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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung eines Antrags von Ärzten auf Zustellung eines Bescheides betreffend das Bestehen eines Einzelvertrages zwischen der Krankenkasse und einem anderen Arzt; keine gesetzwidrige Zusammensetzung der Landesberufungskommission infolge Vorsitzführung durch einen mittlerweile in den dauernden Ruhestand versetzten RichterRechtssatz
Da der Vorsitzende der belangten Behörde zumindest im Zeitpunkt seiner Bestellung Richter des Dienststandes war, hat die Zusammensetzung der belangten Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides §345 Abs1 ASVG (idF der 60. Novelle zum ASVG, BGBl I 140/2002) entsprochen.
Die zuletzt genannte Bestimmung setzt sich bei diesem Verständnis auch nicht in Widerspruch zu Art20 Abs2 bzw Art133 Z4 B-VG: Es genügt, wenn das - wie hier - eine sogenannte Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag einrichtende Gesetz vorsieht, dass mindestens ein Mitglied zum Zeitpunkt seiner Bestellung aktiver Richter ist (vgl VfSlg 11933/1988). Der Gesetzgeber ist demnach nicht verpflichtet, den Amtsverlust oder die Enthebung dieses Mitgliedes anzuordnen, wenn dieses Mitglied - als Richter - in den Ruhestand versetzt wird.
Durch §345 Abs1 ASVG idF der 60. Novelle ist der Bestimmung des - noch §345 Abs1 ASVG idF der 48. Novelle zum ASVG entsprechenden - §16 Abs1 Schiedskommissionsverordnung, BGBl 128/1991, materiell derogiert worden. Die Worte "des Dienststandes" in §16 Abs1 sind nicht etwa als Präzisierung, sondern lediglich als Wiedergabe der vormals in Geltung gestandenen gesetzlichen Bestimmungen über die Zusammensetzung der Landesberufungskommission zu verstehen.
Anwendbarkeit des §8 AVG hinsichtlich der Frage der Parteistellung in einem Verfahren nach §344 ASVG (vgl §347 Abs4 ASVG).
§8 AVG macht keinen Unterschied, ob das zu wahrende Interesse dem öffentlichen oder dem Privatrecht zugehört, sodass Partei im Sinne dieser Gesetzesstelle auch eine Person sein kann, die durch die Erledigung eines anhängigen Verwaltungsverfahrens in einem Privatrecht beeinträchtigt werden kann (VfSlg 2698/1954).
Zwischen den Beschwerdeführern und der Wiener Gebietskrankenkasse hat zu keiner Zeit ein Vertragsverhältnis betreffend die bisher Univ-Prof Dr A zugeteilte Kassenplanstelle bestanden. Das Schreiben der Ärztekammer für Wien vom 09.11.01, in welchem - im Einvernehmen mit der Wiener Gebietskrankenkasse - den Beschwerdeführern die in Rede stehende Kassenplanstelle "zugesprochen" wird, ist nicht etwa als Annahme (§861 ABGB) des in der Bewerbung der Beschwerdeführer zu erblickenden Anbots, sondern - wie sich aus dem Wortlaut dieses Schreibens klar ergibt - lediglich als Aufforderung zu verstehen, weitere Schritte zur Vorbereitung eines möglichen künftigen Vertragsschlusses zu setzen. Ein wirksamer Vertragsschluss mit der - hiezu allein berechtigten (vgl §341 Abs3 ASVG) - Wiener Gebietskrankenkasse hätte zudem der Schriftform bedurft (vgl §9 Abs1 letzter Satz des Gesamtvertrages; ebenso §7 Abs1 letzter Satz des Muster-Gesamtvertrages).
Die - von Univ-Prof Dr A begehrte - Feststellung, dass der zwischen ihm und der Wiener Gebietskrankenkasse geschlossene Einzelvertrag über den 30.06.01 hinaus ungekündigt weiterbesteht, war somit nicht geeignet, die rechtlichen Interessen der Beschwerdeführer zu berühren. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Parteistellung der Beschwerdeführer in dem über diesen Antrag geführten Verfahren verneint und deren Antrag auf Zustellung des in diesem Verfahren ergangenen Bescheides zurückgewiesen.
Siehe auch E v 28.06.04, B225/04: Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bzw im Gleichheitsrecht durch Zurückweisung bzw Abweisung der Anträge derselben Beschwerdeführer auf Feststellung der Beendigung des Kassenvertragsverhältnisses zwischen Univ-Prof Dr A und der Wiener Gebietskrankenkasse sowie der Berechtigung der Beschwerdeführer zur Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit auf der Kassenplanstelle von Dr A in einem aufrechten Kassenvertragsverhältnis; Deckung des angefochtenen Bescheides durch einen Kollegialbeschluss der Landesberufungskommission; keine Zuständigkeit der Schiedskommission sowie der Landesberufungskommission zur Entscheidung von Streitigkeiten unter Vertragsärzten bzw über das Bestehen des Vertrages eines anderen Arztes; keine Verletzung in Rechten der Beschwerdeführer.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Derogation materielle, Kollegialbehörde, Behördenzusammensetzung, Sozialversicherung, Verwaltungsverfahren, Parteistellung Sozialversicherung, Behördenzuständigkeit, Rechte subjektive öffentlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B1660.2003Dokumentnummer
JFR_09959391_03B01660_01