RS Vfgh 2004/6/8 V2/04

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Veröffentlicht am 08.06.2004
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
Bebauungsplan der Gemeinde Pörtschach am Wörther See vom 02.02.91 und vom 21.11.91. Änderung vom 04.07.95
Krnt GemeindeplanungsG 1995 §13

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit eines Bebauungsplanes mangels der im Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 gesetzlich gebotenen Verständigung der grundbücherlichen Eigentümer von der Planauflage; kein Unterschied in der Verständigungspflicht hinsichtlich grundstücksbezogener Festlegungen in einem Teilbebauungsplan oder allgemeinen Bebauungsbedingungen in einem textlichen Bebauungsplan

Rechtssatz

Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Pörtschach am Wörther See vom 04.07.95, mit der der Bebauungsplan der Gemeinde Pörtschach am Wörther See vom 02.02.91 und 21.11.91 geändert wird, mangels der gem §13 Krnt GemeindeplanungsG 1995 gebotenen Verständigung der grundbücherlichen Eigentümer von der Auflage des Entwurfes.

Es kann hinsichtlich der Auslegung des §13 Abs1 letzter Satz Krnt GemeindeplanungsG 1995 - nicht nur vom Wortlaut der Bestimmung sondern auch von einer historisch-systematischen Auslegung ausgehend - keinen Unterschied machen, ob es sich um unmittelbar grundstücksbezogene Festlegungen in einem Teilbebauungsplan oder allgemeine Bebauungsbedingungen in einem textlichen Bebauungsplan (wie in E v 30.09.03, V60/03) handelt.

Das in §13 Abs1 leg cit für die Verständigungspflicht aufgestellte Kriterium, "deren Grundflächen in den Entwurf eines Flächenwidmungsplanes [Bebauungsplanes] einbezogen sind", ist nach dem Wortlaut der Bestimmung sowohl im Falle eines textlichen als auch im Falle eines Teilbebauungsplanes erfüllt. Der räumliche Anwendungsbereich eines Teilbebauungsplanes, und damit die Antwort auf die Frage, welche Grundflächen in den Entwurf eines Bebauungsplanes einbezogen sind, ergibt sich aus der Plandarstellung; beim textlichen Bebauungsplan ergibt sich der räumliche Anwendungsbereich und damit der Umfang der in die Planung einbezogenen Grundstücke aus den entsprechenden Festlegungen im Flächenwidmungsplan. Der textliche Bebauungsplan kann für alle Baulandgrundstücke, aber auch bloß für wenige in bestimmter Weise gewidmete Grundstücke Festlegungen treffen. Eine eindeutige Abgrenzung, bis zu welchem Adressatenkreis des textlichen Bebauungsplanes eine persönliche Verständigung vorzunehmen ist und ab welchem Umfang des Adressatenkreises eine allgemeine Kundmachung der Planungsabsicht ausreicht, kann dem Gesetz nicht entnommen werden.

Der Gesetzgeber ging von einer für das Verfahren zur Erlassung eines Bebauungsplanes essentiellen Verständigungspflicht und nicht bloß von einer sanktionslosen Verfahrensbestimmung aus. Das Motiv der Erleichterung des Einstiegs der Gemeinden in die Bebauungsplanung lässt andererseits nicht darauf schließen, dass der Gesetzgeber nicht auch von einer Verständigungspflicht hinsichtlich textlicher Bebauungspläne ausgegangen ist. Vielmehr kann das Motiv der Vereinfachung auch dahingehend gedeutet werden, dass ein textlicher Bebauungsplan nicht verpflichtend mit einer zeichnerischen Darstellung verknüpft ist und diesbezüglich aufwändige - eine zeichnerische Darstellung gemäß der Planzeichenverordnung beinhaltende - Teilbebauungspläne nicht flächendeckend und im Zuge der baulichen Entwicklung des Gemeindegebietes nur schrittweise erforderlich werden. Wenn man die Verständigungspflicht etwa an die Größe des Planungsgebietes oder die Anzahl der einbezogenen Grundstücke knüpfte, so wäre eine klare Auslegung der Bestimmung jedenfalls nicht möglich. Es ist schließlich Aufgabe des Gesetzgebers eine eindeutige Regelung zu schaffen.

Anlassfall: E v 21.06.04, B148/01 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Entscheidungstexte

  • V 2/04
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 08.06.2004 V 2/04

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Verordnungserlassung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:V2.2004

Dokumentnummer

JFR_09959392_04V00002_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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