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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung einer Niederlassungsbewilligung für den homosexuellen Lebensgefährten; gleichgeschlechtlicher Partner kein Ehegatte und somit auch kein begünstigter Drittstaatsangehöriger; kein Vorliegen einer Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften; keine Verletzung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts über die Freizügigkeit; keine Verletzung des Rechts auf Privat- und FamilienlebenRechtssatz
Verweis auf E v 12.12.03, B777/03.
An den Bestand einer Ehe anknüpfende Rechtsfolgen sind nicht schon allein deshalb unsachlich, weil sie nicht auch für andere Beziehungen vorgesehen sind. Es muss aber ein Sachzusammenhang zwischen der Ehe und diesen Rechtsfolgen bestehen. Ein solcher kann hier im zulässigen Bestreben des Gesetzgebers gesehen werden, das Zusammenleben von Ehegatten wie von Eltern und Kindern zu fördern und zu erleichtern. Durch die in Abs2 und Abs3 des §47 FremdenG 1997 getroffene Regelung soll den typischerweise im gemeinsamen Haushalt lebenden nahen Verwandten und Ehegatten (die solche Verwandtschaften herbeiführen können oder herbeigeführt haben) das Verbleiben im Familienverband unter den Bedingungen der Freizügigkeit gesichert werden. Anderen Gemeinschaften - gleichen oder verschiedenen Geschlechts - stehen die allgemeinen Möglichkeiten des Fremdenrechts offen. Eine Diskriminierung solcher anderer Beziehungen liegt in der Bedachtnahme auf die Eigenart der Ehe zwischen Mann und Frau nicht. Wenn der Gesetzgeber die ihm in Art10 Abs1 und Abs2 der Freizügigkeitsverordnung des Rates Nr 1612/68 auferlegte Pflicht durch eine solche Regelung erfüllt, handelt er nicht unsachlich und benachteiligt Beziehungen, denen gemeinsame Nachkommen schon begrifflich versagt bleiben müssen, nicht.
Keine willkürliche Nichtberücksichtigung von Gemeinschaftsrecht, keine Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens (behauptete Verletzung von Art9 und Art51 der EU-Grundrechtscharta über die Freizügigkeit).
Von einer Unbestimmtheit des Begriffs "Ehegatte" im FremdenG kann angesichts des geltenden §44 ABGB nicht die Rede sein. Selbst ein Wandel in den gesellschaftlichen Anschauungen könnte ihn deshalb nicht unbestimmt machen.
Dass die Rechtsansicht der Berufungsbehörde, die in der Sache mit jener der ersten Instanz übereinstimmt, zufolge der Zuständigkeitsbestimmungen zu einer Zurückweisung des Antrags (anstelle der Abweisung durch die erste Instanz) geführt hat, macht das Verfahren nicht unfair.
Stellt der Gesetzgeber aus sachlichen Gründen auf den Bestand einer Ehe ab, kann dadurch auch nicht das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art8 EMRK verletzt sein; aus dem Gebot, (bloße) Lebensgemeinschaften ohne Rücksicht auf das Geschlecht gleich zu behandeln, lässt sich für deren Gleichbehandlung mit der Ehe nichts gewinnen.
Schlagworte
Ehe und Verwandtschaft, Lebensgemeinschaft, EU-Recht Vorabentscheidung, Fremdenrecht, Eherecht, Privat- und Familienleben, Determinierungsgebot, fair trial, Zivilrecht, HomosexualitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B1512.2003Dokumentnummer
JFR_09958986_03B01512_2_01