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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit der Ausnahme von Personen mit Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension aufgrund langer Versicherungsdauer von der Arbeitslosenversicherung aufgrund rückwirkender Gesetzesänderung während des von Amts wegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahrens; Wegfall der Bedenken des Verfassungsgerichtshofes durch Einführung der Anrechenbarkeit bestimmter Zeiten auf die Anwartschaft in der Arbeitslosenversicherung; kein zeitlicher Geltungsbereich der ursprünglich in Prüfung gezogenen Bestimmung; objektive Willkür in den Anlassverfahren durch Abweisung von Anträgen auf Arbeitslosengeld aufgrund Anwendung der alten RechtslageRechtssatz
Keine Verfassungswidrigkeit des §1 Abs2 lite AlVG idF Art10 Z1 KonjunkturbelebungsG 2002, BGBl I 68/2002.
Die durch das BudgetbegleitG 2003, BGBl I 71/2003, rückwirkend hergestellte Rechtslage sieht vor, dass Dienstnehmer, die das für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer maßgebliche Mindestalter vollendet haben, von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen sind, ihre ab diesem Zeitpunkt zurückgelegten krankenversicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten aber auf die Anwartschaft (§14 AlVG 1977) anzurechnen sind. Dem Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, durch §1 Abs2 lite AlVG 1977 sei Dienstnehmern bei Erreichen eines bestimmten Alters die Möglichkeit genommen, eine begonnene Anwartschaft in der Arbeitslosenversicherung zu vollenden oder eine neue zu erwerben, auch wenn noch nicht alle Anspruchsvoraussetzungen für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer vorliegen, ist damit jedenfalls die Grundlage entzogen.
Die bloß von der Absicht, ein anhängiges Gesetzesprüfungsverfahren ganz oder teilweise zu vereiteln, getragene Erlassung eines Gesetzes widerspräche dem Ziel des Art140 B-VG, eine umfassende Kontrolle der Legislativakte auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu gewährleisten (VfSlg 10091/1984; vgl auch VfSlg 10402/1985).
Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor (Absicht des Gesetzgebers, den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss vom 27.02.03 geäußerten Bedenken Rechnung zu tragen - s auch B v 28.11.02, G214/02).
Der Ausspruch, dass die geprüfte Norm nicht verfassungswidrig war, kam nicht in Betracht, weil die Rechtslage durch eine andere Bestimmung geändert worden ist, deren zeitlicher Geltungsbereich ex post betrachtet mit jenem der geprüften Bestimmung völlig übereinstimmt, sodass nunmehr davon auszugehen ist, dass diese Bestimmung mit ihrem - für sich betrachtet - verfassungsrechtlich bedenklichen Inhalt von Anfang an keinen zeitlichen Geltungsbereich hatte.
Objektive Willkür in den Anlassverfahren durch Abweisung von Anträgen auf Arbeitslosengeld aufgrund Anwendung der alten Rechtslage; angefochtene Bescheide an der rückwirkend geänderten Rechtslage zu messen: E v 29.11.03, B1538/02 ua; E v 03.12.03, B556/03 ua, B631/03.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Arbeitslosenversicherung, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Novellierung, Gesetz, Sozialversicherung, Pensionsversicherung, Pensionsalter, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Sachentscheidung Wirkung, Rückwirkung, VfGH / Anlaßverfahren, Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:G64.2003Dokumentnummer
JFR_09968871_03G00064_01