RS Vfgh 2003/12/5 B501/03

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 05.12.2003
beobachten
merken

Index

16 Medienrecht
16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
EMRK Art10
AVG §13
BVG-Rundfunk ArtI Abs2
KommAustria-G §11 Abs3, §14
ORF-G §4 Abs5, §10 Abs4 und Abs10, §35, §36 Abs1 Z1 litb

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Feststellung einer Verletzung des Objektivitätsgebotes durch die Fernsehübertragung einer Theater-Preisverleihung infolge Unterlassung einer unmittelbaren Stellungnahme des ORF zu regierungskritischen Äußerungen von Künstlern; vertretbare Annahme einer wesentlichen Beteiligung des ORF an dieser Veranstaltung

Rechtssatz

Zulässigkeit einer Beschwerde des ORF gegen den - einer Administrativbeschwerde eines Rundfunkteilnehmers gemäß §36 Abs1 Z1 litb ORF-G (mit Unterstützung von mindestens 300 weiteren Rundfunkteilnehmern) Folge gebenden - Bescheid des Bundeskommunikationssenates (BKS).

Entscheidungen des BKS unterliegen nach §11 Abs3 KommAustria-G, BGBl I 32/2001, nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Der administrative Instanzenzug iSd Art144 Abs1 B-VG ist ausgeschöpft.

Keine Bedenken gegen §4 Abs5 ORF-G.

Für die (einfach)gesetzliche Regelung des Objektivitätsgebotes in §4 Abs5 ORF-G ist davon auszugehen, daß der Aufzählung der dem Objektivitätsgebot unterliegenden Sendungen des ORF - verfassungskonform - ein demonstrativer Charakter zukommt.

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Inanspruchnahme einer dem BKS nicht zukommenden Zuständigkeit.

Im Verwaltungsverfahren kommt es nach §13 AVG auf den (Gesamt)Inhalt einer Eingabe, das "erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes" und nicht auf "zufällige verbale Formen" - an (vgl zB VwGH 18.09.02, 2000/07/0086).

§13 AVG ist auf die präjudiziellen Bestimmungen des §36 Abs1 Z1 litb und §35 Abs1 zweiter Satz ORF-G anwendbar (vgl §14 KommAustria-G).

Das Erfordernis einer konkreten Angabe der als verletzt erachteten Rechtsvorschriften in der Beschwerde zur Individualisierung des Anbringens (und damit zur Festlegung des Prozeßgegenstandes), ist auch aus diesen Vorschriften des ORF-G nicht abzuleiten. Daß es dem Beschwerdeführer der Administrativbeschwerde entgegen den in der Beschwerde zitierten Bestimmungen des §10 Abs4 und Abs10 ORF-G weniger um die Geltendmachung der Verletzung von Programmgrundsätzen durch den ORF, sondern insbesondere um die Geltendmachung einer konkreten Verletzung des Objektivitätsgebotes gemäß §4 Abs5 ORF-G geht, erhellt insbesondere der Wortlaut auf Seite 7 der Administrativbeschwerde.

Keine Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit und des Gleichheitsrechtes.

Auch nicht expressis verbis im §4 Abs5 ORF-G aufgezählte Sendearten sind vom Objektivitätsgebot mitumfaßt.

Den ORF treffen unterschiedliche Anforderungen, dem Objektivitätsgebot Rechnung zu tragen, je nach Art der Sendung und je nachdem, ob es sich um von ihm "selbst verantwortete Programme" iSd §4 Abs5 ORF-G handelt oder bloß um die Ausstrahlung von ihm übernommener fremder Programme.

Die belangte Behörde führte ein umfangreiches Beweisverfahren durch, in dem sie nach mündlicher Verhandlung zum - aus verfassungsrechtlicher Sicht - nicht unvertretbaren Ergebnis kam, daß der ORF an der Veranstaltung der von ihm ausgestrahlten Theater-Preisverleihung wesentlich beteiligt war. Da auch eine Gegendarstellung innerhalb der Sendung wegen ihrer Art als Übertragung einer Theaterveranstaltung von vornherein nicht in Betracht kam, ist es nicht denkunmöglich, eine Verletzung des Objektivitätsgebotes darin zu erblicken, daß sich der ORF nicht unmittelbar im Anschluß an die Ausstrahlung der Nestroy-Preis Verleihung in einer Stellungnahme an das Fernsehpublikum dieser Sendung von den in Rede stehenden Äußerungen distanziert hat.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Auslegung verfassungskonforme, Meinungsäußerungsfreiheit, Rundfunkfreiheit, Rundfunk, Beschwerdeverfahren, Objektivitätsgebot, Verwaltungsverfahren, Eingaben, VfGH / Instanzenzugserschöpfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B501.2003

Dokumentnummer

JFR_09968795_03B00501_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten