RS Vfgh 2004/3/8 B239/04

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Veröffentlicht am 08.03.2004
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §85 Abs2 / "Vollzug"
VfGG §85 Abs2 / Vergabewesen

Rechtssatz

Folge

Nichtigerklärung der an die beschwerdeführende Gesellschaft ergangenen Zuschlagsentscheidung in einem Vergabeverfahren eines Wasserleitungsverbandes über Antrag einer übergangenen Bietergemeinschaft.

Der Verfassungsgerichtshof übersieht nicht, dass das BundesvergabeG 2002 einem durch Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung in Aussicht genommenen Bieter keinen Rechtsanspruch auf tatsächliche Erteilung des Zuschlags einräumt. Der angefochtene Bescheid entfaltet diesem Bieter gegenüber aber dennoch insofern einem Vollzug iSd §85 Abs2 VfGG zugängliche Wirkungen, als er auf die vergabeverfahrensrechtliche Stellung des Bieters unmittelbare Auswirkung zeitigt: es wäre dem Auftraggeber nämlich ohne Gewährung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls untersagt, der beschwerdeführenden Gesellschaft den Zuschlag zu erteilen.

Im zugrunde liegenden Vergabeverfahren wurde die beschwerdeführende Gesellschaft (zunächst) als Bestbieterin evaluiert. Der "Vollzug" des angefochtenen Bescheides würde unweigerlich die Vergabe des in Rede stehenden Auftrags an einen anderen, nachgereihten Bieter nach sich ziehen. Die Angaben der beschwerdeführenden Gesellschaft, dass dies für sie den Verlust eines wichtigen Referenzprojektes - und sohin einen unverhältnismäßigen Nachteil - bedeute, erscheint dem Verfassungsgerichtshof ebenso nachvollziehbar wie der von ihr zu gewärtigende frustrierte Aufwand zur Erstellung des Angebots und zur Teilnahme am Vergabeverfahren. Aus dem Bescheid sind auch Dritten keine demgegenüber durchschlagenden Rechte erwachsen.

Die vom vergebenden Wasserleitungsverband dagegen ins Treffen geführten öffentlichen Interessen an einer raschen Beauftragung wegen ansonsten zu gewärtigender Versorgungsprobleme können demgegenüber nicht ausschlaggebend sein: Der angefochtene Bescheid erklärt (bloß) die an die beschwerdeführende Gesellschaft abgegebene - aber gemäß §20 Z42 BundesvergabeG 2002 unverbindliche - Zuschlagsentscheidung für nichtig. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat - entgegen der Auffassung des auftraggebenden Wasserleitungsverbandes - aber nicht zur Folge, dass die ausgeschriebene Leistung nicht vergeben werden kann, sondern bewirkt, dass die an die beschwerdeführende Gesellschaft abgegebene Zuschlagsentscheidung nicht als nichtig erklärt gilt. Vorbehaltlich zwischenzeitig ergangener (Provisorial-)Entscheidungen der Nachprüfungsbehörde hindert sie den Auftraggeber aber nicht, unter Beachtung vergabeverfahrensrechtlicher Vorschriften einen Zuschlag zu erteilen; dabei könnte auch das Angebot der beschwerdeführenden Gesellschaft Berücksichtigung finden.

Entscheidungstexte

  • B 239/04
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 08.03.2004 B 239/04

Schlagworte

VfGH / Wirkung aufschiebende

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B239.2004

Dokumentnummer

JFR_09959692_04B00239_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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