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L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Entscheidung einer Schiedskommission über die Verpflichtung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zum Abschluss eines Vertrages mit der Stadt Graz als Trägerin einer geriatrischen Sonderkrankenanstalt; kein Entzug des gesetzlichen Richters; Zuständigkeit der Schiedskommission gegeben, keine verfassungswidrige Behördenzusammensetzung; keine Verletzung von Parteienrechten bei Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes; keine Verletzung des Eigentumsrechtes und keine unsachliche Schlechterstellung der Krankenversicherungsträger durch die Verpflichtung zur Leistung von Pflegegebührenersätzen nach Vertragsabschluss; keine WillkürRechtssatz
Eine gemäß Art15a B-VG geschlossene Vereinbarung könnte die Rechtsstellung Dritter (hier: der Träger öffentlicher Krankenanstalten sowie des Hauptverbandes) allein dann gestalten, wenn sie in ein Gesetz oder (nach Maßgabe des Art18 Abs2 B-VG) in eine Verordnung umgegossen worden ist.
Das Geriatrische Krankenhaus der Stadt Graz ist eine nicht landesfondsfinanzierte öffentliche Krankenanstalt, die am 31.12.96 bereits bestanden hat. Nach Art17 Abs1 Z1 LKF-Vereinbarung (di die gemäß Art15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern geschlossene Vereinbarung über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung, BGBl I 60/2002) ist die Entscheidung über den Abschluss von Verträgen zwischen den Trägern solcher Krankenanstalten und dem Hauptverband einer den Bestimmungen des Art17 Abs2 LKF-Vereinbarung gemäß errichteten Schiedskommission vorbehalten. Die Regelungen des Art17 LKF-Vereinbarung werden durch §12 Stmk Krankenanstalten-FinanzierungsfondsG 2001 - SKAFF-Gesetz 2001 in unmittelbar anwendbares (Landes-)Recht transformiert. Für die Geltungsdauer des SKAFF-Gesetzes 2001 (das mit Ablauf des 31.12.04 außer Kraft tritt: §20) ist somit davon auszugehen, dass die Regelung des §12 SKAFF-Gesetz 2001 zumindest in der in Art17 Abs1 Z1 LKF-Vereinbarung genannten Angelegenheit den Bestimmungen des §48a Stmk KAG materiell derogiert hat.
Ausreichende Bezeichnung der bescheiderlassenden Behörde.
Beurteilung der Behördenzuständigkeit aufgrund der Rechtslage bei Bescheiderlassung.
Ausreichende Determinierung des Behördenhandelns und der der Behörde übertragenen Aufgaben durch §12 SKAFF-Gesetz 2001 iVm §48 Stmk KAG.
Keine verfassungswidrige Zusammensetzung der Schiedskommission; Bestellung der Mitglieder für 4 Jahre.
Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ist nicht schon dann verletzt, wenn dem Bescheid nicht entnommen werden kann, wie die bescheiderlassende Kollegialbehörde zusammengesetzt war (zB VfSlg 7293/1974, 8904/1980; vgl auch VfSlg 13066/1992 mwN).
Keine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren.
Streitigkeiten über die Höhe der von den Krankenversicherungsträgern an die Träger öffentlicher Krankenanstalten zu leistenden Pflegegebührenersätze haben zivilrechtliche Ansprüche im engeren Sinne zum Gegenstand (siehe auch OGH 10.06.75, 4 Ob 536/75). Es handelt sich dabei um "civil rights and obligations" iSd Art6 Abs1
EMRK.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verletzt die Bindung eines Tribunals (Art6 EMRK) an die in einem anderen Verfahren ergangene Entscheidung das aus Art6 Abs1 EMRK fließende Recht, durch ein unabhängiges und unparteiisches Tribunal gehört zu werden, wenn der Partei dadurch die Möglichkeit genommen ist, einen für die Entscheidung über ihre zivilrechtlichen Ansprüche (Verpflichtungen) wesentlichen Umstand in Frage zu stellen, und die Partei zu diesem anderen Verfahren (rechtlich oder tatsächlich) keinen Zugang hatte (vgl VfSlg 12504/1990, 14145/1995; VfGH 07.10.02, G124/02).
Parteistellung der Sozialversicherungsträger und daher auch Beschwerderecht bei Bedarfsfeststellung vor Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt.
Keine Verfassungsvorschrift gebietet es, an einem Verfahren über die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes (hier: an das Geriatrische Krankenhaus; Voraussetzung für den Anspruch auf Vertragsabschluss mit dem Hauptverband) an Krankenanstalten alle jene als Partei zu beteiligen, denen gegenüber ein solcher Ausspruch auf Grund seiner Tatbestandswirkung Rechtswirkungen erzeugen könnte.
Durchführung zweier volksöffentlicher mündlicher Verhandlungen.
Keine Verletzung im Eigentumsrecht und im Gleichheitsrecht.
Pflegegebührenersätze iSd §28 Abs2 KAKuG in §78 Abs2 Stmk KAG ausgeführt, keine Gesetzlosigkeit des angefochtenen Bescheides.
Keine willkürliche Festlegung des Vertragsinhaltes im angefochtenen Bescheid iSd §12 SKAFF-Gesetz 2001.
Keine unsachliche Schlechterstellung der Krankenversicherungsträger im Verhältnis zu nicht landesfondsfinanzierten Krankenanstalten gegenüber landesfondsfinanzierten Krankenanstalten.
Die Bestimmung des §149 Abs3b ASVG bedeutet in verfassungskonformer Interpretation nicht, dass der Hauptverband der Sozialversicherungsträger unter allen Umständen verpflichtet wäre, mit nicht landesfondsfinanzierten Krankenanstalten Verträge über den Ersatz von Pflegegebühren zu schließen. Die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages setzt vielmehr jedenfalls voraus, dass der Bedarf nach entsprechenden Betten durch landesfondsfinanzierte Krankenanstalten voraussichtlich nicht gedeckt werden kann, sodass sich Einweisungen iSd §149 Abs1 ASVG in die nicht landesfondsfinanzierte Krankenanstalt mit großer Wahrscheinlichkeit als notwendig erweisen werden. Das Vorliegen eines solchen Bedarfes wird vom Hauptverband nicht bestritten.
Das Gesetz normiert der Sache nach eine Versorgungsverpflichtung: Es ist durch Verträge sicherzustellen, dass ein dem Bedarf entsprechendes, für jederzeitige Einweisungen auf Rechnung der Sozialversicherung verfügbares Bettenkontingent zur Verfügung steht.
Anspruch auf Aufwandersatz iSd §1042 ABGB bei vereinbarungswidrig verursachten Mehrkosten (siehe E v 23.09.03, B667/03).
Auslegung der Bestimmungen des zwischen der beteiligten Partei und dem Hauptverband abzuschließenden Vertrages im Hinblick auf §447f ASVG, wonach Versicherte bei Anstaltspflege (eines Angehörigen) für jeden Verpflegstag einen Kostenbeitrag in Höhe von 10 vH der am 31.12.96 in Geltung gestandenen, valorisierten Pflegegebührenersätze zu leisten haben.
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), Derogation materielle, Kollegialbehörde, Krankenanstalten, Kosten, Krankenanstaltenfinanzierung, Sozialversicherung, Vereinbarungen nach Art15a B-VG, Parteistellung Krankenanstalten, Behördenzusammensetzung, Determinierungsgebot, Öffentlichkeitsprinzip, Verhandlung mündliche, Aufwandersatz, fair trial, TransformationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B184.2003Dokumentnummer
JFR_09968790_03B00184_2_01