Index
31 BundeshaushaltNorm
B-VG Art140 Abs1 / PrüfungsumfangLeitsatz
Stattgabe der Anfechtung der Regelung eines Zweckzuschusses des Bundes für das Land Kärnten für die Drautal Straße durch das Land Tirol wegen sachlich nicht gerechtfertigter Mißachtung der artikulierten Interessenlage des Bundeslandes Tirol bzw der Bevorzugung des Bundeslandes Kärnten; Bedarfsfeststellung für 1999 ebenfalls keine sachliche Rechtfertigung der gänzlichen Außerachtlassung des Tiroler Projektes betreffend den Ausbau der B 100 im Raum TirolRechtssatz
Zulässigkeit des Antrags der Tiroler Landesregierung auf Aufhebung der Wortfolge "in der Höhe von 62,135 Millionen Euro an das Land Kärnten und" in §4a Abs5 ZweckzuschussG 2001.
Von der Tiroler Landesregierung wird lediglich die Gewährung eines Sonderzuschusses an das Land Kärnten bekämpft, da diese Zuwendung allein an das Land Kärnten unsachlich sei und daher gegen §4 F-VG 1948 verstoße. Die Tiroler Landesregierung geht zulässigerweise davon aus, daß es sich dabei um eine Spezialfrage handelt, die (zumindest zunächst) unabhängig von der allgemeinen Übertragung des Bau- und Erhaltungsbudgets an die Länder und seiner länderinternen Aufteilung beurteilt und daher auch isoliert auf ihre Verfassungsmäßigkeit untersucht werden kann.
Die Wortfolge "in der Höhe von 62,135 Millionen Euro an das Land Kärnten und" in §4a Abs5 ZweckzuschussG 2001, BGBl 691/1988 idF BGBl I 50/2002, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Der Gerichtshof betrachtet §4 F-VG 1948 als Konkretisierung des Gleichheitssatzes für das Gebiet des Finanzausgleiches und als Ausdruck eines allgemeinen Sachlichkeitsgebotes (Gerechtigkeitsgebotes) im Bereich des finanzausgleichsrechtlichen Regelungssystems (VfSlg 9280/1981, 10633/1985).
Das ZweckzuschussG 2001, BGBl 691/1988 idF BGBl I 3/2001, in das durch BGBl I 50/2002 die von der antragstellenden Landesregierung teilweise angefochtene Norm eingefügt wurde, ist ein Gesetz mit typisch finanzausgleichsrechtlichem Inhalt. Es ist somit Teil der Finanzausgleichsordnung und nach jenen Kriterien zu beurteilen, die der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur hiezu entwickelt hat (vgl VfSlg 12832/1991 und 14262/1995).
Die hier strittige Frage betrifft die finanzausgleichsrechtlichen Konsequenzen der sog "Verländerung" der Bundesstraßen B. Die dafür getroffene Lösung ist dadurch gekennzeichnet, daß einerseits das bisherige Bau- und Erhaltungsbudget des Bundes für diese Straßen für die Jahre bis 2008 im Wege eines Zweckzuschusses den Ländern zur Verfügung gestellt und auf diese nach einem Prozentschlüssel aufgeteilt wird. Auf der anderen Seite ist Teil dieser Regelung eine Sonderbehandlung von zwei bisherigen Bundesstraßen (Bregenzerwald Straße und Drautal Straße) in der Form der Gewährung besonderer Zweckzuschüsse zum Ausbau dieser Straßen.
Es ist davon auszugehen, daß im vorliegenden Fall eine finanzausgleichsrechtlich relevante Einigung zwischen dem Bund und der Gesamtheit der Länder über die finanziellen Folgen der "Verländerung" der Bundesstraßen zustande kam. Somit kann auch - im Sinne der Vorjudikatur - grundsätzlich von der Vermutung der sachlichen Richtigkeit des Ergebnisses dieser Einigung im Hinblick auf §4 F-VG 1948 ausgegangen werden.
Auf Grund der vorgelegten Unterlagen und der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 06.03.03 ergibt sich aber im vorliegenden Fall - Sonderfinanzierung für die B 100 Drautal Straße nur für das Land Kärnten, keine Zuschüsse für den Ausbau derselben Straße im Bundesland Tirol - im Sinne der Entscheidung VfSlg 12505/1990 das Bild einer Mißachtung der artikulierten Interessenlage eines Bundeslandes (Tirol) bzw der Bevorzugung eines anderen Bundeslandes (Kärnten).
Es ist aus den vorgelegten Unterlagen auch nicht ableitbar, daß der Sonderzuschuß für Kärnten seine Begründung und allenfalls Rechtfertigung etwa darin finden könnte, daß dieses Bundesland bei der Festlegung der Prozentsätze für die Verteilung des allgemeinen Zweckzuschusses benachteiligt wurde, so daß der Sonderzuschuß als Kompensation hiefür angesehen werden könnte.
Sonderzuschuß Kärntens auch durch die Bedarfsfeststellung 1999 sowie durch Kostensteigerungen und Umplanungen nicht gerechtfertigt.
Auf der Basis der Bedarfsfeststellung 1999 hätten mit dem letztlich gewährten Zuschuß von ATS 855 Mio. sämtliche Kärntner Bauprojekte im Zuge der B 100 finanziert werden können. In diesem Fall hätte aber die artikulierte Forderung Tirols nach Finanzierung eines wichtigen Projektes der Stufe 2 im Zuge dieser Straße - Umfahrung Sillian - nicht ignoriert werden dürfen.
Die angefochtene Wortfolge war daher wegen Verstoßes gegen §4 F-VG 1948 aufzuheben. Der Gerichtshof geht dabei davon aus, daß der Bund im Hinblick auf die mit den Ländern getroffene Vereinbarung den Zweckzuschuß zum Ausbau der Drautal Straße erneut zu gewähren und hiebei die Bauvorhaben im Tiroler Teil der B 100 entsprechend ihrer Bedeutung im Verhältnis zu den Kärntner Projekten angemessen zu berücksichtigen hat.
Schlagworte
Finanzverfassung, Finanzzuweisungen, Zuschüsse, Finanzausgleich, Straßenverwaltung, Bundesstraße, Landesstraße, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:G248.2002Dokumentnummer
JFR_09969687_02G00248_01