RS Vfgh 2004/3/11 B1528/01

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Veröffentlicht am 11.03.2004
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Index

L3 Finanzrecht
L3715 Anliegerbeitrag, Kanalabgabe

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Stmk KanalabgabenG 1955 §2, §4
Stmk LAO §156, §158

Leitsatz

Gleichheitswidrige Auslegung von Bestimmungen des Stmk Kanalabgabengesetzes 1955 durch Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrags für das gesamte Objekt anläßlich von Zu- und Umbauten ungeachtet einer allfälligen Verjährung; im Verjährungsfall Ergänzungsbeitrag vorzuschreiben

Rechtssatz

Wenn der Gesetzgeber vorsieht, daß das Recht, Abgaben festzusetzen, verjährt, so darf er Ausnahmen davon, eine Verlängerung der Verjährungsfrist (durch Unterbrechung oder Hemmung) oder gar ein "Wiederaufleben" verjährter Abgabenschulden nur unter Umständen vorsehen, die dies sachlich rechtfertigen. Die Errichtung von Zu- und Umbauten, aber auch von Auf- und Einbauten an oder in einem Objekt, hinsichtlich dessen der Kanalisationsbeitrag bereits verjährt ist, kann eine solche Rechtfertigung nicht bewirken. Es ist somit unsachlich, an einen Umbau, durch den sich die Berechnungsgrundlagen nicht verändern, die Pflicht zur Entrichtung eines Kanalisationsbeitrages für das gesamte Objekt zu knüpfen. Ebenso ist es unsachlich, bei einer Veränderung der Bemessungsgrundlagen einen Kanalisationsbeitrag nach dem gesamten Objekt und nicht nur aufgrund der Differenz - wie in §4 Abs4 Stmk KanalabgabenG 1955 vorgesehen - oder nach den von der Veränderung betroffenen Teilen vorzuschreiben.

Eine solche Auslegung liefe auch dem wesentlichen Zweck des Instituts der Verjährung zuwider, nämlich nach Ablauf einer gewissen Zeit Rechtsfrieden zu schaffen und Beweisschwierigkeiten auszuweichen.

Die Wortfolge "für welche bereits ein Kanalisationsbeitrag entrichtet wurde" in §4 Abs4 Stmk KanalabgabenG 1955 läßt sich aber auch so verstehen, daß darunter auch Beiträge fallen, die nicht entrichtet worden sind, weil sie verjährt sind.

Legt man §4 Abs4 Stmk KanalabgabenG 1955 in diesem Sinn aus, so ist, falls das Recht, einen Kanalisationsbeitrag festzusetzen, bereits verjährt ist, dennoch (nur) ein Ergänzungsbeitrag vorzuschreiben, dieser aber jedenfalls.

Die Behörde hat §2 Abs3 und §4 Abs4 Stmk KanalabgabenG 1955 einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. Ausgehend von einer verfassungswidrigen Auslegung hat sie es unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob und wann ein Abgabenanspruch iSd §2 Stmk KanalabgabenG 1955 entstanden ist und ob ein solcher Anspruch bereits verjährt ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Kanalisation, Abgaben Kanalisation, Auslegung verfassungskonforme, Finanzverfahren, Verjährung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B1528.2001

Dokumentnummer

JFR_09959689_01B01528_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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