RS Vfgh 2004/6/11 V9/04

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Veröffentlicht am 11.06.2004
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
Flächenwidmungsplanänderung der Landeshauptstadt Innsbruck AL-F22 vom 16.07.97
Tir RaumOG 1997 §108 Abs4 lita

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung hinsichtlich der Umwidmung einer Grundfläche von Grünland in Wohngebiet mangels Vorliegens eines wichtigen im öffentlichen Interesse gelegenen Grundes und wegen Unsachlichkeit infolge Umwidmung zwecks Legalisierung von Schwarzbauten ohne konkrete gesamthafte Planung

Rechtssatz

Aufhebung der Verordnung betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Innsbruck, Nr AL-F22, vom 16.07.97, insoweit, als damit für die am weitesten im Westen liegende Fläche der in der Flächenwidmungsplanänderung als "Wohngebiet" gewidmeten, in oranger Farbe dargestellten Flächen die Widmung "Wohngebiet" festgelegt wird.

Zum Zeitpunkt der Erlassung der Flächenwidmungsplanänderung AL-F22 im Bereich der KG Arzl am 16.07.97 galt kein örtliches Raumordnungskonzept der Stadt Innsbruck. Der Gemeinderat der Stadt Innsbruck durfte den geltenden Flächenwidmungsplan gemäß der Übergangsbestimmung des §108 Abs4 lita Tir RaumOG 1997, LGBl 10/1997 idF LGBl 28/1997, daher nur ändern, wenn ein wichtiger im öffentlichen Interesse gelegener Grund vorlag und die Änderung den Zielen der örtlichen Raumordnung nach diesem Gesetz nicht widersprach. Diese Änderungsvoraussetzung lag nicht vor.

Die Intention der Legalisierung von Schwarzbauten kann keinen derartigen wichtigen und im öffentlichen Interesse gelegenen Grund darstellen. Daran ändert auch nichts, dass der Gemeinderat das Vorliegen eines wichtigen öffentlichen Interesses aus dem drohenden Abbruch im Zusammenhang mit einer in - ungewisser - Zukunft möglicherweise vorliegenden Bewilligungsfähigkeit von Wohnbauten in dem in Rede stehenden Bereich herzuleiten versucht, zumal der Grundsatzbeschluss des Gemeinderates vom 28.03.98 (betr eine Baulandausweitung) im Hinblick auf die Flächenwidmungsplanänderung gefasst wurde und nicht umgekehrt.

Die Flächenwidmungsplanänderung AL-F22 beruht aber auch nicht auf sachlichen Erwägungen, da nur drei von der Schwarzbautenproblematik betroffene Grundstücke in Wohngebiet umgewidmet wurden, um die bis dahin fehlende Rechtsgrundlage für die nachträgliche Erteilung der Baubewilligungen für die im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan errichteten Häuser zu schaffen.

Der Grundsatzbeschluss vom 28.03.98 war nicht von der konkreten Absicht getragen, eine raumordnerische Neustrukturierung des gesamten Gebietes vorzunehmen. Weder die Tiroler Landesregierung noch der Gemeinderat hatten im vorliegenden Verordnungsprüfungsverfahren konkrete Ansätze einer gesamthaften Planung vorzubringen.

Teilweise Einstellung des Verordnungsprüfungsverfahrens.

Der Gerichtshof geht von seiner im Unterbrechungsbeschluss vorläufig geäußerten Annahme ab, dass sich das im vorliegenden Verfahren präjudizielle Grundstück Nr 1953/5 (Lehmweg Nr 24) im Flächenwidmungsplan nur hinsichtlich der Aufhebung aller mit der Änderung AL-F22 umgewidmeten Grundstücke abgrenzen lässt. Durch die Bezeichnung der präjudiziellen Fläche als die am weitesten im Westen liegende Fläche der drei mit der Flächenwidmungsplanänderung als "Wohngebiet" gewidmeten, in oranger Farbe dargestellten Flächen ist die Rechtslage für den Rechtsunterworfenen vielmehr auch nach der Aufhebung der in Rede stehenden Widmung durch den Verfassungsgerichtshof aus der planlichen Darstellung eindeutig und unmittelbar feststellbar. Die Widmung war daher nur im präjudiziellen Umfang aufzuheben und das Verordnungsprüfungsverfahren im Übrigen einzustellen.

(Anlassfall B2351/00, E v 11.06.04, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

Entscheidungstexte

  • V 9/04
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.06.2004 V 9/04

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / Verwerfungsumfang, Übergangsbestimmung, Schwarzbauten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:V9.2004

Dokumentnummer

JFR_09959389_04V00009_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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