RS Vfgh 2003/10/8 V85/03

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Veröffentlicht am 08.10.2003
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
Nö BauO 1996 §6
Nö BauO 1996 §48, §50
Nö ROG 1976 §14 Abs2 Z11, Z12
Nö ROG 1976 §22 Abs1 Z2
Verordnung der Stadt Waidhofen an der Ybbs vom 31.05.99 betr Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes betreffend Umwidmung einer Grundfläche in Bauland-Betriebsgebiet und Reduktion eines Grüngürtels mangels Darlegung einer wesentlichen Änderung der Grundlagen; keine ausreichende Bedachtnahme auf das Erfordernis nach möglichster Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen von Betriebsbaugebiet und Wohngebiet; keine zulässige Widmungskorrektur

Rechtssatz

Indem der Verhandlungsleiter die schriftlichen Einwendungen des zur mündlichen Verhandlung nicht persönlich erschienenen Beschwerdeführers als ausreichend konkretisiert erachtet, entgegen genommen und dem Protokoll als dessen Bestandteil angeschlossen hat, hat er den Beschwerdeführer denkmöglicher Weise als Partei behandelt.

Dass die Rechte eines Grundstückseigentümers durch eine auf einem Nachbargrundstück erteilte baubehördliche Bewilligung - insbesondere aufgrund zu erwartender Immissionen oder infolge der Unterschreitung des Bauwichs - verletzt werden können, ergibt sich aus §6 Abs2 Z2 und Z3 iVm §48 und §50 Nö BauO 1996.

Die Verordnung der Stadt Waidhofen an der Ybbs vom 31.05.99 betreffend eine Abänderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Es fehlt an einer ausreichenden Dokumentation der durch die Umsiedlung von Betriebsteilen entstandenen neuen Planungssituation; außerdem sind die auf Grund der neuen Planungssituation insgesamt erforderlichen Planungsmaßnahmen - nicht zuletzt auch hinsichtlich des Stadtteils Zell - nicht in ausreichendem Maße erkennbar.

Der Verordnungsgeber mag zwar neue, allgemeine Zielsetzungen vor Augen gehabt haben; er hat diese aber nur punktuell verfolgt.

Auch die Änderung der Rechtslage allein bietet gerade für die in Prüfung gezogene Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes keine ausreichende Grundlage.

Da durch die Änderung der Widmung eine im Hinblick auf §14 Abs2 Z11 Nö ROG 1976 rechtswidrige Widmungssituation entstanden ist, stellt sie auch keine zulässige "Widmungskorrektur" dar.

Entsprechend der finalgesetzlichen Determinierung von Planungsnormen kommt einerseits den zu erreichenden Planungszielen und andererseits den Vorschriften des Gesetzes über die Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen besondere Bedeutung zu. Ohne Geltung von Planungszielen auch im Fall der Änderung des Flächenwidmungsplanes wäre eine Überprüfung der inhaltlichen Gesetzmäßigkeit der Verordnung nicht möglich.

Ebenso kann es hinsichtlich der Anwendbarkeit der Planungsrichtlinie des §14 Abs2 Z12 Nö ROG 1976 keinen Unterschied machen, ob Betriebs- und Wohngebiete durch einen gleichzeitigen Widmungsakt oder aufeinander folgende Widmungsakte festgelegt werden.

Es ist unbestritten, dass die Umwidmung einer Teilfläche von Bauland-Industriegebiet in Bauland-Betriebsgebiet eine gewisse Verbesserung hinsichtlich des Immissionsschutzes der benachbarten Wohnbevölkerung mit sich gebracht hat. Der Verordnungsgeber hat jedoch dem Erfordernis nach möglichster Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen von Widmungskategorien - wie Betriebsbaugebiet und Wohngebiet - unter Berücksichtigung des gegebenen Bestandes und der bereits seit Erlassung des ersten Flächenwidmungsplans konfligierenden Wohn- und Industriegebietswidmungen nicht in ausreichendem Maße Genüge getan.

Ob bei der Festlegung eines Grüngürtels von 6 m bzw 3 m Breite auf die Planungsrichtlinie des §14 Abs2 Z12 Nö ROG 1976, die bei der Festlegung von Betriebs- und Wohngebieten mindestens eine baublockweise Trennung vorsieht, hinreichend Bedacht genommen worden ist, kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.

(Anlassfall B1784/00, E v 08.10.03, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Nachbarrechte, Parteistellung Baurecht, Rechte subjektive öffentliche, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:V85.2003

Dokumentnummer

JFR_09968992_03V00085_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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