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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine sachliche Rechtfertigung des generellen Ausschlusses der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein ordentliches Universitätsstudium im Gegensatz zu Aufwendungen für andere Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen, wie etwa Fachhochschulstudien (betreffend ua die Absetzbarkeit von Studiengebühren)Rechtssatz
Aufhebung der Worte "oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium" im letzten Satz des §16 Abs1 Z10 EStG 1988, idF BGBl I 106/1999 betreffend ua die Absetzbarkeit von Studiengebühren.
Der Verfassungsgerichtshof vermag keine sachliche Rechtfertigung dafür zu erkennen, dass kraft §16 Abs1 Z10 EStG 1988 in der hier maßgeblichen Fassung Aufwendungen, die in Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium stehen, generell nicht steuerlich abzugsfähig sind. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein ordentliches Universitätsstudium eine 'Aus- [oder] Fortbildungsmaßnahme im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit' darstellt.
Der Umstand, dass die frühere Abzugsfähigkeit von Kosten für ein Universitätsstudium behaupteter Maßen nur einen engen Anwendungsbereich hatte, ist nicht geeignet, die Sachlichkeit der nunmehrigen Differenzierung darzutun, ist die Rechtslage doch jetzt vor dem Hintergrund eines Gesamtkonzeptes zu beurteilen, nach dem Aus- und Fortbildungsmaßnahmen in einem wesentlich größeren Umfang abzugsfähig sind.
Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Aus- oder Fortbildungsmaßnahme "im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit" steht. Inwiefern in dieser Hinsicht ein - für die gleichheitsrechtliche Beurteilung - relevanter Unterschied zwischen einem ordentlichen Universitätsstudium und anderen Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen, wie etwa Fachhochschulstudien, bestehen sollte, wurde von der Bundesregierung nicht dargetan und ist für den Verfassungsgerichtshof auch nicht erkennbar.
Wenngleich die Bestimmung ihren zeitlichen Anwendungsbereich bereits verloren hat (§16 Abs1 Z10 EStG 1988, idF BGBl I 106/1999, war im Hinblick auf §124b Z75 EStG 1988, idF BGBl I 155/2002, letztmalig bei der Veranlagung der Einkommensteuer für das Kalenderjahr 2002 bzw. - wenn die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug erhoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird - letztmalig für Lohnzahlungszeiträume bis zum 31.12.02 anzuwenden), war im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Abgabengesetzen mit beschränktem zeitlichen Anwendungsbereich (s VfSlg 8709/1979, S 417, und die dort angeführte Vorjudikatur) mit einer Aufhebung nach Abs3 des Art140 B-VG und nicht mit einem Ausspruch nach Abs4 vorzugehen.
ebenso für dieselbe Wortfolge in §16 Abs1 Z10 EStG 1988 idF BGBl I 155/2002 unter Hinweis auf die vorliegende Entscheidung: E v 28.09.04, G89/04 (keine Änderung durch die Erweiterung der Z10).
Anlassfälle zu G8/04 ua: E v 18.06.04, B1145/02, B1222/02, B574/03 - Aufhebung der angefochtenen Bescheide; Quasi-Anlassfälle: E v 28.06.04, B1029/02, B1404/02, B1602/02, B1215/03, uva.
Anlassfall zu G89/04: E v 28.09.04, B435/04; Quasi-Anlassfälle: E v 28.09.04, B897/04, E v 06.12.04, B1114/04 - Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Einkommensteuer, Werbungskosten, Anwendbarkeit (Abgabengesetze), Geltungsbereich (zeitlicher) eines GesetzesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:G8.2004Dokumentnummer
JFR_09959385_04G00008_01