RS Vfgh 2003/9/30 G376/02

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 30.09.2003
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
Krnt JagdG 2000 §68 Abs1 Z23
Krnt JagdG 2000 §68 Abs7

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit der durch eine Novelle ohne Übergangsfrist eingeführten Bestimmung des Krnt Jagdgesetzes 2000 über die Strafbarkeit der Aufrechterhaltung von Ansitzeinrichtungen entlang der Jagdgebietsgrenze ohne Zustimmung des Nachbarn; verfassungskonforme Interpretation der Regelung über den bescheidmäßigen Auftrag zur Einholung einer Zustimmung bzw zum Abbau von Hochsitzen und Hochständen durch Ausdehnung auf alle Ansitzeinrichtungen geboten

Rechtssatz

Zurückweisung des Aufhebungsantrags des UVS Kärnten, soweit er über die Wortfolge "oder aufrechtzuerhalten" in §68 Abs1 Z23 Krnt JagdG 2000 idF LGBl 72/2001 hinausgeht.

Der UVS hegt keine Bedenken gegen den Inhalt der Norm an sich, sondern ausschließlich gegen den Umstand, dass die Novelle LGBl 72/2001 ohne Legisvakanz für die Errichtung und Aufrechterhaltung von Ansitzeinrichtungen allgemein innerhalb von 100 m entlang der Jagdgebietsgrenze die schriftliche Zustimmung des Jagdausübungsberechtigten des benachbarten Jagdgebietes verlangt.

Ein rechtswidriger Zustand, der nur durch aktives Tun beseitigt werden kann, entsteht lediglich bei jenen Ansitzeinrichtungen, die bereits vor der Novelle errichtet wurden, erst jetzt von der Bestimmung des §68 Abs1 Z23 Krnt JagdG 2000 umfasst sind und weiterhin aufrechterhalten werden.

Würde die gesamte Z23 des §68 Abs1 Krnt JagdG 2000 aufgehoben, so würde damit auch eine wesentliche Bestimmung aus der Rechtsordnung eliminiert, gegen die sich die vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht wenden. Der Umstand, dass der Antrag überschießend ist, macht ihn nicht (zur Gänze) unzulässig.

Zurückweisung des Eventualantrags auf Aufhebung des ArtI Z36 des Gesetzes LGBl 72/2001, da es dem Verfassungsgerichtshof verwehrt ist, Gesetzestexte zu ändern.

Abweisung des Hauptantrags hinsichtlich der Wortfolge "oder aufrechtzuerhalten" in §68 Abs1 Z23 Krnt JagdG 2000 idF LGBl 72/2001.

Durch die Novellierung des §68 Abs1 Z23 Krnt JagdG 2000 wurde das Aufrechterhalten des bestehenden Zustandes verboten; der Normunterworfene muss aktiv werden, ohne dass ihm für die Beseitigung des Zustandes eine konkrete Frist gesetzt wird.

Würde die Annahme zutreffen, dass die Strafbarkeit des Aufrechterhaltens des Zustandes bereits am Tag nach der Kundmachung eintritt, so wäre die Bestimmung tatsächlich verfassungswidrig.

Es ist jedoch auch §68 Abs7 Krnt JagdG 2000 zu beachten, der bei der Errichtung oder Aufrechterhaltung von Hochsitzen oder Hochständen entgegen den Bestimmungen des §68 Abs1 Z23 leg cit vorsieht, dass die Bezirksverwaltungsbehörde dem Jagdausübungsberechtigten mit Bescheid aufzutragen hat, entweder innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Zustimmung des Jagdausübungsberechtigten des benachbarten Jagdgebietes vorzulegen oder innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Absatz 7 nur bei Hochsitzen und -ständen zur Anwendung kommen soll, nicht jedoch auch bei allen anderen Ansitzeinrichtungen. Dies scheint vor allem auch deshalb vom Gesetzgeber nicht so gewollt, weil es ihm - wie der Äußerung der Landesregierung zu entnehmen ist - bei der Novellierung darum ging, eine bestehende Verfassungswidrigkeit zu beseitigen.

Aus diesem Grund ist §68 Abs7 Krnt JagdG 2000 verfassungskonform dahingehend zu interpretieren, dass die Anwendung dieser Bestimmung auf alle Ansitzeinrichtungen auszudehnen ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Auslegung verfassungskonforme, Novellierung, Jagdrecht, Jagdbetriebsführung, Verwaltungsstrafrecht, Delikt fortgesetztes, Dauerdelikt, Vertrauensschutz, VfGH / Bedenken, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:G376.2002

Dokumentnummer

JFR_09969070_02G00376_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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