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97 VergabewesenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch denkunmögliche Gesetzesauslegung bei Abweisung eines Antrags eines ausgeschiedenen Bieters auf Feststellung der Zuschlagserteilung nicht an den Bestbieter; auch amtswegig aufgegriffene Rechtswidrigkeit mögliche Grundlage eines Schadenersatzanspruches wegen schuldhafter Verletzung des VergaberechtsRechtssatz
In dem auf Grund der gegenständlichen Beschwerde eingeleiteten, zu den Zahlen G217/02, V53/02 protokollierten Normenprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof mit E v 24.09.02 ausgesprochen, dass die geprüften Wortfolgen in §14 Abs1 Z3 BundesvergabeG 1997 und §2 Abs1 Z2 der ErstreckungsV 2000 verfassungs- bzw. gesetzwidrig waren. Diese Entscheidung vermag aber der beschwerdeführenden Gesellschaft im Bescheidprüfungsverfahren (noch) nicht zum Erfolg zu verhelfen, da es nach Lage des Falles ausgeschlossen ist, dass die beschwerdeführende Gesellschaft durch den Bescheid infolge Anwendung der als verfassungs- bzw. gesetzwidrig erkannten Wortfolgen in ihrer Rechtssphäre nachteilig betroffen wurde: Das Bundesvergabeamt (BVA) hat seine Zuständigkeit zur Erlassung des angefochtenen Bescheides bejaht. Die Nichtanwendung der geprüften und als verfassungs- bzw. gesetzeswidrig qualifizierten Wortfolgen hat im vorliegenden Fall nichts an dieser Zuständigkeit geändert.
Im angefochtenen Bescheid wird jedoch eine (mittelbar auf die Erlangung von Schadenersatz gerichtete) Sachentscheidung über das Vorbringen der Beschwerdeführerin mit der Begründung verweigert, dass das Vergabeverfahren bereits aus einem anderen als dem geltend gemachten Grund an Rechtswidrigkeit gelitten habe. Ein solches Rechtsverständnis widerspricht dem Sinngehalt des §122 Abs1 BundesvergabeG, weil dadurch der Ersatz eines etwaig entstandenen Vertrauensschadens der beschwerdeführenden Gesellschaft trotz festgestellter Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens (in concreto: der Ausschreibung) verhindert wird. Das BVA hätte in der gegebenen Situation vielmehr die Auswirkung der festgestellten Rechtswidrigkeit der Ausschreibung im Hinblick auf die Zuschlagserteilung zu untersuchen gehabt. Denn auch das Vorliegen einer vom betreffenden Bieter selbst nicht gerügten, vielmehr amtswegig aufgegriffenen Rechtswidrigkeit ändert nichts daran, dass der Bieter durch jene Rechtswidrigkeit in seiner Vermögenssphäre nachteilig betroffen sein kann. Das amtswegige Aufgreifen der Rechtswidrigkeit darf dem Bieter jedenfalls nicht zum Nachteil gereichen, wenn er im Falle einer rechtskonformen Ausschreibung eine entsprechende Chance auf Zuschlagserteilung gehabt hätte bzw. eine solche nicht auszuschließen gewesen wäre.
Da es nach Lage des vorliegenden Falles nicht ausgeschlossen ist, dass das BVA bei rechtskonformer Behandlung des mit Spruchpunkt 1. erledigten Antrags auch hinsichtlich des mit Spruchpunkt 2. (Zurückweisung wegen Unzulässigkeit der Veränderung des Verfahrensgegenstandes) entschiedenen, geänderten Begehrens zu einer anderen Beurteilung gekommen wäre, war der Bescheid zur Gänze aufzuheben.
Siehe auch E v 27.06.03, B1044/01; hier allerdings Zurückweisung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 2. mangels Beschwer durch Abweisung des Antrags des Auftraggebers auf Feststellung der Chancenlosigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaften auch im Fall der Einhaltung der Bestimmungen des BundesvergabeG; kein Eingehen auf Bedenken gegen die Antragsfrist in §115 Abs4 unter Verweis auf E v 02.03.02, B1426/99.
Kostenzuspruch.
Dem Antrag auf Zuspruch von Streitgenossenzuschlag war nicht Folge zu geben, weil es sich bei im verfassungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Parteien nicht um Streitgenossen iSd §15 RechtsanwaltstarifG handelt (VfGH 14.03.01, B1886/98; 12.12.01, B346/01 ua.).
Hingegen kein Kostenzuspruch in B1044/01:
Kosten waren nicht zuzusprechen, da die beschwerdeführenden Gesellschaften mit ihrer Beschwerde nur zur Hälfte erfolgreich waren und dementsprechend zu verpflichten gewesen wären, der mitbeteiligten Partei Bund die Hälfte ihres Kostenaufwandes zu ersetzen. Da der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) seinerseits den beschwerdeführenden Gesellschaften die Hälfte des Pauschalsatzes zu ersetzen gehabt hätte, waren die Kosten gegeneinander aufzuheben.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, Bescheid Trennbarkeit, EU-Recht Richtlinie, Rechtsschutz, Vergabewesen, VfGH / Anlaßverfahren, VfGH / Feststellung Wirkung, VfGH / Kosten, VfGH / Legitimation, VfGH / Beteiligter, VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B1301.2000Dokumentnummer
JFR_09969374_00B01301_01