RS Vfgh 2003/10/1 A4/02

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Veröffentlicht am 01.10.2003
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/05 Lebensmittelrecht

Norm

B-VG Art22
B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
F-VG 1948 §2
LMG 1975 §43, §45, §49
StPO §381, §390
VfGG §41
ZPO §393

Leitsatz

Feststellung des Bestehens des Klagsanspruches zweier Bundesländer (Wien und Kärnten) gegen den Bund auf Ersatz der Kosten für im Zuge bestimmter Strafverfahren durchgeführte Lebensmitteluntersuchungen dem Grunde nach zu Recht durch Zwischenerkenntnis; keine von der Grundregel der Finanzverfassung abweichende Kostentragungsregel; Vorliegen eines konkreten Sachaufwandes

Rechtssatz

Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung als "amtliche Begutachtungsstellen"; keine Errichtungspflicht der Länder und Gemeinden; nach erfolgter Errichtung jedoch Verpflichtung zur Durchführung von Untersuchungen auf Ersuchen von Behörden und Gerichten und zur Erstattung von Befund und Gutachten iSd §49 Abs4 iVm §43 Abs1 LMG 1975.

Keine expliziten gesetzlichen Regelungen über Kostenersatz; nicht haushaltsrechtliches Problem der Vergütung der Tätigkeit von verschiedenen Organen desselben Rechtsträgers, sondern finanzverfassungsrechtliche Frage der Kostentragung, hier im Falle der mittelbaren Bundesverwaltung (siehe §2 F-VG 1948; zur Frage der Abgrenzung des konkreten Sachaufwandes vom Amtssachaufwand siehe E v 29.11.02, A9/01; VfSlg 9507/1982, 15111/1998).

Kosten der Untersuchungen, die von Lebensmitteluntersuchungsanstalten (der Länder oder Gemeinden) in bestimmten Strafverfahren durchgeführt werden, sind vor dem Hintergrund dieser Judikatur als konkreter Sachaufwand und nicht als Amtssachaufwand anzusehen: Der Aufwand erwächst nicht durch die Behördenorganisation an sich, sondern durch die Erfüllung konkreter Untersuchungsaufträge, zu deren Übernahme die Anstalten nach §43 Abs1 iVm §49 LMG 1975 gesetzlich verpflichtet sind. Zur Tragung bzw. zum Ersatz der Untersuchungskosten ist daher nach §2 F-VG 1948 - sollten abweichende Regelungen nicht bestehen - in vollem Umfang der Bund als Träger der Strafrechtspflege verpflichtet.

Die Vorschrift des §381 Abs1 Z3 StPO (Ersatzpflicht), auf die §45 LMG 1975 verweist, kommt auch hinsichtlich der Untersuchungstätigkeit der Landes- und Gemeindeanstalten zur Anwendung, im übrigen ist aber der Bund zur Kostentragung verpflichtet. Aus diesen Regelungen folgt im übrigen, daß der Bund mit den an die Länder (Gemeinden) zu ersetzenden Untersuchungskosten wirtschaftlich ohnehin nur dann (und insoweit) belastet ist, wenn er mehr ersetzt als den von den Ersatzpflichtigen hereingebrachten Betrag.

Keine abweichenden Regelungen iSd §2 F-VG 1948, weder in den Statuten der Wiener noch der Kärntner Lebensmitteluntersuchungsanstalt (siehe jeweils §9 Abs2 des Statuts, für Wien vom 23.01.70, für Kärnten vom 12.09.50) noch gemäß Art22 B-VG.

Dem Art22 B-VG kann nicht entnommen werden, daß im Bereich der dort vorgesehenen wechselseitigen Hilfeleistung der ebenfalls im Verfassungsrang stehende Kostentragungsgrundsatz des §2 F-VG 1948 außer Kraft gesetzt werden soll oder daß Art22 B-VG als abweichende Kostentragungsregel iSd §2 F-VG 1948 zu deuten sei. Daß die Erlässe des BMJ vom 30.05.63 und vom 27.06.91 betreffend bestimmte Vergütungen nach §381 Abs1 Z3 StPO nicht geeignet sind, eine von §2 F-VG 1948 abweichende Kostentragung zu normieren, bedarf keiner weiteren Begründung.

Die Entscheidung über den Kostenersatzanspruch gemäß §41 VfGG bleibt dem Enderkenntnis vorbehalten (§52 Abs2, §393 Abs4 ZPO).

Entscheidungstexte

  • A 4/02
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 01.10.2003 A 4/02

Schlagworte

Amtshilfe, Bundesverwaltung mittelbare, Finanzverfassung, Finanzausgleich, Kostentragung, Lebensmittelrecht, Strafprozeßrecht, Kosten, Verwaltungsstrafrecht, Verfahrenskostenbeitrag, VfGH / Klagen, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:A4.2002

Dokumentnummer

JFR_09968999_02A00004_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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