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22 Zivilprozeß, außerstreitiges VerfahrenNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit der Regelung des Streitwertes von unbeweglichen Sachen durch Anknüpfen an den Steuerschätzwert für die Gebührenbemessung für die Feststellung der gerichtlichen Zuständigkeit; keine Verletzung des Gleichheitssatzes und des Grundsatzes der Trennung von Justiz und VerwaltungRechtssatz
Zulässigkeit des Gerichtsantrags auf Aufhebung des §60 Abs2 JN.
Der Antrag nennt nicht ausdrücklich Art140 B-VG, jedoch stützt er sich auf Art89 Abs2 B-VG, der zwar nicht zu den in §15 Abs1 VfGG aufgezählten Artikeln des B-VG gehört, der aber die Verpflichtung eines Gerichts enthält, bei Bedenken gegen ein Gesetz den Verfassungsgerichtshof anzurufen, und der im Zusammenhang mit Art140 B-VG zu lesen ist. Dies erfüllt das Erfordernis des §15 Abs2 VfGG.
Denkmögliche Annahme des Oberlandesgerichtes, §60 Abs2 JN sei für die Festsetzung des Streitwertes einer unbeweglichen Sache heranzuziehen.
Das anfechtende Gericht geht davon aus, daß zwar eine Grundparzelle, für die kein eigener Einheitswert festgesetzt sei, vom Kläger zu bewerten sei, daß der Streitwert jedoch den Einheitswert der Gesamtliegenschaft nicht überschreiten dürfe.
Ausreichende Darlegung der Bedenken.
Keine Verfassungswidrigkeit des §60 Abs2 JN betreffend die Ermittlung des Streitwertes einer unbeweglichen Sache durch Anknüpfen an den Steuerschätzwert für die Gebührenbemessung.
Das Anknüpfen an einen steuerlich maßgeblichen festgestellten Wert ist geeignet, Überprüfungsverfahren (hinsichtlich des für die Zuständigkeit maßgeblichen Streitwertes) abzukürzen und in vielen Fällen überhaupt zu vermeiden. Der Zweck der Einheitsbewertung gemäß dem BewG 1955, den Wert von Steuergegenständen für verschiedene Steuern nicht in den jeweiligen Abgabenverfahren, sondern - für einen bestimmten Zeitraum - in einem gesonderten Verfahren einheitlich festzulegen, wird damit für das zivilgerichtliche Verfahren nutzbar gemacht.
Unrichtige Prämisse des antragstellenden Gerichtes, daß Grundstücke nach dem GGG mit dem einfachen (und nicht mit dem dreifachen) Einheitswert anzusetzen seien. Es ist dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, Vermutungen darüber anzustellen, ob das antragstellende Gericht auch bei Maßgeblichkeit des dreifachen Einheitswerts Bedenken gegen das Gesetz hätte. Das - hypothetische - Bedenken, der dreifache Einheitswert führe gegenüber dem Verkehrswert zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, ist nicht mehr das vom antragstellenden Gerichtshof erhobene Bedenken, an das der Verfassungsgerichtshof aber gebunden ist.
Daher auch keine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren iSd Art6 Abs1 EMRK.
Keine Verletzung des Grundsatzes der Trennung von Justiz und Verwaltung iSd Art94 B-VG.
Die Entscheidung der Abgabenbehörde wirkt sich auf die Entscheidung in der Sache selbst gar nicht aus: Sie hat nur Bedeutung für die Zuständigkeit des Gerichtes (oder für die Zusammensetzung der Richterbank), das Gericht hat seine Entscheidung jedoch anhand derselben materiell-rechtlichen Vorschriften zu treffen.
Schlagworte
Bewertung, Einheitsbewertung, Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, Gerichtsbarkeit Trennung von der Verwaltung, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Bedenken, VfGH / Präjudizialität, Zivilprozeß, fair trialEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:G147.2001Dokumentnummer
JFR_09968794_01G00147_01