RS Vfgh 2004/2/28 B1156/03

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Veröffentlicht am 28.02.2004
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art15 Abs5
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art118 Abs3 Z9
StGG Art5
BundesbetreuungsV §1 Abs2
Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Traiskirchen. Änderung vom 09.03.84
Nö BauO 1996 §2 Abs3
Nö BauO 1996 §20 Abs3
Nö ROG 1976 §16 Abs1 Z6
Nö ROG 1976 §21 Abs6 Z1
Nö ROG 1976 §30 Abs5

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Abweisung des Antrags der Bundesimmobiliengesellschaft auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für eine Generalsanierung des Hauptgebäudes des Flüchtlingslagers Traiskirchen im Rahmen der örtlichen Baupolizei; keine mittelbare Bundesverwaltung mangels Vorliegen eines bundeseigenen Gebäudes; Verletzung hingegen im Eigentumsrecht durch gesetzwidrige Auslegung der Widmung des Baugrundstücks als "Bauland-Sondergebiet-Bundesgebäude" infolge Abstellens auf den Eigentümer statt auf die Nutzung; Zuständigkeit der Gemeinde zur Festlegung einer derartigen Widmung im Rahmen der örtlichen Raumplanung; Zulässigkeit der näheren Festlegung eines Sondergebiets für Bundesgebäude

Rechtssatz

Das Gebäude der beschwerdeführenden Bundesimmobiliengesellschaft ist - was die Beurteilung der Zuständigkeit der Gemeindebehörden im eigenen Wirkungsbereich betrifft - von der belangten Behörde zu Recht nicht als "bundeseigenes Gebäude" iSd Art15 Abs5 B-VG behandelt worden.

Der Verfassungsgesetzgeber wollte nur Gebäude erfassen, deren Eigentümer im zivilrechtlichen Sinne die Gebietskörperschaft Bund ist. Eine Anknüpfung an einen anderen als diesen Eigentumsbegriff müsste vom B-VG - wie das an anderen Stellen geschieht (vgl Art52 Abs2 und Art126b Abs2 B-VG) - ausdrücklich angeordnet werden.

Die belangte Behörde hat der - durch Verordnung erfolgten - Flächenwidmung des Baugrundstücks als "Bauland Sondergebiet Bundesgebäude" den Inhalt unterstellt, auf diesem Grundstück sei der Umbau des vom Bund als Flüchtlingsheim genutzten Gebäudes deshalb zu Recht nicht bewilligt worden, weil nicht der Bund, sondern die beschwerdeführende Bundesimmobiliengesellschaft nunmehr Eigentümer des Grundstücks sei.

Damit hat die belangte Behörde der Verordnung einen gesetzwidrigen Inhalt beigemessen: Gemäß §16 Abs1 Z6 Nö ROG 1976 ist bei der Ausweisung von Sonderflächen im Bauland auf eine bestimmte Nutzung abzustellen, nicht auf einen bestimmten Eigentümer.

Keine Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Traiskirchen, Änderung vom 09.03.84, betreffend die Widmung des Areals des Flüchtlingslagers Traiskirchen als "Bauland-Sonderfläche-Bundesgebäude"; Zuständigkeit der Gemeinde zur Festlegung einer solchen Widmung im Rahmen der örtlichen Raumplanung.

Art118 Abs3 Z9 B-VG verweist die örtliche Baupolizei nur "soweit sie nicht bundeseigene Gebäude, die öffentlichen Zwecken dienen (Art15 Abs5) zum Gegenstand hat", in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Die örtliche Raumplanung weist diese Bestimmung den Gemeinden jedoch ohne diese Einschränkung zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich zu.

Kein Verstoß der Festlegung des Zwecks "Bundesgebäude" gegen das Nö ROG 1976.

§16 Abs1 Z6 Nö ROG 1976 enthält weder in der Stammfassung noch idF der 10. Novelle einen taxativen Katalog von Arten von "Sondergebieten", deren Festlegung in den - einen Teil der örtlichen Raumordnungsprogramme bildenden - Flächenwidmungsplänen den Gemeinden erlaubt ist; dass die Bezeichnung "Bundesgebäude" in den bloß demonstrativen Aufzählungen zulässiger Sondergebiete nicht vorkommt, macht die in Rede stehende Widmung nicht gesetzwidrig.

Die Zusatzbezeichnung ist auch nicht rechtlich irrelevant.

Vor dem Hintergrund einerseits der Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Widmung und andererseits der gesetzlichen Grundlagen im Nö ROG 1976 ergibt sich klar, dass mit der in Rede stehenden Widmung der schon lange bestehenden Nutzung des Grundstücks als Flüchtlingslager des Bundes durch die Festlegung eines entsprechenden Sondergebietes Rechnung getragen werden sollte. Diese Auslegung der Widmung des in Rede stehenden Grundstücks gebietet auch §1 Abs2 der BundesbetreuungsV, BGBl 31/1992. Das örtliche Raumordnungsprogramm darf einer rechtswirksamen überörtlichen Planung (hier: der Planung des Bundes in der BundesbetreuungsV nicht widersprechen (vgl §21 Abs6 Z1 Nö ROG 1976).

Die Ansicht der beschwerdeführenden Gesellschaft, die Bezeichnung "Bundesgebäude" gelte seit der 10. ROG-Novelle (gemäß §30 Abs5 Nö ROG 1976) als nicht ausgewiesen, trifft daher nicht zu.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Baubewilligung, Behördenzuständigkeit, Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, Baupolizei örtliche, Raumplanung örtliche, Berücksichtigungsprinzip

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B1156.2003

Dokumentnummer

JFR_09959772_03B01156_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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