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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung von Bestimmungen des Stmk Kanalabgabengesetzes und des Stmk Abfallwirtschaftsgesetzes über die landesgesetzliche Ermächtigung zur Einhebung von Benützungsgebühren durch die Gemeinden infolge verfassungswidriger Beschränkung des durch das FAG 1997 eingeräumten Freiraumes; Aufhebung der Kanalgebührenordnung und der Müllabfuhrordnung der Stadt Bruck an der Mur mangels ordnungsgemäßer Kundmachung durch Anschlag an der AmtstafelRechtssatz
§6 Abs2 Stmk KanalabgabenG 1955, LGBl 71, idF LGBl 67/1986, und §16 Abs5 und Abs6 Stmk AbfallwirtschaftsG 1990, LGBl 5/1991, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Zwar ist eine landesgesetzliche Ermächtigung zur Einhebung von Benützungsgebühren zusätzlich zur bundesgesetzlichen Ermächtigung zulässig, jedoch darf sie die bundesgesetzliche Ermächtigung nur konkretisieren und nicht einschränken.
§6 Abs2 Stmk KanalabgabenG - der den jährlichen Gebührenertrag mit dem einfachen Jahreserfordernis zuzüglich einer Erneuerungsrücklage beschränkt - schränkt den der Gemeindevertretung bei der Ausschreibung von Benützungsgebühren bundesgesetzlich eingeräumten Freiraum in verfassungswidriger Weise ein, da §15 Abs3 Z5 FAG 1997 die Gemeinden ermächtigt, Gebühren mit einem Jahresertrag bis zum doppelten Jahreserfordernis auszuschreiben.
Das Landesgesetz ist auch dann als verfassungswidrig anzusehen, wenn es älter war als das jeweils heranzuziehende Finanzausgleichsgesetz. Das gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem das FAG 1997 sich inhaltlich von jenem Finanzausgleichsgesetz unterscheidet, das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des §6 Abs2 Stmk KanalabgabenG in Geltung stand, in dem die landesgesetzliche Vorschrift also erst aufgrund des Inkrafttretens der späteren bundesgesetzlichen Vorschrift (hier des FAG 1993) verfassungswidrig wurde (invalidierte).
§16 Abs5 Stmk AbfallwirtschaftsG hat (weiterhin) den Inhalt, den Jahresertrag der Benützungsgebühr mit dem einfachen Jahreserfordernis zu beschränken. §16 Abs6 leg. cit. wiederholt diese Anordnung. Diese Bestimmungen sind somit aus denselben Gründen wie §6 Abs2 Stmk KanalabgabenG verfassungswidrig und daher aufzuheben.
Aufhebung der KanalabgabenO der Stadtgemeinde Bruck a. d. Mur vom 04.06.92 idF vom 10.12.98 und der MüllabfuhrO der Stadtgemeinde Bruck a. d. Mur vom 11.06.91 idF vom 10.12.98.
Nach Aufhebung des §6 Abs2 Stmk KanalabgabenG und des §16 Abs5 und Abs6 Stmk AbfallwirtschaftsG können sich die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §3 Abs1 lita und litc der KanalabgabenO sowie des §8 Abs2 der MüllabfuhrO in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise auf §15 Abs3 Z5 FAG 1997 stützen.
Jedoch Aufhebung der Verordnungen zur Gänze mangels ordnungsgemäßer Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel gem. §92 Abs1 Stmk GdO 1967.
Nach dem klaren Wortsinn des §92 Abs2 Stmk GdO 1967 ist die Kundmachung durch Auflage im Gemeindeamt nur bei "Verordnungen, deren Umfang oder Art den Anschlag an der Amtstafel nicht zuläßt", vorgesehen; von einer Gleichrangigkeit oder Gleichwertigkeit beider Kundmachungsformen kann keine Rede sein.
Dem Gemeinderat ist einzuräumen, daß das Platzangebot an der Amtstafel nicht beliebig vermehrt werden kann. Das enthebt die zur Kundmachung verpflichtete Behörde (Bürgermeister) jedoch nicht der Verpflichtung, für eine ausreichend große Amtstafel zu sorgen, sodaß die üblicherweise erfolgenden Kundmachungen dort Platz finden. Die KanalabgabenO und die MüllabfuhrO gehen über einen solchen Umfang nicht hinaus.
(Anlaßfall B1826/99, E v 10.10.02, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Abfallwirtschaft, Abgabenbegriff, Gebühr, Finanzverfassung, Abgabenwesen, Abgaben Gemeinde-, Beschlußrecht, Invalidation, Kanalisation, Verordnung Kundmachung, VfGH / Verwerfungsumfang, VfGH / Aufhebung WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:G229.2002Dokumentnummer
JFR_09978990_02G00229_01