Index
16 MedienrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Aufhebung von Teilen des KommAustria-Gesetzes betreffend dieEinhebung von Finanzierungsbeiträgen zur Finanzierung des Aufwandsder Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) wegenVerletzung des Gleichheitsrechtes und des Determinierungsgebotes;Unsachlichkeit der Finanzierung von Aufgaben im Interesse derAllgemeinheit durch die Marktteilnehmer sowie einer Sonderbelastungdes ORF; keine Unsachlichkeit der Bemessung von im Interesse derMarktteilnehmer gelegenen Beiträgen an deren Unternehmensumsatz; Höheder Finanzierungsbeiträge letztlich von KommAustria und der RTR-GmbHselbst bestimmt infolge unzureichender Determinierung von derenAufgaben; keine Festlegung ausreichender Bestimmungsgründe für den zufinanzierenden AufwandRechtssatz
Aufhebung von Teilen des §10 KommAustria-G.
Bei §10 KommAustria-G handelt es sich um eine Regelung, die zum Ziel hat, den aus der Einrichtung einer Behörde bzw eines behördlichen Hilfsapparates als solche(n) resultierenden (Personal- und Sach-)Aufwand zu finanzieren, und die daher von vornherein nicht unter die §§75 ff AVG fällt, daher auch nicht den Einschränkungen des Art11 Abs2 B-VG unterliegt.
Keine Abgaben im Sinne des F-VG 1948.
Die Kompetenz des Gesetzgebers zur (Organisations)Privatisierung einer Aufgabe umfasst auch die Zuständigkeit zur Regelung der Finanzierung des dafür geschaffenen Rechtsträgers.
Finanzierungsregeln der vorliegenden Art sind jedoch unsachlich und daher verfassungswidrig, wenn sie dazu führen, daß die Beitragspflichtigen auch Aufgaben finanzieren müssen, die unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt in ihrem Interesse liegen (können), bzw die nicht grundsätzlich alle in Betracht kommenden Interessenten nach dem Maßstab des (objektiven) Interesses erfassen.
Die Einschränkungen des ORF zum Schutz privater Mitbewerber führen bereits dazu, daß der ORF im Bereich der Umsatzerzielung (durch Werbung) Nachteile gegenüber den anderen Marktteilnehmern hinzunehmen hat. Es besteht keine sachliche Rechtfertigung dafür, die ohnehin bereits geschmälerten Umsätze im Bereich der Finanzierung der Rundfunkregulierung dann noch einer Sonderbelastung - im Verhältnis zu den privaten Rundfunkveranstaltern - zu unterwerfen. Ebensowenig kann der Gerichtshof erkennen, welche rechtliche Bedeutung im vorliegenden Zusammenhang dem Umstand zukommen soll, daß nach deutscher Rechtslage vergleichbare Aufgaben aus dem Aufkommen der Rundfunkgebühr finanziert werden.
Es bestehen zwar keine Bedenken, jene Unternehmen, die als Marktteilnehmer von der Regulierungstätigkeit und der damit herbeigeführten Ordnung im Bereich des Rundfunkmarktes in erster Linie berührt sind, zur Finanzierung dieser Regulierungstätigkeit heranzuziehen.
Besteht aber an der Erfüllung der Aufgaben und Ziele, die in §2 KommAustria-G umschrieben sind, auch ein Interesse der Allgemeinheit, das sich vom Interesse der Marktteilnehmer an einem geordneten Rundfunkmarkt deutlich unterscheidet (vgl den auch von der Bundesregierung hervorgehobenen ArtI Abs3 BVG-Rundfunk, BGBl 396/1974, wonach Rundfunk eine öffentliche Aufgabe ist), so erscheint es sachlich nicht gerechtfertigt, die Finanzierung dieser Regulierungstätigkeit ausschließlich den Marktteilnehmern aufzuerlegen, weil diese dann auch Aufgaben zu finanzieren hätten, die im Interesse der Allgemeinheit liegen. Insoweit müßte auch die Finanzierung einer solchen Aufgabe durch die Allgemeinheit, somit aus Steuermitteln, erfolgen. Gewiß läßt sich nicht ziffernmäßig einwandfrei belegen und begründen, inwieweit die fraglichen Aufgaben branchenspezifische Bedeutung oder eine andere Qualität haben, so daß auch nicht mit Exaktheit abgeleitet werden kann, in welchem Verhältnis die Finanzierung durch Beiträge der Marktteilnehmer einerseits und durch öffentliche Mittel andererseits erfolgen muß. Dem Gesetzgeber steht bei dieser Entscheidung daher sicherlich ein Spielraum zu, bei dessen Ausfüllung er sich aber jedenfalls an dem Gewicht der die Allgemeinheit berührenden Aufgaben und Ziele zu orientieren hat.
Wird der Finanzierungsanteil der Marktteilnehmer auf jenen Teil der Kosten der Rundfunkregulierung beschränkt, der diese Marktteilnehmer betrifft und nicht im allgemeinen Interesse liegt, dann ist es allerdings nicht unsachlich, die Finanzierungsbeiträge grundsätzlich in Prozentsätzen des Unternehmensumsatzes dieser Marktteilnehmer zu bemessen (§10 Abs2 KommAustria-G). Die Regulierung dient offenbar dem Ziel, einen sensiblen Markt in dem vom Gesetzgeber gewünschten Ausmaß einer qualifizierten Ordnung zu unterwerfen (Zulässigkeit einer Durchschnittsbetrachtung aus Vereinfachungsgründen).
Umsatz aus der Veranstaltung von Rundfunk (bei praktischer Gleichsetzung mit Werbeumsatz) als tauglicher Maßstab für die Betroffenheit der Marktteilnehmer von einem funktionierenden Rundfunkmarkt.
Es hat auch im Ergebnis keine Bedeutung, wenn bei der Festsetzung der Finanzierungsbeiträge der Umstand vernachlässigt wird, daß ein Marktteilnehmer (nämlich der ORF) nicht der Rechtsaufsicht der KommAustria unterliegt. Da sich die Tätigkeit der KommAustria bzw der RTR-GmbH, auch soweit sie sich auf die Marktteilnehmer bezieht, keineswegs in der Aufsicht erschöpft, diese bei der Bemessung der Finanzierungsbeiträge auch nicht im Vordergrund steht, die Aufsicht über einen Marktteilnehmer gerade für die anderen von Bedeutung ist und schließlich der ORF für die eigene Aufsicht selbst keinen Finanzierungsbeitrag zu leisten hat, ist in diesem Zusammenhang vielmehr entscheidend (und ausreichend), daß die am Rundfunkmarkt auftretenden Marktteilnehmer insgesamt einer Aufsicht unterworfen sind.
Verletzung des Determinierungsgebotes, keine Belastungshöchstgrenze.
Vielzahl der nach §2 Abs2 KommAustria-G zu beachtenden Zielsetzungen durch das Gesetz gar nicht hinreichend genau vorherbestimmt.
Der Gesetzgeber hat durch die unzureichende Determinierung der Aufgaben der KommAustria und der RTR-GmbH die Möglichkeit eingeräumt, den Umfang der von ihnen wahrzunehmenden Aufgaben in einem jedenfalls nicht unerheblichen Ausmaß selbst zu bestimmen. Daraus folgt aber, daß im Ergebnis die Höhe des Aufwandes - selbstverständlich unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit - und damit auch die Höhe der Finanzierungsbeiträge von der KommAustria bzw der RTR-GmbH letztlich selbst bestimmt werden.
Der Gesetzgeber hat keine ausreichenden Bestimmungsgründe für den Aufwand, der durch die Finanzierungsbeiträge abzugelten ist, festgelegt.
Die aufgehobenen Teile des §10 KommAustria-G stehen ungeachtet der Neufassung des §10 KommAustria-G durch BGBl I 70/2003 mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich weiterhin in Geltung. Es ist daher im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe zB VfSlg 8709/1979, S 417; 12930/1991, S 683; 13153/1992, S 48; 13881/1994, S 215) mit einer Aufhebung nach Abs3 des Art140 B-VG und nicht einem Ausspruch nach Abs4 der eben genannten Verfassungsbestimmung vorzugehen.
Anlaßfall: E v 14.10.04, B815/02 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides; Quasi-Anlaßfälle: B1076/02, B1518/02, B180/03, alle E v 30.11.04, uvm.
Schlagworte
Finanzverfassung, Abgabenwesen, Geltungsbereich (zeitlicher) einesGesetzes, Kompetenz Bund - Länder, Bedarfsgesetzgebung,Bedarfskompetenz, Kompetenz Bund - Länder Fernmeldewesen, Rundfunk,KommAustria, Verwaltungsverfahren, Kostentragung,DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:G3.2004Zuletzt aktualisiert am
13.08.2010