RS Vfgh 2004/6/12 B1541/01

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Veröffentlicht am 12.06.2004
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Index

L5 Kulturrecht
L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, Naturschutz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Stmk NaturschutzG 1976 §1, §4

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Versagung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Anbringung von Werbesujets auf der Rückseite der sogenannten "Geisterfahrerwarntafeln"; kompetenzrechtliche Zulässigkeit einer landesgesetzlichen Regelung für Verkehrsanlagen unter Gesichtspunkten des Natur- und Landschaftsschutzes bei Wahrung der Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Interessen der gegenbeteiligten Gebietskörperschaft; Einschränkung der Benutzbarkeit von Verkehrsanlagen durch allfälliges Verbot der Verunstaltung der Landschaft durch Werbung auf der Rückseite bestehender Tafeln ausgeschlossen; keine ausreichende Auseinandersetzung mit der Frage der Verunstaltung des Landschaftsbildes aufgrund kompetenzwidriger Auslegung durch die belangte Behörde

Rechtssatz

Die Steiermärkische Landesregierung geht davon aus, dass die Bestimmung des §1 Abs3 Stmk NaturschutzG 1976, wonach insbesondere die Benutzbarkeit von Flächen und bestehenden Anlagen, die ausschließlich oder vorwiegend Zwecken des Straßenverkehrs dienen, nicht eingeschränkt werden darf, nur auf bereits bestehende Verkehrsanlagen und nicht auf neu zu errichtende Verkehrsanlagen anzuwenden ist. Die Bestimmung ist jedoch verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass unter "bestehenden (Verkehrs-)anlagen" solche Anlagen gemeint sind, die nach den verkehrsrechtlichen Bestimmungen zulässigerweise ausschließlich oder vorwiegend diesem Zweck zu dienen bestimmt sind.

Diese Bestimmung schließt allerdings nicht aus, dass Verkehrsanlagen unter naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten einer Regelung unterworfen werden, so lange die Benutzbarkeit dieser Anlagen für Zwecke des Straßenverkehrs nicht eingeschränkt wird.

Eine Regelung, die eine generelle Beschränkung von Straßenverkehrszeichen auf Autobahnen vorsieht, um auf diesen eine Anhäufung von Straßenverkehrszeichen zu verhindern, fiele nicht in die Kompetenz des Naturschutzgesetzgebers, sondern ist eine Angelegenheit der Straßenpolizei.

Ist aber die Aufstellung von Straßenverkehrszeichen allein unter straßenpolizeilichen Aspekten zu beurteilen, dann kann sich in kompetenzkonformer Auslegung des Stmk NaturschutzG 1976 die Voraussetzung des Nachweises der standortbezogenen Notwendigkeit der Werbung als allgemeine Beschränkung der Zahl von Werbetafeln nicht auf Werbeanlagen auf der Rückseite von bereits angebrachten Straßenverkehrszeichen beziehen. Daher ist die zweite - konkret auf die Wirkung einer Werbeanlage auf das Landschaftsbild beschränkte - Genehmigungsvoraussetzung des §4 Abs4 leg cit "wenn die Ankündigung durch Art, Wirkung, Größe, Form und Farbe das Landschaftsbild nicht verunstaltet" als naturschutzrechtliche Regelung auch für Werbeaufschriften auf der Rückseite von "Geisterfahrerwarntafeln" aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich. Eine Einschränkung der Benutzbarkeit der Verkehrsanlagen durch ein allfälliges Verbot, die Landschaft verunstaltende Werbungen auf der Rückseite von Geisterfahrerwarntafeln anzubringen, ist ausgeschlossen.

Ausgehend von einer kompetenzwidrigen Interpretation des §4 Abs4 Stmk NaturschutzG 1976 hat sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaften, wonach für die Frage der Bewilligungsfähigkeit der Werbung auf der Rückseite von Geisterfahrerwarntafeln ausschließlich die Voraussetzung des §4 Abs4 leg cit "wenn die Ankündigung durch Art, Wirkung, Größe, Form und Farbe das Landschaftsbild nicht verunstaltet" zu prüfen sei, nicht ausreichend auseinander gesetzt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Auslegung verfassungskonforme, Kompetenz Bund - Länder, Berücksichtigungsprinzip, Kompetenz Bund - Länder Naturschutz, Kompetenz Bund - Länder Straßenpolizei, Naturschutz, Landschaftsschutz, Eingriffe bewilligungspflichtige, Werbeeinrichtungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B1541.2001

Dokumentnummer

JFR_09959388_01B01541_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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