RS Vfgh 2003/2/27 V74/02

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 27.02.2003
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
StGG Art5
Bebauungsplan Nr 51/br. Höttinger Au, des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 23.07.87
Tir RaumOG 1984 §28 Abs2
Tir RaumOG 1997 §114 Abs1

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit eines Bebauungsplanes hinsichtlich der Festlegung einer Verkehrsfläche durch Straßenfluchtlinien; angemessene Berücksichtigung wesentlicher privater Interessen anderer bei Änderung des ursprünglichen Bebauungsplanes

Rechtssatz

Die belangte Behörde hat im Anlassfall den in Rede stehenden Bebauungsplan Nr 51/br bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zur Gänze sondern nur insoweit angewendet, als sie die Straßenfluchtlinien - nördlich und südlich der "Mittelstraße" - entlang des Grundstücks Nr 1799 festlegt.

Das Original des Bebauungsplans lässt die Parzellennummer des Grundstücks Nr 1799 nicht erkennen. Daher ist es notwendig, den Bereich der präjudiziellen Festlegung anhand anderer planlicher Merkmale abzugrenzen. Die Verordnung war daher anzuwenden, soweit sie im Osten die gelb gefärbelte Verkehrsfläche durch Straßenfluchtlinien begrenzt.

Im Übrigen Einstellung des Verfahrens.

Auf die Festlegung der maßgeblichen Straßenfluchtlinien im Bebauungsplan Nr 51/br vom 23.07.87 war gemäß §114 Abs1 Tir RaumOG 1997 im Verwaltungsverfahren - noch - Bedacht zu nehmen.

Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck hat die Verkehrsfläche mangels Funktion als Hauptverkehrsfläche zu Recht durch Straßenfluchtlinien im Bebauungsplan und nicht durch die Widmung "Verkehrsfläche" im Flächenwidmungsplan festgelegt. Insofern sieht das Tir RaumOG 1997 keine Antragsmöglichkeit auf Aufhebung der Festlegung der Straßenfluchtlinien im Bebauungsplan nach Ablauf von zehn Jahren vor.

Ein Zeitraum von zwölf Jahren zwischen der Festlegung der Straßenfluchtlinien im Bebauungsplan Nr 51/br und der Bescheiderlassung, in dem das Straßenprojekt noch nicht (zur Gänze) in Angriff genommen wurde, ist noch angemessen.

Die erst drohende, zum tatsächlichen Straßenbau notwendige Enteignung eines 1,5 m breiten Teilstücks des Grundstücks der Beschwerdeführerin und die Festlegung einer Straßenfluchtlinie - ohne Festlegung der Widmung Verkehrsfläche - bildet keinen in seiner Schwere mit der Enteignung eines ganzen Grundstückes vergleichbaren Eigentumseingriff.

Es besteht auch weiterhin ein öffentliches Interesse an der Verwirklichung der Verkehrsfläche, die bereits im Verkehrskonzept 1987 mit dem im Bebauungsplan durch Straßenfluchtlinien festgelegten Verlauf vorgesehen war.

Keine Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck, Bebauungsplan Nr 51/br, Höttinger Au, im westlichen Bereich zwischen Fürstenweg und Tiergartenstraße, vom 23.07.87, soweit sie im Osten die Grenze der gelb gefärbelten Verkehrsfläche durch Straßenfluchtlinien festlegt.

Ein Verkehrskonzept, das für den Stadterweiterungsbereich eine Rad- und Fußwegachse vorsieht, kann zwar für die erstmalige Erschließung oder die im öffentlichen Interesse verbesserte Erschließung einen wichtigen Grund darstellen, jedoch nicht für die vorgenommene - im Bebauungsplan Nr 51/br durch Straßenfluchtlinien festgelegte - Verlegung der Straße. Die Änderung des Bebauungsplanes wurde somit - abgesehen von der Verbreiterung der Tiergartenstraße um eine Fahrradspur - gemäß §28 Abs2 Tir RaumOG 1984 zugunsten der antragstellenden Genossenschaft, in deren Eigentum sich jedenfalls das Grundstück Nr 1800/2 befindet, vorgenommen, ua um die Straße, die vor Änderung des Bebauungsplanes westlich des Grundstückes Nr 1800/4 verlief, "38 m nach Osten" zu verlegen. Im Ergebnis wurde jedoch gemäß §28 Abs2 zweiter Satz Tir RaumOG 1984 angemessen berücksichtigt, ob wesentliche private Interessen anderer berührt wurden.

Die Festlegung der Straßenfluchtlinien nimmt das Grundstück der Beschwerdeführerin nur in einer Breite von 1,5 m in Anspruch, hingegen die Grundstücke Nr 1800/3/4/6 und 7 in einer Breite von 4 m. Das Interesse der Eigentümer der westlich von der ursprünglich (im Bebauungsplan Nr 51/s) zwischen "Mittelstraße" und Tiergartenstraße geplanten Straße gelegenen Grundstücke, durch die Verlegung der Straße nach Osten nun nicht durch die Festlegung der Straßenfluchtlinien in ihrem Eigentumsrecht beschränkt zu werden, steht zwar dem Interesse der Beschwerdeführerin, ebenso nicht durch die Festlegung von Straßenfluchtlinien in ihrem Eigentumsrecht beschränkt zu werden, gegenüber. Das Interesse der Eigentümer der Grundstücke Nr 1800/2 und 1800/3 - bei gleicher Erschließungsfunktion - nicht durch einen längeren Verlauf der "Mittelstraße" auf zwei Grundstücksseiten belastet zu werden, überwiegt jedoch das Interesse der Beschwerdeführerin am ursprünglichen Verlauf der Straße.

(Anlassfall: B1430/99, B v 27.02.03, Ablehnung der Behandlung der Beschwerde).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, Eigentumseingriff, Übergangsbestimmung, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:V74.2002

Dokumentnummer

JFR_09969773_02V00074_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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