RS Vfgh 2003/6/27 V97/00

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 27.06.2003
beobachten
merken

Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
Flächenwidmungsplanänderung des Gemeinderates der Gemeinde Tux vom 23.02.98
Tir GemeindeO 1966 §33 Abs2 litd
Tir RaumOG 1997 §36 Abs1 lite
Tir RaumOG 1997 §43
Tir RaumOG 1997 §108 Abs4
Tir RaumOG 1997 §109 Abs5

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung betreffend die Widmung eines Grundstücks als "Gastgewerbebetrieb"; keine Teilnahme eines befangenen Gemeinderatsmitgliedes an der Beschlussfassung; Zulässigkeit der neuerlichen Festlegung einer Sonderfläche nach gesetzlich gebotener Aufhebung der bestehenden ungenützten Sonderflächenwidmung; keine Bedenken gegen die Umwidmung eines geringfügigen Teils des Grundstückes von Freifläche in Sonderfläche; kein Widerspruch der Festlegung "Gastgewerbebetrieb" zum Gebot der genauen Festlegung des jeweiligen besonderen Verwendungszweckes nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1997

Rechtssatz

Die Tir GemeindeO 1966 sieht eine Willensbildung des Gemeinderates über das Bestehen eines "wichtigen Grundes" iSd §33 Abs2 litd leg cit (der geeignet wäre, die volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen) vor. Da der Gemeinderat - offenbar in Kenntnis der Tatsache, dass ein bei der Beratung anwesendes Gemeinderatsmitglied Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft, deren Grundstück Gegenstand der Beschlussfassung des Gemeinderates war, besitzt - keine Entscheidung über das Vorliegen eines "sonstigen wichtigen Grundes" getroffen hat, ist davon auszugehen, dass an der Beschlussfassung des Gemeinderates der Gemeinde Tux vom 23.02.98 zur Erlassung der bekämpften Verordnung, jedenfalls kein iSd §33 Abs2 litd leg cit befangenes Gemeinderatsmitglied teilgenommen hat.

Abweisung des Antrags des VwGH auf Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Tux vom 23.02.98 betr Änderung des Flächenwidmungsplanes im Bereich des Grundstücks Nr 1713/13, KG Tux (Sonderflächenwidmung "Gastgewerbebetrieb").

Es ist weder dem Wortlaut des Tir RaumOG 1997 zu entnehmen, noch wäre es sachlich gerechtfertigt, §43 Abs4 und §109 Abs5 Tir RaumOG 1997 den Inhalt zu unterstellen, dass der Verordnungsgeber nach Aufhebung einer ungenützten Sonderfläche für dieses Grundstück jedenfalls keine Sonderfläche mehr festlegen darf. Er wird durch die seit 01.01.97 bestehende gesetzliche Verpflichtung zur Aufhebung einer ungenützten Sonderflächenwidmung - die Widmungen von Sonderflächen auf Vorrat verhindern will - lediglich dazu angehalten, zu prüfen, ob innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen einerseits die Voraussetzungen der Festlegung noch gegeben sind und andererseits die Planungsabsicht in Bezug auf ein bestimmtes als Sonderfläche gewidmetes Grundstück noch aufrechterhalten wird; erst im Zuge einer durchzuführenden Grundlagenforschung kann sich herausstellen, ob es innerhalb des planerischen Gestaltungsspielraums der Gemeinde zulässig ist, eine andere Widmung oder erneut die Widmung Sonderfläche festzulegen. Dass die Grundlagenforschung mangelhaft war oder fehlte und die neuerliche Festlegung einer Sonderfläche angesichts der Lage des Grundstückes oder des fehlenden Bedarfs unzulässig war, behauptet der Verwaltungsgerichtshof nicht.

Der Verfassungsgerichtshof hegt auch keine Bedenken gegen die Umwidmung eines geringfügigen Teils des Grundstückes von Freiland in Sonderfläche. Denn diese Umwidmung stellt einerseits eine zulässige Arrondierung zugunsten einer für das Grundstück einheitlichen Widmung dar; andererseits war die Korrektur infolge der Ungenauigkeit des Plans notwendig.

Die Gemeinde Tux durfte zulässigerweise davon ausgehen, dass die Festlegung einer Freilandfläche ohne Rücksicht auf die Parzellengrenzen - die Freilandfläche ragt geringfügig in das Grundstück Nr 1713/13 hinein - und ohne genau erkennbare Grenzziehung zur Widmung Sonderfläche gesetzwidrig war. Daher war eine Korrektur der Widmung insoweit zulässig.

Der Verfassungsgerichtshof hegt weiters keine Bedenken gegen die Genauigkeit der Festlegung "Gastgewerbebetrieb", da hinreichend bestimmbar ist, was unter einem Gastgewerbebetrieb zu verstehen ist (vgl §111 GewO 1994).

Würde man vom Verordnungsgeber fordern, er müsse die Sonderwidmung auf eine bestimmte Betriebsart eines Gastgewerbebetriebes beschränken, so könnte die Festlegung in Widerspruch zum Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung geraten.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Gemeinderecht, Gemeinderat, Erwerbsausübungsfreiheit, Befangenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:V97.2000

Dokumentnummer

JFR_09969373_00V00097_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten