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L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art21 Abs2Leitsatz
Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Regelung des Nö Spitalsärztegesetzes 1992 über die Anrechnung der Turnusdienstzulage auf das nach dem Arbeitsruhegesetz gebührende Feiertagsarbeitsentgelt wegen eines Verstoßes gegen die Kompetenz des Bundes zur Regelung des Arbeitnehmerschutzes in BetriebenRechtssatz
Das antragstellende Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht jeweils über ein auf Abgeltung der Arbeit (gemäß §9 Abs5 ArbeitsruheG) an denjenigen Feiertagen, an denen die klagenden Spitalsärzte in den Jahren 1998 bis 2000 bzw 1999 bis 2000 zum Dienst eingeteilt waren, gerichtetes Klagebegehren zu entscheiden.
Da es jedenfalls denkmöglich ist, dass die angefochtene Wortfolge des §20 Abs6 Nö SpitalsärzteG 1992 idF LGBl 9410-3 - betreffend die Anrechnung der Turnusdienstzulage auf das gemäß §9 Abs5 ArbeitsruheG gebührende Feiertagsarbeitsentgelt - sowie der das (rückwirkende) Inkrafttreten dieser Bestimmung per 01.01.98 normierende ArtII der Novelle LGBl 9410-3 vom antragstellenden Gericht in den seinen Anträgen zugrunde liegenden Verfahren anzuwenden sind und auch sonst keine Verfahrenshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Anträge als zulässig.
Die Wortfolge "und die Turnusdienstzulage" in §20 Abs6 des Nö SpitalsärzteG 1992, idF LGBl 9410-3, war verfassungswidrig.
Landeskrankenanstalten sind als "Betriebe" iSd Art21 Abs2 B-VG zu qualifizieren (vgl VfSlg 16733/2002).
Es ist nicht zweifelhaft, dass es sich bei §9 Abs5 ArbeitsruheG (betr das Feiertagsarbeitsentgelt) um eine arbeitnehmerschutzrechtliche Regelung handelt (vgl VfSlg 8830/1980, 15305/1998).
Mit der bekämpften Regelung des §20 Abs6 Nö SpitalsärzteG 1992 wird die Anrechnung der - die Leistung des "Turnusdienstes" in pauschalierter Form abgeltenden - Turnusdienstzulage auf das gemäß §9 Abs5 ArbeitsruheG gebührende Entgelt vorgeschrieben. Durch diese Anrechnungsbestimmung wird somit die Anwendbarkeit der - vom Bundesgesetzgeber in Ausübung seiner arbeitnehmerschutzrechtlichen Kompetenz zulässigerweise getroffenen - Regelung des §9 Abs5 ArbeitsruheG über die gesonderte Abgeltung der Feiertagsarbeit für Fälle der Anrechnung zumindest partiell, nämlich im Ausmaß der Anrechnung, beseitigt und durch eine landesgesetzliche (pauschalierende) Regelung verändert. Die angefochtene Bestimmung stellt somit einen unzulässigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die arbeitnehmerschutzrechtliche Kompetenz des Bundes gemäß Art21 Abs2 zweiter Satz B-VG dar.
Da §20 Abs6 Nö SpitalsärzteG 1992 in der angefochtenen Fassung seit dem Inkrafttreten der Novelle LGBl 9410-5 am 01.07.02 nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, hat sich der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs4 B-VG darauf zu beschränken auszusprechen, dass die Wortfolge "und die Turnusdienstzulage" in §20 Abs6 des Nö SpitalsärzteG 1992 idF LGBl 9410-3 verfassungswidrig war.
Bei diesem Ergebnis gehen die gegen das - in ArtII der Novelle LGBl 9410-3 angeordnete - rückwirkende Inkrafttreten des §20 Abs6 Nö SpitalsärzteG 1992 per 01.01.98 vorgebrachten Bedenken ins Leere.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Arbeitnehmerschutz, Arbeitsruhe, Ärzte, Dienstrecht, Dienstzulage, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Kompetenz Bund - Länder Arbeitsrecht, Kompetenz Bund - Länder Dienstrecht, Krankenanstalten, VfGH / Feststellung Wirkung, VfGH / Präjudizialität, RückwirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:G344.2001Dokumentnummer
JFR_09959389_01G00344_01