RS Vfgh 2004/6/11 G29/03 ua

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Veröffentlicht am 11.06.2004
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Index

50 Gewerberecht
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
GelVerkG 1996 §5
GewO 1994 §375 Abs4
GüterbeförderungsG 1995 §5

Leitsatz

Keine Unsachlichkeit von Sonderregelungen für den Verlust der Konzession in Hinblick auf die finanzielle Leistungsfähigkeit im Güterbeförderungsgesetz und im Gelegenheitsverkehrsgesetz; keine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Übertragung sämtlicher Änderungen der Gewerbeordnung auf diese Sondergesetze; sachliche Rechtfertigung im Interesse der Gewährleistung der Verkehrssicherheit und der Aufrechterhaltung des Fahrbetriebes

Rechtssatz

Zulässigkeit der Anträge auf Aufhebung der Wortfolge "und im Güterbeförderungsgesetz 1995" (G29/03, G31/03 und G32/03) und der Wortfolge "und im Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996" (G30/03 und G33/03) in §375 Abs4 GewO 1994 idF BGBl I 111/2002, in eventu jeweils auf Aufhebung des §375 Abs4 GewO 1994 idF BGBl I 111/2002 zur Gänze.

Zur Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit würde es jeweils genügen, die primär angefochtenen Wortfolgen aus der oben genannten Bestimmung zu entfernen. (Dass es sich bei der Formulierung der Wortfolge, die im Zusammenhang mit dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz zu G30/03 und G33/03 angefochten ist und der im Gesetzestext kein "und" vorangestellt ist, um ein Versehen oder einen Schreibfehler handelt - vor allem in Zusammenschau mit der anderen primär angefochtenen Wortfolge -, ist offensichtlich.) Wenn in §375 Abs4 GewO 1994 aber bei Erfolg beider Anträge beide Verweise, sowohl auf das GüterbeförderungsG als auch auf das GelVerkG, wegfielen, erhielte die Bestimmung in der Tat einen völlig veränderten, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbaren Inhalt. Da dieser Umstand nach Wegfall der einen bekämpften Wortfolge die Anträge bezüglich der anderen unzulässig werden ließe, kann dem UVS auch nicht entgegengetreten werden, wenn er eventualiter jeweils (in Unkenntnis des Umstandes, welchem Antrag der Verfassungsgerichtshof zuerst zum Erfolg verhelfen würde) auch die Aufhebung der gesamten Bestimmung des §375 Abs4 GewO 1994 idF BGBl I 111/2002 begehrt.

Abweisung der Anträge auf Aufhebung der Wortfolge "und im Güterbeförderungsgesetz 1995" (G29/03, G31/03 und G32/03) und der Wortfolge "und im Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996" (G30/03 und G33/03) in §375 Abs4 GewO 1994 idF BGBl I 111/2002, in eventu jeweils auf Aufhebung des §375 Abs4 GewO 1994 idF BGBl I 111/2002 zur Gänze.

Es steht dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, die Ausübung von bestimmten Gewerben auch in Sondergesetzen außerhalb der Gewerbeordnung zu regeln. Dabei kann er unterschiedliche Systeme wählen, die einander im Detail nicht entsprechen und nur in sich selbst sachlich sein müssen.

Das GüterbeförderungsG und das GelVerkG befassen sich neben allgemeinen Problemen des Gewerberechts mit der Besonderheit dieser beiden Gewerbe. Es ist daher nicht unsachlich, wenn in diesen Spezialgesetzen (jeweils in §5) besondere Bestimmungen auch in bezug auf die Voraussetzungen für die Konzessionserteilung und für den Konzessionsverlust getroffen werden. Soweit der Gesetzgeber sich dabei mit der subsidiären Geltung der Gewerbeordnung begnügt (weil er insoweit nichts Abweichendes verfügen will), ist er von Verfassungs wegen nicht gehalten, jede Änderung, die er dort für erforderlich hält, dann auch hierher zu übertragen. Es bleibt ihm unbenommen, Änderungen der Gewerbeordnung auf Sondergesetze nicht durchschlagen oder vorläufig (zur Prüfung der Auswirkungen in deren Bereich) noch nicht wirksam werden zu lassen und diese Sondergesetze gegebenenfalls erst später an das allgemeine Recht anzupassen.

Mit der Novelle BGBl I 111/2002 hat der Gesetzgeber zwar das Tatbestandsmerkmal der Konkurseröffnung als negative Konzessionsvoraussetzung aus der Gewerbeordnung 1994 entfernt, damit Gewerbetreibenden, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, nicht jeder weitere Marktzutritt - zB durch Anbieten von Dienstleistungen, bei denen "hauptsächlich Denkleistungen zu erbringen sind und der Kapitaleinsatz nicht im Vordergrund steht" - versagt bleibt. Er hat aber die Konkursabweisung mangels Masse als Ausschließungsgrund beibehalten und damit Schuldner, deren Vermögen nicht einmal ausreicht, um die Kosten des Konkursverfahrens abzudecken, grundsätzlich von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen. Im Bereich der beiden hier in Rede stehenden Sondergesetze stellt nun die "finanzielle Leistungsfähigkeit" eine (besondere) Voraussetzung für die Ausübung des Gewerbes dar, deren Wegfall zur Entziehung der Konzession führt (jeweils §5 Abs1). Vor dem Hintergrund der solcherart für maßgeblich erklärten finanziellen Leistungsfähigkeit zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit und Aufrechterhaltung des Fahrbetriebes ist es aber nicht unsachlich, wenn auch der Fall der Konkurseröffnung, bei dem diese Leistungsfähigkeit in der Regel nicht mehr gegeben sein wird, weiterhin den Widerruf der Berechtigung für die Ausübung des Gewerbes auslöst.

Entscheidungstexte

  • G 29/03 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.06.2004 G 29/03 ua

Schlagworte

Gewerberecht, Gewerbeberechtigung, Gelegenheitsverkehr, Güterbeförderung, Verweisung, VfGH / Antrag, Eventualantrag, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:G29.2003

Dokumentnummer

JFR_09959389_03G00029_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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