RS Vfgh 2002/10/2 B1589/99

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Veröffentlicht am 02.10.2002
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
AVG §42
Nö BauO 1976 §118 Abs9
Nö GdO 1973 §61 Abs4
VfGG §87 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch neuerliche Abweisung einer Vorstellung gegen die Zurückweisung von Anrainereinwendungen gegen eine Baubewilligung zur Errichtung einer Autowerkstätte nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung der Nö BauO 1976 über subjektiv-öffentliche Nachbarrechte; Verkennung der Rechtsfolge des VfGH-Erkenntnisses in einem entscheidenden Punkt; keine Befugnis der Aufsichtsbehörde zur Entscheidung in der Sache selbst; keine Präklusion

Rechtssatz

Das erneute Zuerkennen der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte des Beschwerdeführers lediglich im Rahmen des §118 Abs9 "Z 4" Nö BauO 1976 verkennt die durch das Erkenntnis VfSlg 15360/1998 geschaffene Rechtslage gröblich. Auch dem Nachbarn einer gewerblichen Betriebsanlage hat danach im Baubewilligungsverfahren ein Mitspracherecht im Rahmen des gesamten §118 Abs9 Nö BauO 1976 zuzukommen.

Der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes, dass §118 Abs9 letzter Satz Nö BauO 1976 verfassungswidrig war, bewirkte für den konkreten Fall ein erweitertes Mitspracherecht des Nachbarn im Vergleich zur Rechtslage im zuvor durchgeführten Baubewilligungsverfahren auf Gemeindeebene.

Die belangte Behörde verkennt nun sowohl ihre rechtliche Stellung als Aufsichtsbehörde iSd §61 Abs4 Nö GdO 1973 idF LGBl 1000-8 als auch die Intention des Erkenntnisses VfSlg 15360/1998, wenn sie im zweiten Rechtsgang nunmehr sogleich und ohne den bekämpften Bescheid der Gemeinde aufzuheben und die Angelegenheit an das zuständige Gemeindeorgan zurückzuverweisen, eine die Vorstellung des Nachbarn abweisende Entscheidung trifft: In Angelegenheiten, die zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehören, kommt der Aufsichtsbehörde nur eine Kontrolle, nicht aber eine Befugnis zur Entscheidung in der Sache selbst zu.

Aufgrund der nach Erlassung des Berufungsbescheides eingetretenen - für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers in diesem Verfahren aber jedenfalls relevanten - Änderung der Rechtslage durch das Erkenntnis VfSlg 15360/1998 hätte die belangte Behörde bei der erneuten Überprüfung des letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Bescheides anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung erkennen müssen, dass dieser den Beschwerdeführer durch die Anwendung einer als verfassungswidrig erkannten Norm in seinen Rechten verletzt.

Keine Präklusion.

Für den Beschwerdeführer ist die Möglichkeit, Einwendungen iSd §118 Abs9 Z1 bis Z3 Nö BauO 1976 zu erheben, erst durch das Erkenntnis VfSlg 15360/1998 entstanden.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Baubehörden, Nachbarrechte, Ersatzbescheid, Bindung (der Verwaltungsbehörden an VfGH), Gemeinderecht, Aufsichtsrecht (Gemeinde), Vorstellung, Verhandlung mündliche, Präklusion von Einwendungen, VfGH / Sachentscheidung Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B1589.1999

Dokumentnummer

JFR_09978998_99B01589_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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