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63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch gröbliche Verkennung der Rechtslage bei Abweisung eines Devolutionsantrages im Verfahren betreffend die Verwendungsänderung bzw Versetzung eines Gendarmeriebeamten; Anwendung einer bereits außer Kraft getretenen Fassung der Bestimmung über den Übergang der Entscheidungspflicht im AVG hinsichtlich des Abstellens auf das ausschließliche anstatt auf das überwiegende Verschulden der Behörde für die VerzögerungSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit EUR 2.340,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Im hier maßgeblichen Zeitpunkt war er Oberst der Bundesgendarmerie; seine Dienststelle war das Landesgendarmeriekommando für Kärnten.
Mit Wirkung vom 6. Mai 1998 wurde dem Beschwerdeführer der Arbeitsplatz des Leiters der Gruppe 3 (Technik und Wirtschaft) und die Vertretung des Landesgendarmeriekommandanten an 3. Stelle (Arbeitsplatzwertigkeit E 1, FGr 6) zugewiesen. Ab 1. November 1999 nahm er die Vertretung des Landesgendarmeriekommandanten an 2. Stelle (selbe Arbeitsplatzwertigkeit) wahr.
1.2.1. Mit 1. Juli 2002 wurde seitens des Bundesministeriums für Inneres für alle Landesgendarmeriekommanden eine neue Organisations- und Geschäftsordnung mit dem Ziel der Straffung der Organisationsstruktur in Kraft gesetzt. Die Organisationseinheit der Gruppen bei den Landesgendarmeriekommanden war nicht mehr vorgesehen und die Stellvertretung des Landesgendarmeriekommandanten ausschließlich auf die Funktion des "Strategischen Leiters" beschränkt. Der Beschwerdeführer wurde daher mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2002 von seiner - ab diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehenden - Funktion als Leiter der Gruppe 3 und gleichzeitig 2. Stellvertreter des Landesgendarmeriekommandanten abberufen; "mangels entsprechender Planstellen für leitende Gendarmeriebeamte" wurde ihm keine (neue) Funktion zugewiesen.
1.2.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport. Mit Bescheid der Berufungskommission vom 23. September 2002 wurde der angefochtene Bescheid mit der Begründung aufgehoben, dass die Abberufung von Beamten von ihrer bisherigen Verwendung ohne Zuweisung einer neuen Verwendung aus Gründen, die das Ergebnis von Organisationsmaßnahmen darstellten, den örtlichen Zuständigkeitsbereich einer nachgeordneten Dienstbehörde grundsätzlich überschreite und somit nicht in deren Zuständigkeitsbereich falle.
1.2.3. Mit Weisung des Strategischen Leiters des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten vom 18. Oktober 2002 wurde der Beschwerdeführer zur Teilnahme an einer Trainerausbildung für Sicherheitsvertrauenspersonen bestimmt. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2002 remonstrierte er gegen die Weisung; abschließend heißt es in diesem Schreiben:
"Sollte die Weisung aufrecht erhalten werden, so wird um neuerliche schriftliche Erteilung der Weisung nach §44 Abs3 BDG 1979 ersucht.
Bei neuerlicher schriftlicher Weisungserteilung wird außerdem um bescheidmäßige Feststellung ersucht, dass
a)
die Befolgung der Weisung zu meinen Dienstpflichten (Aufgaben als Leiter der Gruppe 3 und 2. Stellvertreter des Landesgendarmeriekommandanten für Kärnten) gehört und
b)
ich diese Funktion nach Aufhebung des rechtswidrigen Abberufungsbescheides ausübe."
1.2.4. Die Weisung, an dem Ausbildungskurs teilzunehmen, wurde mit Schreiben vom 25. Oktober 2002 bestätigt und unter einem mitgeteilt, dass gemäß Erlass des Bundesministeriums für Inneres Beamte, die nach der bisherigen Organisations- und Geschäftsordnung die Funktion eines Gruppenleiters mit gleichzeitiger Stellvertreterfunktion des Landesgendarmeriekommandanten innehatten und denen keine neue Verwendung zugewiesen wurde, weiterhin im Bereich der Kommandoführung zu verwenden seien.
1.2.5. Unter Hinweis auf den Bescheid der Berufungskommission vom 23. September 2002 (vgl. Pkt. 1.2.2.) wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. November 2002 verständigt, dass seitens des Bundesministeriums für Inneres - Gendarmeriezentralkommando als zuständiger Dienstbehörde beabsichtigt sei, ein (neuerliches) Abberufungsverfahren einzuleiten und ihn gemäß §40 Abs2 iVm. §38 Abs2 BDG 1979 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2003 von seiner bisherigen Funktion abzuberufen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Einwendungen.
1.2.6. Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten vom 14. Feber 2003 wurde zu lita) des vom Beschwerdeführer in der Remonstration gestellten Antrages (vgl. Pkt. 1.2.3.) festgestellt, dass es zu seinen Dienstpflichten zähle, die Weisung des Strategischen Leiters, am Ausbildungskurs des Bundesministeriums für Inneres für Trainer von Sicherheitsvertrauenspersonen teilzunehmen, zu befolgen.
Zu litb) des Antrages wurde in einem als "Mitteilungen außerhalb des Bescheides" übertitelten Abschnitt Folgendes ausgeführt:
"Über den zweiten Teil Ihres Bescheidbegehrens, welche Funktion Sie nach der Aufhebung des angefochtenen Bescheides über Ihre Abberufung von der Funktion des Leiters der Gruppe 3 innehaben, kann das LGK f Ktn nicht absprechen, weil nach der Entscheidung der Berufungskommission für das Abberufungsverfahren von Ihrer bisherigen Funktion das Bundesministerium für Inneres zuständig ist."
1.2.7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung, in der er neben der Abänderung des bekämpften Bescheides (Pkt. I der Berufung) auch beantragte, die Berufungsbehörde möge aussprechen, dass der Beschwerdeführer weiterhin die Funktion des Leiters der Gruppe 3 und
2. Stellvertreters des Landesgendarmeriekommandanten für Kärnten innehabe (Pkt. II der Berufung).
Mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 7. Oktober 2003 wurde die Berufung hinsichtlich Pkt. I abgewiesen und hinsichtlich Pkt. II als unzulässig zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde damit begründet, dass über diese Frage keine normative erstinstanzliche Entscheidung vorliege, die einer Überprüfung durch die Berufungsbehörde zugänglich wäre. Prozessgegenstand der Berufungsentscheidung könne immer nur die Verwaltungssache sein, die zunächst der unteren Instanz vorgelegen sei. Zudem sei darüber bereits im Verfahren vor der Berufungskommission mit der in §38 Abs7 BDG 1979 normierten Folge abgesprochen worden.
1.2.8. Mit Eingabe vom 20. November 2003, eingelangt bei der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt am 16. Jänner 2004, stellte der Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag, in dem er Folgendes ausführt:
"Der [Beschwerdeführer] hat mit dem Anbringen vom 24. Oktober 2002, eingebracht beim Landesgendarmeriekommando für Kärnten, die Erlassung eines Feststellungsbescheides [begehrt], der über die Frage abspricht,
1.
ob die Befolgung einer Weisung des strategischen Leiters (OGO Neu) zu den Dienstpflichten des [Beschwerdeführers] gehört und
2. dass der [Beschwerdeführer] die Funktion des Leiters der
Gruppe 3 und zweiten Stellvertreters des
Landesgendarmeriekommandanten für Kärnten nach Aufhebung des
Abberufungsbescheides ... durch die Entscheidung der
Berufungskommission vom 23. September 2002 ... weiterhin
ausübe.
Im Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten vom
14. Februar 2003 ... wurde im Rahmen 'Mitteilungen außerhalb des
Bescheides' dem [Beschwerdeführer] mitgeteilt, dass über den zweiten Teil des Bescheidbegehrens, der die Funktion des [Beschwerdeführers] nach der Aufhebung des angefochtenen Bescheides über seine Abberufung von der Funktion des Leiters der Gruppe 3 innehabe, das Landesgendarmeriekommando für Kärnten nicht absprechen könne, weil nach der Entscheidung der Berufungskommission für das Abberufungsverfahren von seiner bisherigen Funktion das Bundesministerium für Inneres zuständig sei.
Mit Bescheid vom 7. Oktober 2003 ... hat das Bundesministerium für Inneres den in der Berufung vom 19. Februar 2003 im Anschluss an den Berufungsantrag angeführten Antrag als unzulässig zurückgewiesen; dies mit der Begründung, dass hierüber keine normative erstinstanzliche Entscheidung vorliege, [die einer] Überprüfung durch die Berufungsbehörde zugänglich wäre.
Da sohin die zur Entscheidung berufene Behörde offenbar seit mehr als 6 Monaten säumig ist und ihrer Entscheidungspflicht gemäß §73 AVG nicht binnen 6 Monaten nachgekommen ist, stellt der [Beschwerdeführer den Antrag], die Zuständigkeit zur Entscheidung über das gegenständliche Anbringen möge auf die Berufungskommission als sachlich in Betracht kommende Überbehörde übergehen und diese möge in der Sache selbst entscheiden."
1.2.9. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom 14. April 2004 wurde dem Devolutionsantrag gemäß §73 Abs2 AVG keine Folge gegeben. Begründend wird - nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes - Folgendes ausgeführt [die im vorliegenden Zusammenhang vor allem bedeutsamen Formulierungen sind hervorgehoben]:
"§73 Abs1 und 2 AVG lauten:
'(1) Die Behörde oder der unabhängige Verwaltungssenat sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen.
(2) Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.'
...
Zur Zuständigkeit der BerK im Devolutionsverfahren hat diese wiederholt festgestellt, dass, wenn die Dienstbehörde I. Instanz innerhalb der im §73 Abs1 AVG vorgesehenen Entscheidungsfrist von sechs Monaten nicht über eine Angelegenheit der §§38, 40 und 41 Abs2 BDG bescheidmäßig abspricht, der bei der BerK eingelangte Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht zulässig und berechtigt ist ...
Wie die bereits wiedergegebene Aktenlage und die Erhebungen der BerK ergeben haben, wurde dem ASt [= Beschwerdeführer] nach der Entscheidung der BerK über die Abberufung von seinem damaligen Arbeitsplatz kein neuer Arbeitsplatz zugewiesen und wurde er mittels Weisung im Bereich des Landesgendarmeriekommandos verwendet. Der im Devolutionsweg an die BerK herangetragene Antrag, diese möge in der Sache selbst entscheiden, ist unter dem Blickwinkel zu sehen, dass das dem Antrag zugrunde liegende Begehren sich auf die Feststellung, dass der ASt seine seinerzeitige Funktion des Leiters der Gruppe 3 und zweiten Stellvertreters des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten weiter ausübe, richtet. Diese Funktion und der damit verbundene Arbeitsplatz ist jedoch aufgrund der derzeit geltenden Organisations- und Geschäftsordnung der Landesgendarmeriekommanden nicht mehr existent. Wenn der ASt nunmehr die Ansicht vertritt, dass er aufgrund der Entscheidung der BerK wieder so zu stellen sei, als wäre der Abberufungsbescheid nie erlassen worden, so darf nicht übersehen werden, dass aufgrund der erwähnten Organisationsänderung dieser Arbeitsplatz und die Funktionen nicht mehr vorhanden sind (siehe in diesem Zusammenhang die Erläuterungen zum Besoldungsreform-Gesetz RV 1577 BlgNR 18. GP). Hieran mag auch das Vorbringen des ASt, dass der bisherige Arbeitsplatz des ASt nicht ersatzlos aufgelöst, sondern dessen Aufgaben nahezu unverändert einem Planposten zugeordnet wären, nichts zu ändern. ...
Da dem ASt jedoch bis dato keine mindestens gleichwertige Verwendung im Sinne eines bewerteten Arbeitsplatzes zugewiesen worden ist und er auf dem früheren (nicht mehr existenten) Arbeitsplatz auch nicht verwendet wird, kommt die Verwendungsänderung gemäß §40 Abs2 BDG einer Versetzung im Sinne des §38 Abs2 und 3, Z1 BDG gleich und ist gemäß Abs7 leg. cit. mit Bescheid zu verfügen.
Ein derartiger Bescheid wurde jedoch bis dato nicht erlassen. Wie der Stellungnahme des BMI zu entnehmen ist, ist dies vor allem deshalb noch nicht erfolgt, weil man einerseits das schonendste Mittel im Sinne der ständigen Rechtsprechung der BerK bei der Arbeitsplatzzuweisung an den ASt zur Anwendung bringen wollte und andererseits von diesem ein Arbeitsplatz, der neben dem Kriterium der Gleichwertigkeit zum innegehabten auch räumlich näher zum Wohnort des ASt gelegen wäre, abgelehnt worden war.
Nach Ansicht der BerK ist diese Begründung für die bisherige Nichterlassung schlüssig und durch das Angebot eines gleichwertigen Arbeitsplatzes, das vom ASt auch nicht in Abrede gestellt wird, nachvollziehbar. Auf der anderen Seite sieht die BerK in der Weigerung des ASt, diesem Angebot näher zu treten, ein Verhalten, das das Verschulden der Behörde an der Verzögerung nicht ausschließlich auf diese zurückführt; im Gegenteil überwiegend wohl dem ASt anzulasten ist. Dies schon deshalb, da dem ASt - wie sich auch aus seinen Ausführungen mehrfach ableiten lässt - zweifellos bekannt war, dass die Arbeitsplätze für Beamte der Verwendungsgruppe E 1 in Kärnten schon aufgrund der erwähnten Organisationsänderung massiv reduziert worden waren und er daher nicht zuletzt schon aufgrund der langen Dauer bis zum Angebot des von ihm abgelehnten Arbeitsplatzes auch damit rechnen musste, dass mit der Ablehnung des Arbeitsplatzes ein bescheidmäßiger Abspruch - unter dem Blickwinkel der 'schonendsten Maßnahme' - jedenfalls in zeitlicher Hinsicht sich weiterhin und zwar erheblich verzögern könnte.
Hieran vermag auch das Vorbringen des ASt, er habe den angebotenen Arbeitsplatz deshalb abgelehnt, weil dieser im Zuge der Reform durch das Projekt 'Team 04' künftig abgewertet werde, nichts zu ändern. Zumindest bei den Angehörigen des Bundesministeriums für Inneres ist es als bekannt voraus zu setzen, dass hinsichtlich der Ergebnisse von 'Team 04' jedenfalls zum Zeitpunkt der Ablehnung durch den ASt keine Entscheidung vorlag - der ASt spricht selbst vom Vorschlag der Expertengruppe -; geschweige eine Bewertung der einzelnen Arbeitsplätze - die im Übrigen bis dato noch nicht vorliegt. Der ASt beruft sich somit auf einen Umstand, der bestenfalls als eine Annahme angesehen werden kann, die hinsichtlich ihres Eintritts ungewiss und allenfalls in der Zukunft gelegen ist. Es muss aber auch das Vorbringen des ASt, er habe sich um zahlreiche andere Arbeitsplätze beworben und sei dabei nicht berücksichtigt worden, ins Leere gehen, da im Zuge einer einer Versetzung gleichzuhaltenden Verwendungsänderung kein Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz, sondern ein Anspruch auf die 'schonendste Maßnahme' bei der Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes besteht. Die Anwendung 'schonendster Maßnahmen' finde[t] aber dort ihre Grenzen, wo zwingende gesetzliche Bestimmungen, wie sie im §4 Abs3 BDG normiert werden, entgegenstehen.
Gemäß §73 Abs2 AVG ist der Devolutionsantrag abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Diese Bestimmung stellt somit nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde, sondern auch auf von ihr nicht beeinflussbare Umstände, wie das Verhalten der 'Partei' ab (siehe Walter - Thienel 'Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze' 2. Auflage, Wien 1998; Erläuterungen zum §73 AVG, Ziffer 15, Seite 1623).
Da vorliegendenfalls nach Auffassung der BerK das Verhalten des ASt den Eintritt der Säumnis maßgeblich beeinflusst hat, war der Devolutionsantrag abzuweisen."
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG) sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) behauptet wird.
3. Die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 10.413/1985, 14.206/1995, 14.842/1997, 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.337/1985, 11.436/1987, 14.206/1995).
2. Ein solcher Fehler ist der belangten Behörde hier unterlaufen:
Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich ergibt (vgl. Pkt. I.1.2.9.), wurde die Abweisung des vom Beschwerdeführer eingebrachten Devolutionsantrages auf die Bestimmung des §73 Abs2 AVG, BGBl. 1991/51 in der Fassung BGBl. 1995/471, gestützt.
Diese Fassung des §73 Abs2 AVG ist aber mit 31. Dezember 1998 außer Kraft getreten. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides stand §73 Abs2 AVG vielmehr in der Fassung BGBl. I 1998/158 in Geltung. Der im vorliegenden Fall vor allem bedeutsame letzte Satz des §73 Abs2 AVG lautete demnach wie folgt:
"Er [der Devolutionsantrag] ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist." [Hervorhebung nicht im Original]
Dass sich diese Rechtslage wesentlich von jener unterscheidet, die die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid zu Grunde legte und der zu Folge es darauf ankommt, dass "die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist" [Hervorhebung nicht im Original], liegt auf der Hand.
Der vorliegende Bescheid steht somit durch ein gröbliches Verkennen der anzuwendenden Rechtslage im besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften im Widerspruch; er ist daher gesetzlos und willkürlich ergangen (vgl. VfSlg. 16.273/2001 mwN). Schon allein daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden ist; auf das weitere Beschwerdevorbringen braucht bei diesem Ergebnis nicht eingegangen zu werden.
Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von EUR 360,-- sowie die entrichtete Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von EUR 180,-- enthalten.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), Dienstrecht, Versetzung, Verwendungsänderung, Verwaltungsverfahren, Entscheidungspflicht, DevolutionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B717.2004Dokumentnummer
JFT_09949073_04B00717_00