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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Verstoß der Regelung über die Honorierung der Schätzung von Hausanteilen durch gerichtliche Sachverständige gegen das Sachlichkeitsgebot infolge Maximierung des Honoraranspruchs durch Anknüpfen an den Wert der Gesamtsache; keine Äquivalenz zwischen Wert und Entlohnungsanspruch in diesem Fall; keine bloßen HärtefälleRechtssatz
Zulässigkeit des Gerichtsantrags auf Aufhebung des §51 Abs2 GebührenanspruchsG 1975 zur Gänze; Präjudizialität infolge Erkennbarkeit des Sachverhalts (Schätzung des Wertes eines Hausanteils durch einen Sachverständigen) gegeben; untrennbarer Zusammenhang.
Primärantrag sowie Eventualanträge auf Aufhebung von Teilen des §51 Abs2 GebührenanspruchsG 1975 daher unzulässig.
Aufhebung des §51 Abs2 GebührenanspruchsG 1975 zur Gänze.
Regelung einerseits von Tarifen aufgrund privatrechtlicher Rechtsverhältnisse, andererseits bezüglich Leistungen des Staates; bei letzteren Äquivalenz im Einzelfall nicht erforderlich. Anknüpfen an Schätzwert in §51 Abs1 leg cit, keine Umschreibung der konkreten Arbeiten des Sachverständigen bei Hausschätzungen.
Bei höheren Werten könnten im allgemeinen auch größere Schwierigkeiten bei der Gutachtenserstattung auftreten und diese höheren Werte könnten geeignet sein, einen entscheidenden Einfluß auf das soziale Umfeld auszuüben, die Interessen der Betroffenen entscheidend zu berühren oder den Gegenstand eines Streites darzustellen, und daher könnte mit ihnen eine besondere Sorgfalt verbunden sein. Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß diese Umstände einen gewissen Einfluß auf das Ausmaß des Aufwandes haben werden, den der Sachverständige anstellen muß; dieser Einfluß wird aber insgesamt so gering sein, daß der solcherart erstellte Tarif den tatsächlichen Aufwand nur in viel unvollkommenerer Weise widerspiegeln kann als die - ihrerseits selbst nur typisierenden - übrigen Tarife des GebührenanspruchsG 1975. Dem Gesetzgeber standen bei der Festlegung dieses Tarifs offenbar Gesichtspunkte wie das vermutete Interesse der Parteien, ihre Finanzkraft, die Haftung des Sachverständigen oder ähnliches vor Augen, nicht aber der Aufwand des Sachverständigen.
Knüpft der Gesetzgeber an den Wert an, so muß sich die Entlohnung in einem ausgewogenen Verhältnis zu diesem Wert halten.
Dann geht es aber nicht an, die so (in §51 Abs1 GebührenanspruchsG 1975) hergestellte "Äquivalenz" zwischen Wert und Entlohnungsanspruch dadurch zu zerstören, daß - wie im Falle des §51 Abs2 GebührenanspruchsG 1975 - nicht mehr an den Wert der geschätzten Sache, nämlich hier des Grundstücksanteils, angeknüpft wird.
Der Gesetzgeber ist jedoch von Verfassungs wegen nicht gehalten, bei Hausanteilen dieselben Ansätze wie bei Häusern zugrundezulegen.
Wenn sich der Gesetzgeber in §51 Abs2 GebührenanspruchsG 1975 von der Überlegung leiten läßt, daß die Schätzung eines Anteils die Schätzung der Gesamtsache voraussetzt und daher mindestens den gleichen Aufwand verursacht, so verknüpft er die beiden möglichen Anknüpfungspunkte miteinander in einer den Honoraranspruch maximierenden Weise. Dadurch verstößt die Regelung über die Honorierung der Schätzung von Anteilen gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende allgemeine Sachlichkeitsgebot. Aus dieser Kombination beider Anknüpfungspunkte ergeben sich auch die hohen Werte (des Entlohnungsanspruchs), die das anfechtende Gericht dazu veranlaßt haben, von einer konfiskatorischen Wirkung zu sprechen. Derart überhöhte Werte sind die zwingende Folge der Konstruktion des §51 Abs2 GebührenanspruchsG 1975 und keineswegs auf Einzelfälle beschränkt, die als bloße Härtefälle toleriert werden könnten.
Schlagworte
Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang, Sachverständige, ÄquivalenzprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:G320.2001Dokumentnummer
JFR_09968789_01G00320_01