RS Vfgh 2003/6/26 G240/02, V60/02

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Veröffentlicht am 26.06.2003
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
EG Art10
EG Art87, Art88
ElWOG §69 idF BGBl I 121/2000
EnergieliberalisierungsG Art7
Richtlinie 96/92/EG vom 19.12.96 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt Art24
Verordnung des BMwA über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen, BGBl II 354/2001 - Stranded Costs-VO II
Verordnung EG Nr. 659/1999 des Rates vom 22.03.99 über besondere Vorschriften für die Anwendung von .ex-.Art93 des EG-Vertrags

Leitsatz

Ausreichende Determinierung einer Verordnungsermächtigung im Elektrizitätswirtschaftsorganisationsgesetz betreffend Aufbringung und Gewährung von Betriebsbeihilfen für den Ausgleich von sogenannten "stranded costs" im Hinblick auf die nach Gemeinschaftsrecht erforderlichen Voraussetzungen für die Gewährung staatlicher Beihilfen; Zurückweisung des Antrags der Burgenländischen Landesregierung auf Aufhebung einer Beihilfenverordnung wegen zu engen Anfechtungsumfanges

Rechtssatz

Zulässigkeit des Eventualantrags auf Aufhebung des §69 Abs1 bis Abs8 ElWOG.

Die Bestimmungen des Abs1 bis Abs8 des §69 ElWOG bilden eine untrennbare Einheit. Der Hauptantrag der Burgenländischen Landesregierung (a) und alle Eventualanträge, die nicht auch die Aufhebung des §69 Abs1 bis Abs8 ElWOG zur Gänze begehren (b,c,f,g), sind daher unzulässig. Die geltend gemachten Bedenken richten sich ausschließlich gegen das System der Beihilfenaufbringung und -gewährung. Die Bestimmungen über die Weitergeltung von Stromlieferungsverträgen (§69 Abs9 bis Abs11 ElWOG) sind von diesen Bedenken nicht erfasst und stehen auch nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit den Regelungen des §69 Abs1 bis Abs8. Daher ist auch der Eventualantrag e) auf Aufhebung des §69 ElWOG zur Gänze unzulässig.

Abweisung des Antrags der Burgenländischen Landesregierung auf Aufhebung des §69 Abs1 bis Abs8 ElWOG idF BGBl I 121/2000.

Im Zuge des mit der Europäischen Kommission abgeführten Verfahrens musste der Gesetzgeber zur Kenntnis nehmen, dass er keine Übergangsregelung gemäß Art24 der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, sondern eine Beihilfenregelung im Sinne des Art88 EG für die Kompensation der Stranded Costs werde treffen müssen. Er reagierte auf die neue Situation mit einer Neufassung des §69 ElWOG durch Art7 des EnergieliberalisierungsG BGBl I 121/2000 und knüpfte die Verordnungsermächtigung für die Stranded-Costs-Vergütung an die Anerkennung der nicht rentablen Investitionen und Rechtsgeschäfte durch die Europäische Kommission gemäß Art88 EG. Mit dieser Regelung stellte der Gesetzgeber nicht bloß auf ein in der Zukunft liegendes Verhandlungsergebnis der Republik Österreich mit der Europäischen Kommission ab, sondern machte damit auch die nach Gemeinschaftsrecht erforderlichen Voraussetzungen für die Gewährung staatlicher Beihilfen zum Inhalt seiner gesetzlichen Verordnungsermächtigung. Diese beschränkt sich aber nicht nur auf das Erfordernis der Genehmigung von Beihilfenregelungen durch die Kommission, sondern enthält in §69 Abs3 ElWOG auch inhaltliche Determinanten für eine Verordnung. Schließlich vermögen auch die in §69 Abs1 enthaltenen Verfahrensanordnungen zur Determinierung der Verordnung beizutragen.

Selbst wenn das Gesetz mehrere durch Verordnung auszugestaltende Lösungen für die Stranded-Costs-Vergütung erlaubte, wäre darin allein ein Widerspruch zu Art18 Abs2 B-VG nicht zu erblicken. Der Verfassungsgerichtshof kann daher insgesamt nicht - wie die Burgenländische Landesregierung meint - ein "völliges Fehlen von inhaltlichen Vorgaben" des §69 Abs1 ElWOG für den Verordnungsgeber feststellen. Die Verordnungsermächtigung erweist sich daher im Lichte des Art18 Abs2 B-VG als noch ausreichend.

Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung von Teilen der Verordnung des BMwA über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen, BGBl II 354/2001, wegen zu engen Anfechtungsumfanges.

Die Aufhebung im beantragten Umfang hätte zur Folge, dass der verbleibende Rest der angefochtenen Verordnung zwar die Unternehmen bezeichnet, denen zur Abdeckung von Erlösminderungen iSd §1 Abs1 eine Beihilfe gewährt wird (§2), und festlegt, dass zur Abdeckung von Erlösminderungen für Investitionen oder Rechtsgeschäfte gemäß §3 der Verordnung den im §2 genannten Unternehmen bis 31.12.06 Beihilfen zu gewähren sind. Ebenso geregelt bliebe der Höchstbetrag der Beihilfen und die Aufteilung des Höchstbetrages auf die im §2 genannten Unternehmen. Der gesamte Aufbringungsmechanismus würde jedoch entfallen. Da die Gewährung von Beihilfen in untrennbarem Zusammenhang mit dem im §69 ElWOG vorgezeichneten System zur Aufbringung der Beihilfen, nämlich durch Beiträge der zugelassenen Kunden steht, ist der Hauptantrag unzulässig. Gleiches gilt für alle Eventualanträge, weil sie die Aufhebung des Aufbringungsmechanismus unter Beibehaltung der Beihilfenregelung begehren.

Entscheidungstexte

  • G 240/02,V 60/02
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 26.06.2003 G 240/02,V 60/02

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, EU-Recht, EU-Recht Richtlinie, Legalitätsprinzip, VfGH / Prüfungsumfang, Determinierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:G240.2002

Dokumentnummer

JFR_09969374_02G00240_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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