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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung hinsichtlich der Umwidmung eines in der roten Lawinengefahrenzone befindlichen Grundstücks von Freiland in Sonderfläche Hotel mangels Vorliegens der auch für eine derartige Sonderflächenwidmung geltenden gesetzlichen Voraussetzung eines bestehenden zusammenhängenden SiedlungsbereichesRechtssatz
Präjudizialität der Flächenwidmungsplanänderung der Gemeinde Tux vom 25.01.99 gegeben.
Der Beschwerdeführer des Anlassverfahrens hat im zugrunde liegenden Baubewilligungsverfahren Einwendungen hinsichtlich der Einhaltung der Mindestabstände geltend gemacht; er hat daher seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren behalten. In seiner Berufung konnte er daher als Nachbar geltend machen, durch die Erteilung der Baubewilligung in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt zu sein.
Der Beschwerdeführer ist daher auch legitimiert, im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gemäß Art144 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend zu machen.
Die Baubehörden I. und II. Instanz haben den in Rede stehenden Flächenwidmungsplan - zwar nicht zur Begründung der Abweisung der Einwendungen des Nachbarn - wohl aber zur Begründung der Erteilung bzw. Bestätigung der Baubewilligung angewendet. Bei der Überprüfung der Frage, ob die Baubewilligung - unter Abweisung der Nachbareinwendungen - zu Recht erteilt wurde, hat daher auch der Verfassungsgerichtshof die Flächenwidmungsplanänderung vom 25.01.99 anzuwenden (vgl zu einer insofern identen Ausgangslage im Hinblick auf §25 Abs2 Tir BauO 1998 VfSlg 16473/2002).
Aufhebung der Verordnung der Gemeinde Tux vom 25.01.99 insoweit, als damit für das Grundstück Nr. 1699/4, KG Tux, die Widmung "Sonderfläche Hotel - Pension für maximal 28 Betten" festgelegt wird.
Mit der vorliegenden Sonderflächenwidmung wurde die raumordnerische Grundlage für den Betrieb eines Hotels am Talabschluss des Hintertuxer Gletschers geschaffen; der für die Sonderfläche festgelegte Verwendungszweck "Hotel" wird daher - möglicherweise auch während der Sommer- jedenfalls aber gerade während der Wintermonate in Form eines Wintersporthotels verwirklicht. Im Hinblick auf die Lage des Grundstückes in der roten Lawinengefahrenzone ergibt sich - gerade für den vorliegenden Fall - dass die "Bedachtnahme" auf §37 Abs2 Tir RaumOG 1997 im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Sonderflächenwidmung keine andere Beurteilung ermöglicht als eine Widmung des Grundstückes als Bauland; soll der Verweis in §43 Abs3 Tir RaumOG 1997 auf §37 Abs2 leg cit keine Sinnentleerung erfahren, sind die Kriterien der letztgenannten Bestimmung im vorliegenden Fall vielmehr ebenso auszulegen, als wenn es sich um eine Widmung des Grundstückes in Bauland handelte, zumal auch eine Widmung als Sonderfläche keine Reduktion der von Lawinen drohenden Gefahren zu bewirken vermag.
Die durchgeführten Baumaßnahmen (stärkere Dimensionierung der hangseitigen Außenwand und deren fensterlose Ausführung) waren gemäß §15 Abs6 Tir RaumOG 1984 auch im Freiland zulässig.
Die Voraussetzungen des §37 Abs2 Tir RaumOG 1997 für eine Sonderflächenwidmung sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Bei den fünf am Talschluss bei der Talstation der Zillertaler Gletscherbahnen, fernab vom Ortskern des Ortsteiles Hintertux befindlichen Hotels kann von einem in §37 Abs2 Tir RaumOG 1997 geforderten "zusammenhängenden Siedlungsbereich" nicht gesprochen werden. Es handelt sich lediglich um im Hinblick auf die örtliche Situation vereinzelt liegende Gebäude. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass das in Rede stehende Hotel an eine mit einem weiteren Hotel bebaute Parzelle anschließt. Die von der genannten Gesetzesbestimmung geforderte Voraussetzung der Lage des zu widmenden Grundstückes "innerhalb eines bestehenden zusammenhängenden Siedlungsbereiches oder unmittelbar im Anschluss daran" ist damit jedenfalls nicht gegeben. Bei gleich bleibenden siedlungsstrukturellen Verhältnissen kommt daher eine Sonderflächen- bzw. Baulandwidmung des in Rede stehenden Grundstückes nur für den Fall einer weitgehenden Eindämmung der Lawinengefährdungssituation und deren Niederschlag im Gefahrenzonenplan in Betracht.
(Anlassfall B220/01, V16/01, E v 14.06.04: Aufhebung des angefochtenen Bescheides; Zurückweisung des bedingten Individualantrags auf Aufhebung der Flächenwidmungsplanänderung als unzulässig mangels eines bestimmten Begehrens).
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Nachbarrechte, Verwaltungsverfahren, Parteistellung Baurecht, VfGH / Legitimation, VfGH / Präjudizialität, Rechte subjektive öffentlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:V11.2004Dokumentnummer
JFR_09959386_04V00011_01