die Einhaltung dieser Vorschriften erforderlichen Vorkehrungen oft gar nicht im eigenen Verantwortungsbereich treffen können und zudem auch nicht selten unter dem Druck des Arbeitgebers stehen dürften.

Soweit der Gesetzgeber die Anwendbarkeit der Mindeststrafe (mittels pauschaler Verweisung) zumindest auch auf Übertretungen von Art3a Abs3 2. Satz ("Eine beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz ist in den Fahrzeugen mitzuführen und den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen") der Verordnung Nr 684/92 des Rates vom 16.03.92 zur Einführung gemeinsamer Regeln für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen erstreckt hat, hat er eine |berschießende und damit unsachliche Regelung getroffen (siehe auch E v 14.12.01, G181/01 ua, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Kein Eingehen auf die Frage der sachlichen Rechtfertigung einer solchen Mindeststrafe in anderen Anwendungsgebieten (zB Fehlen einer Gewerbeberechtigung) bzw in Hinblick auf den Unwertgehalt des bloßen "Nichtmitsichführens" der Lizenz.

Entscheidungstexte

  • G 143/02 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 01.10.2002 G 143/02 ua

Schlagworte

EU-Recht, Gewerberecht, Gelegenheitsverkehr, Verwaltungsstrafrecht, Strafe, Geldstrafe, Verweisung, Blankettstrafnorm

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:G143.2002

Dokumentnummer

JFR_09978999_02G00143_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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