RS Vfgh 2004/10/14 V129/03 - V122/03

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Veröffentlicht am 14.10.2004
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art139 Abs3 zweiter Satz litc
StarkstromwegeG 1968 §5
Stmk StarkstromwegeG §5

Leitsatz

Teilweise Stattgabe des Individualantrags von Gemeinden auf Aufhebung eines Rechtsaktes des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend Erteilung einer Bewilligung zur Vornahme von Vorarbeiten für die Errichtung einer elektrischen Leitung an die beteiligte Partei; Qualifikation des bekämpften Rechtsaktes gegenüber den zur Duldung verpflichteten Grundeigentümern als Verordnung; Legitimation der antragstellenden Gemeinden als Grundeigentümer angesichts der unmittelbaren Duldungsverpflichtung gegeben; fehlerhafte, dem Starkstromwegegesetz - als lex specialis gegenüber dem Bundesgesetzblattgesetz - nicht entsprechende Kundmachung durch zwei Gemeinden; Aufhebung der Verordnung nur hinsichtlich dieser beiden Gemeinden

Rechtssatz

Zulässigkeit des Individualantrags von Gemeinden auf Aufhebung des Rechtsaktes des BM für Wirtschaft und Arbeit vom 10.06.03, mit dem der "Verbund- Austrian Power Grid AG" gemäß §5 StarkstromwegeG 1968 die Bewilligung erteilt wurde, fremde Grundstücke ua in den antragstellenden Gemeinden zur Vornahme von Vorarbeiten zu betreten und für die Ausarbeitung eines Detailprojektes für die 380 kV-Leitung "Kainachtal - Wien Südost", Teilstück "Kainachtal - Südburgenland" in Anspruch zu nehmen.

Das Gesetz sieht die Erlassung eines Rechtsaktes vor, der mit der Zustellung an den zur Vornahme von Vorarbeiten Berechtigten als Bescheid erlassen wird und durch Kundmachung gegenüber den zur Duldung der Vornahme von Vorarbeiten Verpflichteten als Verordnung in Kraft tritt (vgl VfSlg 15545/1999).

Der bekämpfte Rechtsakt erweist sich daher als Verordnung iSd Art139

B-VG.

Da sich die Duldungsverpflichtung, fremde Grundstücke zu betreten und sie für Vorarbeiten zu benützen "nicht auf einzeln bestimmte Grundstücke bezieht, sondern auf Gemeindegebiete" [gemeint wohl: auf alle Grundstücke im Gemeindegebiet] sind die antragstellenden Gemeinden bezüglich ihrer eigenen Grundstücke von den Duldungspflichten unmittelbar betroffen.

Die Verpflichtung der antragstellenden Gemeinden als Grundeigentümer zur Duldung der Vorarbeiten ergibt sich unmittelbar aus dem bekämpften Verwaltungsakt.

§5 Abs4 StarkstromwegeG 1968 regelt nur die - in weiteren Bescheiden festzusetzenden - Entschädigungen.

Aufhebung der Worte "Empersdorf," und "Heiligenkreuz am Waasen," des ersten Absatzes des mit "Spruch I." überschriebenen Teils der Verordnung des BM für Wirtschaft und Arbeit vom 10.06.03, Z556.475/58-IV/5a/03.

§5 Abs3 StarkstromwegeG 1968 stellt - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise - die abschließende Regelung der Kundmachung des angefochtenen Verwaltungsaktes als Verordnung dar. Diese Bestimmung geht als lex specialis den Regelungen des BGBlG betreffend die Kundmachung von Verordnungen eines Bundesministers vor. Aber auch die Kundmachungsregelungen der Gemeindeordnungen sind nicht anzuwenden - auch nicht zur Bestimmung der "ortsüblichen" Kundmachungsdauer -, da es sich nicht um eine Verordnung der Gemeinde, sondern eine solche des Bundesministers handelt. §5 Abs3 leg cit sieht die Kundmachung durch die Gemeinden im Wege der Amtshilfe vor, und zwar durch Anschlag an der Amtstafel "spätestens eine Woche vor Aufnahme der Vorarbeiten". Der Zeitpunkt, ab dem die Vorarbeiten durchgeführt werden dürfen, ist von der Behörde in der Bewilligung festzusetzen. Daher ist die Verordnung spätestens eine Woche vor dem in der Verordnung festgesetzten Zeitpunkt anzuschlagen und bis zu diesem Zeitpunkt angeschlagen zu lassen. Bei dieser Art der Kundmachung führt ein späteres Anschlagen und ein früheres Abnehmen zur mangelhaften Kundmachung der Verordnung in der betreffenden Gemeinde.

Die fehlerhafte Kundmachung in den Gemeinden Empersdorf und Heiligenkreuz am Waasen führt allerdings nicht zur fehlerhaften Kundmachung der gesamten Verordnung. Der Kundmachungsmangel hat vielmehr die Aufhebung der bekämpften Verordnung nur für diese beiden Gemeinden zur Folge. Mit dem Wegfall der Verpflichtung der Grundeigentümer zur Duldung der Vorarbeiten in diesen beiden Gemeinden fällt auch die entsprechende Berechtigung der mitbeteiligten Partei weg, sodass der an diese gerichtete Bescheid insofern keine Rechtswirkungen mehr entfaltet.

Siehe auch E v 29.11.04, V134/03.

Siehe auch E v 01.03.05, V122/03, zur inhaltlich gleichen Vorschrift des §5 Stmk StarkstromwegeG - keine grundsätzlich andere Beurteilung dieser Bestimmung, die lediglich andere Fristen für die Rechtzeitigkeit der Kundmachung vorsieht; keine eindeutige Bezeichnung des Anfangstermins der bewilligten Vorarbeiten in der Verordnung der Stmk Landesregierung vom 15.07.03, Aufhebung hinsichtlich der Wortfolgen "den Gemeinden" und "und Hofstätten".

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bescheidbegriff, Energierecht, Elektrizitätswesen, Verordnung Kundmachung, Verordnungsbegriff, VfGH / Aufhebung Wirkung, VfGH / Individualantrag, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Verwerfungsumfang, VfGH / Beteiligter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:V129.2003

Dokumentnummer

JFR_09958986_03V00129_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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