RS Vfgh 2004/10/6 B739/02 - B493/05

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Veröffentlicht am 06.10.2004
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
BVG Ämter d LReg
Tir GVG 1996 §2 Abs1, §5 Abs1 litd, §6 Abs1 lita

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Aufhebung eines Bescheides betreffend Feststellung einer Ausnahme von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht; vertretbare Annahme des Vorliegens eines landwirtschaftlichen Grundstücks sowie eines Widerspruchs des Grundstückserwerbs zu den Zielen der örtlichen Raumordnung; keine Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Mitglieder der belangten Landes-Grundverkehrskommission; keine Bedenken gegen die Funktion des Landesgrundverkehrsreferenten

Rechtssatz

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Grundstück als landwirtschaftlich iSd §2 Abs1 Tir GVG 1996 eingestuft hat und begründend ausführt, dass die festgestellte frühere Bewirtschaftung des nach Lage, Beschaffenheit und Größe wirtschaftlich keinesfalls als unbedeutend zu bezeichnenden Kaufgrundstücks durch Abmähen zwecks Heugewinnung als Futtermittel für die Ziegenhaltung eine geradezu typische landwirtschaftliche Nutzung darstelle, welcher Nutzung das Grundstück ohne besondere Aufwendungen auch wieder zugeführt werden könnte.

Für die Anwendung des Ausnahmetatbestandes nach §5 Abs1 litd Tir GVG 1996 ist eine weitere Voraussetzung, dass die Verwendung des Grundstückes nicht im Widerspruch zu den Zielen der örtlichen Raumordnung steht. Das Vorliegen dieser Voraussetzung hat die belangte Behörde im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass die Veräußerung einer an landwirtschaftliche Flächen anschließenden, für die landwirtschaftliche Nutzung bedeutsamen, landwirtschaftlichen Freihaltefläche im Ausmaß von 929 m² zum Zweck der Vergrößerung des Hausumstandes eines angrenzenden Grundstücks und künftigen Nutzung als Garten dem örtlichen Raumordnungsziel der Erhaltung zusammenhängender landwirtschaftlich nutzbarer Gebiete widerspreche. Ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler kann der belangten Behörde insoweit ebenfalls nicht angelastet werden.

Keine Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Mitglieder der belangten Landes-Grundverkehrskommission.

Das Verfahren hat nicht ergeben, dass an der Entscheidung der belangten Behörde ein Mitglied mitgewirkt hätte, dessen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit im Hinblick auf ein dienstliches oder funktionelles Unterordnungsverhältnis gegenüber einer der Prozessparteien in Frage stehen würde.

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal.

Der von der Landesregierung bestellte Landesgrundverkehrsreferent hat als "Hilfsorgan der Landesregierung" die Interessen des Landes an der Einhaltung und Durchführung der mit den grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen verbundenen ordnungspolitischen Zielsetzungen zu vertreten.

Eine in der Beschwerde behauptete "ersatzlose Ausgliederung des Landesgrundverkehrsreferenten" aus der Organisationsstruktur des Amtes der Tiroler Landesregierung liegt ebenso wenig vor wie der daraus abgeleitete Verstoß gegen Bestimmungen des BVG betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien. Aber auch dann, wenn eine Behörde außerhalb des Amtes der Landesregierung geschaffen worden wäre, bestünden dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn dem Landesgesetzgeber stünde es frei, für Angelegenheiten der Landesverwaltung Verwaltungseinrichtungen auch außerhalb des Amtes der Landesregierung zu schaffen.

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Wenn die Behörde rechtsrichtig entschieden hat, ist es für den Fall der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der eine Zurückweisung tragenden Rechtsvorschriften ausgeschlossen, dass ein Beschwerdeführer in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

Im Ergebnis gleiches gilt für den hier bekämpften, den erstinstanzlichen Bescheid allein aufhebenden Berufungsbescheid. Ging die belangte Behörde unbedenklich vom Vorliegen eines landwirtschaftlichen Grundstücks iSd Tir GVG 1996 aus, kann darin keine Verletzung in den erwähnten weiteren Grundrechten erblickt werden (ebenso: B267/04, E v 06.10.04).

siehe auch: E v 12.06.06, B493/05: Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die im gegenständlichen Verfahren ergangene Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Rechtserwerbs an den strittigen Grundstücken; auch nach ergänzendem Ermittlungsverfahren vertretbare Annahme des Vorliegens einer landwirtschaftlichen Nutzung durch die Gewinnung von Heu für die Ziegenhaltung sowie einer Gefährdung der Selbstbewirtschaftung iSd §6 Abs1 lita Tir GVG 1996 aufgrund der geringen Grundstücksgröße.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Behörden, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, Kollegialbehörde, Kompetenz Bund - Länder Verwaltungsorganisation, Landesregierung Amt der, Behördenzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B739.2002

Dokumentnummer

JFR_09958994_02B00739_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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