RS Vfgh 2003/9/29 G385/02

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Veröffentlicht am 29.09.2003
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

EMRK Art8 Abs2
DSG §11
DSG 2000 §1
SicherheitspolizeiG §65 ff
SicherheitspolizeiG §80

Leitsatz

Verstoß des generellen Ausschlusses des Auskunftsrechts betreffend erkennungsdienstliche Daten (zB einer DNA-Untersuchung) im Sicherheitspolizeigesetz gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Auskunft nach dem Datenschutzgesetz

Rechtssatz

Die Wortfolge "§11 und" in §80 SicherheitspolizeiG, BGBl 566/1991, war verfassungswidrig.

Gemäß §65 Abs5 SicherheitspolizeiG sind die Sicherheitsbehörden verpflichtet, jeden, den sie erkennungsdienstlich behandeln, schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen, wie lange erkennungsdienstliche Daten aufbewahrt werden und welche Möglichkeiten vorzeitiger Löschung (§73 und §74) bestehen. Darin erschöpft sich die Information des Betroffenen. Welche Daten konkret ermittelt wurden, sowie weitere Informationen iSd §1 Abs3 Z1 DSG 2000 sind nicht vorgesehen.

Eine andere Regelung als die des §80 SicherheitspolizeiG bestand nicht. Der durch diese Bestimmung normierte - generelle - Ausschluss des (selbst einfachgesetzlichen) Auskunftsrechts widerspricht der Verfassungsbestimmung des §1 Abs3 Z1 DSG 2000.

Für den Verfassungsgerichtshof ist nicht ersichtlich, dass diese Beschränkung des Auskunftsrechts gemäß §1 Abs4 iVm Abs2 DSG 2000 aus einem der in Art8 Abs2 EMRK angeführten Gründe notwendig wäre, zumal auch im Verfahren nichts vorgebracht wurde. Es mag zwar sein, dass fallweise die Verweigerung der Auskunft gegenüber dem Betroffenen - nach Abwägung des öffentlichen Interesses an der Verweigerung der Auskunft gegenüber dem Interesse des Betroffenen am Erhalt derselben - aus einem der in Art8 Abs2 EMRK angeführten Gründe notwendig wäre; eine solche Notwendigkeit würde jedoch nicht einen generellen Ausschluss des Auskunftsrechts, wie er durch die Regelung des §80 SicherheitspolizeiG vorgesehen ist, rechtfertigen. Der Ausschluss des das Auskunftsrecht betreffenden §11 DSG 1978 in dieser generellen und undifferenzierten Form verletzt daher das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Auskunft gemäß §1 Abs3 Z1 DSG 2000.

(Anlassfall B813/02, E v 27.11.03, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Auskunftspflicht, Datenschutz, Polizei, Sicherheitspolizei

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:G385.2002

Dokumentnummer

JFR_09969071_02G00385_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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