RS Vfgh 2003/3/13 B1182/02 - B1329/02

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Veröffentlicht am 13.03.2003
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Index

10 Verfassungsrecht
10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

StGG Art12 / Versammlungsrecht
EMRK Art11
AVG §13 Abs5
VersammlungsG §2

Leitsatz

Verletzung der Versammlungsfreiheit durch die Feststellung der nicht rechtzeitigen Anzeige einer Versammlung infolge Einlangens der per Telefax eingebrachten Anzeige erst nach Ende der Amtsstunden; Gleichsetzung mit Regelung der Einbringung von Eingaben während und außerhalb der Amtsstunden im Allgemeinen Verwaltungsverfahren nicht zulässig

Rechtssatz

Verletzung der Versammlungsfreiheit auch durch Verfahrensmängel.

VfSlg 15858/2000 zur Rechtzeitigkeit einer per Telefax eingebrachten Berufung hier nicht relevant:

Maßgeblich für diese Entscheidung war nämlich der Umstand, dass (der die Erhebung der Berufung regelnde) §63 Abs5 erster Satz AVG auf das Einbringen abstellt; gemäß dem im vorliegenden Fall relevanten §2 VersammlungsG kommt es hingegen auf das Einlangen (der Anzeige) an.

Zur Beurteilung des Zeitpunkts des Einlangens der Anzeige iS des §2 VersammlungsG hat die belangte Behörde die allgemeine Vorschrift des §13 Abs5 AVG (in der im Zeitpunkt der Tatbegehung in Geltung stehenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl I 158/1998) herangezogen, wonach (ua) mit Telefax eingebrachte Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangen, erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als bei ihr eingelangt gelten.

Bei dieser Rechtsanwendung hat die belangte Behörde übersehen, dass §2 VersammlungsG die speziellere Regelung gegenüber §13 Abs5 AVG darstellt. §2 VersammlungsG regelt nicht die Einbringung innerhalb einer bestimmten Frist, wie das §13 AVG vor Augen hat, sondern stellt nur auf den Zeitpunkt des faktischen Einlangens der Versammlungsanzeige bei der Behörde ab, wobei die Bestimmung sichtlich davon ausgeht, dass gerade bei diesen Behörden entsprechende Vorkehrungen zur jederzeitigen Entgegennahme von Anzeigen getroffen sind: Sinn und Zweck der im §2 VersammlungsG festgelegten Anzeigefrist von 24 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung der Versammlung ist es, einerseits der Versammlungsbehörde die Beurteilung zu ermöglichen, ob ein Untersagungsgrund iS des §6 VersammlungsG vorliegt, und ihr die notwendige Zeit einzuräumen, um allenfalls erforderliche Vorkehrungen zur Sicherung des ungehinderten Verlaufs der Versammlung zu treffen, andererseits aber auch zu gewährleisten, dass auch kurzfristig mittels Abhaltung einer Versammlung auf aktuelle Ereignisse reagiert werden kann (zum Begriff der Spontanversammlung vgl VfSlg 14366/1995).

Ebenso: E v 13.03.03, B1329/02.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Versammlungsrecht, Verwaltungsverfahren, Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B1182.2002

Dokumentnummer

JFR_09969687_02B01182_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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