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83 Natur- und UmweltschutzNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung einer durch die Novelle 2000 geänderten Bestimmung der Verpackungszielverordnung für Getränkeverpackungen betreffend Herabsetzung der zu erreichenden Abfallvermeidungsziele wegen Widerspruchs zum Abfallwirtschaftsgesetz infolge fehlender EntscheidungsgrundlagenRechtssatz
Zurückweisung der Anträge hinsichtlich von Wortfolgen in §5 und §6 der VerpackungszielV.
Anders als gegen §2 trägt die Wiener Landesregierung gegen die Wortfolgen "die Quoten gemäß §2 unterschritten oder" in §5 Abs1 und "der Ziele gemäß §2 erfolgt erstmals für das Jahr 2004 und danach alle drei Jahre für das jeweilige Kalenderjahr sowie" in §6 der Verordnung keine spezifischen Bedenken vor; das auf Aufhebung (auch) dieser Verordnungsstellen gerichtete Begehren der Wiener Landesregierung stützt sich vielmehr lediglich darauf, dass in diesen Bestimmungen auf den ebenfalls - und zulässigerweise - zur Aufhebung beantragten §2 der Verordnung Bezug genommen wird.
Da jene Vorschriften auch in keinem untrennbaren Zusammenhang mit §2 der VerpackungszielV stehen, mögen sie nach dessen allfälliger Aufhebung auch teilweise unanwendbar sein, war der Antrag, insoweit er die oben genannten Wortfolgen in §5 Abs1 und in §6 zum Gegenstand hat, als unzulässig zurückzuweisen.
Der Verordnungsgeber ist kraft §8 Abs2 Z5 AbfallwirtschaftsG verpflichtet, Maßnahmen gemäß §7 Abs2 AbfallwirtschaftsG anzuordnen, die in der Zielverordnung der Art nach in Aussicht genommen werden, "wenn das Ziel im Rahmen eines Stufenplanes nicht erreicht wird". Derartige Maßnahmen (wie etwa die Einhebung eines Pfandbeitrages oder eines Verwertungs- und Entsorgungsbeitrages) wurden vom Verordnungsgeber entsprechend dem gesetzlichen Auftrag in §5 Abs2 der VerpackungszielV auch tatsächlich vorgesehen.
Die gesetzlich vorgesehene Vorkehrung von Maßnahmen gemäß §7 Abs2 AbfallwirtschaftsG in einer Zielverordnung schließt jedoch nicht schlechtweg aus, das oder die zu erreichende(n) Abfallvermeidungsziel(e) durch Änderung der Zielverordnung neu zu bestimmen.
§2 der VerpackungszielV in seiner Stammfassung muss mit Rücksicht auf die gesetzliche Grundlage dahin gedeutet werden, dass die für Ende 2000 angestrebten Abfallvermeidungs- und -verwertungsquoten auch für die darauffolgende Zeit gelten, der zeitliche Geltungsbereich der VerpackungszielV idF vor der Novelle 2000 sohin nicht mit 31.12.00 begrenzt war.
Soll das Abfallvermeidungsziel durch Änderung der Zielverordnung herabgesetzt werden, so setzt diese Änderung voraus, dass das gesetzlich vorgesehene, in der Zielverordnung zu benennende "Verfahren zur Feststellung der Zielerreichung" (§8 Abs2 Z3 AbfallwirtschaftsG) gehörig beobachtet wurde und eine Zielverfehlung indiziert; dass ferner die Erlassung von Maßnahmenverordnungen gemäß §7 Abs2 iVm §6 Abs1 "im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Möglichen" nicht in Betracht kommt. Gesetzliche Voraussetzung für die in einer geänderten Zielverordnung reduzierten Abfallvermeidungsziele ist schließlich, dass die neu festgelegten Abfallvermeidungsmengen oder -quoten im Wege der "Selbstgestaltung der Wirtschaft" innerhalb vertretbarer Frist wahrscheinlich erreicht werden, sohin eine rechtmäßige Prognoseentscheidung vom Verordnungsgeber getroffen wird.
§2 der Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Festsetzung von Zielen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen und sonstigen Verpackungen, BGBl 646/1992, idF BGBl II 426/2000, (VerpackungszielVO = VerpackungszielV) wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Mit der im novellierten §2 der VerpackungszielV enthaltenen Anordnung, jährlich 80 % aller Getränkeverpackungen wiederzubefüllen, umweltgerecht zu verwerten oder energetisch zu nutzen, wurde die Abfallvermeidungsquote ab dem 01.01.01 im Vergleich zur vordem geltenden Abfallvermeidungsquote für drei Gruppen von Getränken (Mineralwasser u.ä., Bier und alkoholfreie Erfrischungsgetränke) - teilweise erheblich - herabgesetzt.
Als einzige Entscheidungsgrundlage wurde dem Verfassungsgerichtshof vom zuständigen Bundesminister dazu eine mit "Wiederbefüllung, Verwertung und energetische Nutzung von Getränkeverpackungen 1997" betitelte und somit nur das Jahr 1997 betreffende Kontrolluntersuchung zur Zielverordnung vorgelegt.
Insgesamt fehlen die notwendigen Entscheidungsgrundlagen für die Festsetzung neuer Abfallvermeidungsquotenziele durch den Verordnungsgeber in einem Ausmaß, das das Verfahren zur Erlassung dieser Verordnungsbestimmung als mangelhaft erscheinen lässt und daher die angefochtene Bestimmung des §2 der VerpackungszielV mit Gesetzwidrigkeit behaftet.
Schlagworte
Abfallwirtschaft, Verordnungserlassung, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Bedenken, Geltungsbereich (zeitlicher) einer VerordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:V82.2001Dokumentnummer
JFR_09978992_01V00082_01