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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung der Disziplinarstrafe der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer eines Jahres wegen Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht und Verstoß gegen das Verbot der DoppelvertretungRechtssatz
Der Beschwerdeführer wurde weder im durch Art6 Abs2 EMRK gewährleisteten Recht auf Unschuldsvermutung verletzt, noch kann der belangten Behörde der Vorwurf gemacht werden, sie habe eine Verletzung des Art6 Abs3 litd EMRK nicht wahrgenommen.
Es sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die die Annahme rechtfertigen würden, das Verfahren vor den Disziplinarbehörden sei nicht in rechtsstaatlicher Weise abgeführt worden, etwa weil die Behörden schon von vornherein von einer Vermutung des Vorliegens einer strafbaren Handlung ausgegangen seien. Wenn der Beschwerdeführer unter diesem Aspekt vorbringt, es sei im Verfahren vor den Disziplinarbehörden unterblieben, maßgebliche Zeugen kontradiktorisch einzuvernehmen, ist ihm entgegenzuhalten, daß er selbst auf die kontradiktorische Vernehmung dieser Zeugen verzichtet hat.
Keine Verletzung im Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung durch die Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer eines Jahres (davon 9 Monate bedingt, 3 Monate unbedingt).
Der die Strafe verhängende Disziplinarrat hat die einzelnen Erschwerungsgründe mit dem Milderungsgrund des (teilweisen Tatsachen-)Geständnisses abgewogen. Selbst wenn die belangte Behörde durch die Bestätigung des Strafausmaßes "unrichtig" entschieden haben sollte (etwa weil allfällig in Betracht kommende zusätzliche Strafmilderungsgründe nicht in Ausübung des Ermessens berücksichtigt wurden), wäre dieser Umstand aufgrund des vom Verfassungsgerichtshof anzulegenden Prüfungsmaßstabes seiner Beurteilung entzogen.
Kein willkürliches Verhalten der belangten Behörde.
Der belangten Behörde kann aus Sicht des Verfassungsrechtes nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Weitergabe kanzleiinterner Informationen an eine Zeitschrift oder die Bestätigung der Authentizität eines Aktenvermerkes über kanzleiinterne Vorgänge gegenüber einem Nationalratsabgeordneten als Verschwiegenheitsverletzung iSd §9 Abs2 RAO qualifiziert. Dasselbe gilt für den Vorwurf der Doppelvertretung (§10 Abs1 RAO), wenn der Beschwerdeführer mehrere Mandatare der FPÖ in verschiedenen Gerichtsverfahren anwaltlich vertritt und im selben Zeitraum den Auftrag übernimmt, Teile eines Manuskriptes eines von seinem Mandanten Josef K verfaßten Buches zu überprüfen, obwohl zahlreiche Passagen dieses (in der Folge erschienenen) Buches gegen die FPÖ und deren Funktionäre gerichtet sind.
Schlagworte
Erwerbsausübungsfreiheit, Rechtsanwälte, Disziplinarrecht, Beweise, ZeugenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B1755.2002Dokumentnummer
JFR_09969775_02B01755_2_01