Index
10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §85 Abs2 / MedienrechtRechtssatz
Keine Folge - Interessenabwägung
Auftrag an den ORF, gegen die Vorlage einer Bankgarantie Sendeanlagen für bundesweites terrestrisches Privatfernsehen im Mai 2003 zur Verfügung zu stellen.
Die vorliegenden Verfahrensergebnisse vermochten die Angaben der mitbeteiligten ATV Privatfernseh-GmbH nicht zu entkräften, daß sie alle für die Aufnahme des Sendebetriebes notwendigen Vorarbeiten geleistet und - mit Ausnahme des Sendenetzes - die zur Ausstrahlung eines bundesweiten Fernsehprogramms erforderlichen Einrichtungen geschaffen hat. Ihre bereits vorhandene technische Ausstattung und das zur Verfügung stehende Personal ermöglicht es, einen Sendestart im Mai 2003 zu gewährleisten. Dafür hat sie hohe Vorlaufkosten zu tragen gehabt. Eine weitere Verschiebung des Sendestarts wäre für sie mit einem erheblichen, in ihrer Äußerung näher bezifferten Vermögensschaden verbunden. Gerade diese für die Vorbereitung des Sendebetriebes zu tätigenden, erheblichen Investitionen haben den VfGH in der die Lizenzerteilung für bundesweites terrestrisches Privatfernsehen betreffenden Beschwerdesache B995/02 veranlaßt, ein überwiegendes Interesse der mitbeteiligten Partei an der möglichst raschen Aufnahme des Sendebetriebes anzunehmen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu versagen (vgl. B v 01.07.02, B995/02).
Demgegenüber vermochte der antragstellende ORF nicht hinreichend darzutun, wieso mit dem Vollzug des Bescheides für ihn ein unverhältnismäßiger, jenen der ATV Privatfernseh-GmbH überwiegender Nachteil verbunden wäre. Der von ihm bei sofortiger Umsetzung des Bescheides gegenüber einer gegebenenfalls späteren Aufhebung durch den VfGH befürchtete Nachteil wird durch den - bereits erfolgten - Erlag der Bankgarantie durch die ATV Privatfernseh-GmbH aufgewogen. Entgegen der im Antrag geäußerten Befürchtung erachtet der VfGH eine Beendigung des Rechtsverhältnisses durch die ATV Privatfernseh-GmbH im Falle der Terminüberschreitung seitens des ORF als wenig wahrscheinlich, steht dieser doch zur Ausstrahlung ihres Fernsehprogramms über die Anlagen des ORF keine Alternative zur Verfügung. Gegen die von der Antragstellerin getroffene Annahme spricht auch der Umstand, daß der Lizenzbescheid unter der Auflage erteilt wurde, einen Versorgungsgrad von mindestens 70% der Bevölkerung bis zum 01.05.03 bzw. von 75% bis zum 01.02.04 herzustellen.
Da aufgrund beschränkter Frequenzkapazitäten im Bereich des terrestrisch ausgestrahlten Fernsehens derzeit nur die Zulassung eines einzigen bundesweiten Privatrundfunkanbieters möglich und für die Aufnahme dieses Sendebetriebes die Mitbenützung der Sendeanlagen des ORF unerläßlich ist, weil Alternativen für die technische Verbreitung der Fernsehsignale realistischer Weise nicht bestehen, kommt der VfGH zum Schluß, daß die mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die mitbeteiligte ATV Privatfernseh-GmbH verbundenen Nachteile jene des ORF überwiegen; dies auch im Hinblick auf das im zwingenden öffentlichen Interesse gelegene Ziel der Privatrundfunkgesetzgebung, neue private Rundfunkanbieter neben dem öffentlich rechtlichen Rundfunk zu fördern und die Meinungs- und Medienvielfalt in Österreich zu sichern.
(In der Folge Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit B v 10.06.03 infolge Zurückziehung der Beschwerde).
Schlagworte
VfGH / Wirkung aufschiebendeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B1657.2002Dokumentnummer
JFR_09978783_02B01657_01