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19 Völkerrechtliche VerträgeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung einer Maßnahmenbeschwerde gegen die Erschießung des Sohns bzw Bruders des/r Beschwerdeführers/innen durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien wegen Fehlens jeglicher Begründung in einem entscheidungswesentlichen PunktRechtssatz
Der UVS zog aus den Sachverhaltsfeststellungen ohne weitere Begründung den Schluss, dass die Schussabgabe gegen den Verstorbenen gerechtfertigt war bzw die für die Anwendung der Notwehr (§3 StGB) erforderlichen Parameter erfüllt gewesen seien.
Gemäß Art2 Abs2 lita EMRK wird eine Tötung dann nicht als Verletzung des Rechts auf Leben betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt, um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen.
Die Wendung "unbedingt erforderlich" ist dabei im Sinne einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu verstehen, die unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles vorzunehmen ist.
Mit der Frage, ob der Schusswaffengebrauch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles unbedingt erforderlich war oder ob nicht gelindere Mittel zur Abwehr selbst der vom UVS angenommenen Bedrohung ausgereicht hätten, hat sich der UVS in seinem Bescheid jedoch überhaupt nicht befasst. Er hat in diesem entscheidungswesentlichen Punkt keinerlei Sachverhaltsfeststellungen getroffen und dadurch das Parteivorbringen und die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gänzlich ignoriert. Infolge dessen hat er auch eine nachvollziehbare rechtliche Würdigung des Sachverhalts iS einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit der bekämpften Maßnahme unterlassen, sodass der Bescheid in diesem Punkt jeglicher Begründung entbehrt.
Schlagworte
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Bescheidbegründung, Recht auf Leben, Unabhängiger VerwaltungssenatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B1452.2003Dokumentnummer
JFR_09959371_03B01452_01