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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Anwendung einer infolge fehlender Kundmachung rechtlich nicht existenten Verordnung bei Zuteilung einer Mülltonne an einen Haushalt auf Grund der Bestimmungen der nicht kundgemachten Müllabfuhrordnung einer GemeindeRechtssatz
Die im bekämpften Bescheid angewendeten Bestimmungen des §4 Abs2 lita und "§5" [gemeint wohl §4 Abs5 litb] wurden in der angewendeten Fassung - in der der Müllcontainer mit einem Fassungsvermögen von 80 l eingeführt werden sollte - laut Niederschrift der Gemeinderatssitzung vom 07.05.97 weder beschlossen, noch waren sie von der Kundmachung der Verordnung vom 07.05.97 durch Anschlag an der Amtstafel vom 15.05.97 bis 13.06.98 erfasst. Die von der Stmk GdO 1967 (§92) vorgesehenen Bestimmungen über die Kundmachung einer Verordnung wurden somit bezüglich §4 Abs2 lita und Abs5 litb nicht eingehalten. Die von der belangten Behörde angewendete Fassung der Verordnungsbestimmungen war lediglich als Entwurf mit der Einladungskurrende zur Gemeinderatssitzung vom 07.05.97 an die Gemeinderäte übermittelt worden. §4 Abs1 lita und Abs5 litb wurden in der angewendeten Fassung auch - nach dem Vorbringen der Gemeinde - nicht in sonstiger Weise - wie etwa einer Verlautbarung in einem Kundmachungsblatt - den Normadressaten zur Kenntnis gebracht.
Rechtsverordnungen müssen aber, um rechtliche Existenz zu erlangen, jedenfalls in einer ein Mindestmaß an Publizität gewährleistenden Form behördlich kundgemacht werden.
Bezüglich der angewendeten Bestimmung des §4 Abs2 lita (ebenso Abs5 litb) der Müllabfuhrordnung in der Fassung der Änderung vom 07.05.97 ist also dem aus dem Rechtsstaatsprinzip erfließenden Gebot, dass Verordnungen, damit sie überhaupt als Bestandteil der Rechtsordnung existent werden, behördlich kundgemacht wurden müssen, nicht entsprochen worden (vgl VfSlg 7375/1974). Diese Bestimmungen erlangten auch sonst nicht jenes Mindestmaß an Publizität, das erforderlich wäre, um sie zu einem Bestandteil der Rechtsordnung werden zu lassen. Es genügt für die ausreichende Publizität auch nicht, dass die angewendete Verordnungsstelle dem Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens über die Zuteilung einer 80-l-Tonne bekannt geworden ist.
Dazu kommt, dass die genannten Bestimmungen der Müllabfuhrordnung in dieser Fassung auch nur kurze Zeit angewendet wurden, da der Gemeinderat der Gemeinde Tillmitsch am 22.12.98 ua. §4 Abs2 lita und Abs5 litb - unter Einführung des Müllcontainers von 80 l - beschloss und diese Änderung durch Anschlag an der Amtstafel vom 22.12.98 bis 12.01.99 kundmachte.
Eine in diesem Verfahren maßgebliche Heilung der fehlenden Kundmachung durch den kundgemachten Beschluss des Gemeinderates der Gemeinde Tillmitsch vom 22.12.98 kann deshalb nicht angenommen werden, da nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sich die rechtliche Beurteilung von Bescheiden nach der Rechtslage am Tage ihrer Zustellung (bei Vorstellungsbescheiden nach dem Tage der Zustellung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides) zu richten hat.
Keine Rechtsverletzung durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm; rechtlich nicht existente Verordnung nicht Gegenstand eines Verordnungsprüfungsverfahrens.
Schlagworte
Abfallwirtschaft, Rechtsstaatsprinzip, Verordnung, Kundmachung, VfGH / Prüfungsgegenstand, Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), SanierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B1238.2000Dokumentnummer
JFR_09969389_00B01238_01