RS Vfgh 2004/10/4 B953/03 ua

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Veröffentlicht am 04.10.2004
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Index

72 Wissenschaft, Hochschulen
72/16 Sonstiges

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
BG über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen §4, §9 Abs8 idF BudgetbegleitG 2001
VfGG §88

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch verfassungswidrige Gesetzesauslegung bei Abweisung von Berufungen gegen die Zurückweisung von Anträgen auf Auszahlung von Prüfungstaxen; verfassungswidrige Anwendung des neuen, durch das BudgetbegleitG 2001 geschaffenen Leistungsprämiensystems für die Prüfungsabgeltung auf Prüfungen betreffend früher abgehaltene Lehrveranstaltungen externer Lehrbeauftragter

Rechtssatz

Die Beschwerdeführer, die in keinem mit einer Lehrverpflichtung verbundenen Dienstverhältnis zum Bund stehen, wurden als sog. externe Lehrbeauftragte für das Wintersemester 2000/2001 mit der Abhaltung von bestimmten Lehrveranstaltungen betraut. Sie übernahmen damit die Verpflichtung nicht nur zur Vorbereitung und Abhaltung der betreffenden Lehrveranstaltung, sondern auch zur Abnahme der Lehrveranstaltungsprüfungen. Nach den studienrechtlichen Vorschriften erstreckte sich diese Prüfungsverpflichtung zwangsläufig über das betreffende Semester hinaus. Im Gegenzug konnten sie davon ausgehen, dass sie im Rahmen dieses Lehrauftrages auf Grund der im Zeitpunkt der Betrauung geltenden Rechtsvorschriften einen gesetzlichen Anspruch nicht nur auf Lehrauftragsremuneration, sondern auch auf Prüfungsentschädigung in bestimmter Höhe hatten.

Durch die Änderung des §4 des BG über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, BGBl 463/1974, (im Folgenden ALPG) mit Art75 BudgetbegleitG 2001, BGBl I 142/2000, wurde das im Wintersemester 2000/2001 mit den Lehrbeauftragten bestehende, zeitlich begrenzte öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis, bei dem Leistung und Gegenleistung zunächst eindeutig bestimmt waren, vom Gesetzgeber durch Verminderung der Gegenleistung einseitig in nicht unerheblicher Weise zu Lasten der Lehrbeauftragten verändert, und zwar erst in einem Zeitpunkt, in dem diese faktisch nicht mehr die Möglichkeit hatten, ihrerseits ihre Leistungsverpflichtung den geänderten Bedingungen anzupassen. Eine Regelung, die einen solchen Inhalt hätte, wäre - wenn es für sie keine besondere sachliche Rechtfertigung gibt - unsachlich und verstieße daher gegen den Gleichheitssatz.

Nichts hindert aber daran, §9 Abs8 ALPG idF des BudgetbegleitG 2001 (nach dem §4 ALPG mit Beginn des Sommersemesters 2001 in Kraft trat) zur Vermeidung der dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken den Inhalt beizulegen, dass die neue Regelung noch nicht für die Abhaltung von Prüfungen gilt, die nachweislich Lehrveranstaltungen betreffen, die unter den in den Beschwerdefällen gegebenen Bedingungen vor dem Beginn des Sommersemesters 2001 abgehalten wurden (wobei allfällige für diese Prüfungen unter dem Titel "Belohnungen" tatsächlich geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen wären).

Die belangte Behörde hätte bei Beantwortung der Frage, nach welchem System die Beschwerdeführer Prüfungsabgeltung zu erhalten haben, auf diese Überlegungen zum Gleichheitssatz zurückgreifen müssen. Indem sie §9 Abs8 leg cit den Inhalt entnommen hat, die durch die Novelle geschaffene neue Rechtslage wäre schon auf die hier strittigen Prüfungen anzuwenden gewesen, hat sie dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt und damit die Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht verletzt.

Da die gegen gleichartige Bescheide gerichteten Beschwerden im Zuge einer gemeinsamen Rechtsvertretung eingebracht wurden, war (nur) der einfache Pauschalsatz erhöht um einen entsprechenden Streitgenossenzuschlag zuzusprechen.

Entscheidungstexte

  • B 953/03 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 04.10.2004 B 953/03 ua

Schlagworte

Auslegung verfassungskonforme, Hochschulen, VfGH / Kosten, Vertrauensschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B953.2003

Dokumentnummer

JFR_09958996_03B00953_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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